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Praxisführung 2025 – zwischen Drill, Dialog und Di...

Praxisführung 2025 – zwischen Drill, Dialog und Digitalisierung

Praxen stehen heute unter wachsendem wirtschaftlichen Druck: Steigende Kosten, Fachkräftemangel, hohe Patientenerwartungen – und ein Wettbewerb, der zunehmend online ausgetragen wird. Wer eine Praxis erfolgreich führen will, braucht längst mehr als fachliches Können. Gefragt sind unternehmerisches Denken, strategische Führung und digitale Souveränität.

Das Berufsbild des Zahnarztes hat sich grundlegend gewandelt. Die Rolle des rein behandelnden Mediziners ist Vergangenheit. Wer heute erfolgreich sein will, muss führen können – mit Struktur, Klarheit und echtem Verständnis für Teamdynamik und Praxisentwicklung. Denn: Ohne Führung kein Wachstum – und ohne Team kein Erfolg.

Zwischen Fachkraft und Führungskraft
Zahnärzte sind heute mehr als Behandler. Sie sind Arbeitgeber, Teamleiter, Strategen und Unternehmer – oft alles gleichzeitig. Der Spagat zwischen medizinischer Qualität, wirtschaftlicher Stabilität und menschlicher Führung stellt eine zunehmende Herausforderung dar.

Viele Praxisinhaber haben im Studium oder in der Assistenzzeit kaum gelernt, wie man ein Team führt oder eine Organisation entwickelt. Das Ergebnis: Führung wird häufig “nebenbei” erledigt – wenn überhaupt. Im hektischen Alltag geht sie unter oder wird aufgeschoben. Das hat konkrete Folgen:

  • Unklare Rollen und Verantwortlichkeiten
  • Schleppende Kommunikation
  • Wachsende Unzufriedenheit im Team
  • Fehlende Entwicklungsperspektiven für Mitarbeitende

Langfristig leidet nicht nur das Betriebsklima, sondern auch die Wirtschaftlichkeit – etwa durch Fluktuation, Krankheitsausfälle und sinkende Leistungsbereitschaft.

Führung ist eine bewusste Handlung – kein Bauchgefühl
Während Prozesse wie Hygieneketten, Terminvergabe oder Abrechnung längst standardisiert sind, basiert Führung in vielen Praxen noch immer auf reiner Intuition. Aber: Führung ist keine Stimmungssache, kein Talent und kein Zufall – sie ist eine erlernbare Fähigkeit und vor allem eine bewusste Handlung.

Gute Führung bedeutet:

  • Rollen und Aufgaben klar benennen: Wer ist wofür zuständig – und mit welcher Verantwortung?
  • Mitarbeitende wahrnehmen und ernst nehmen: Wer sich gesehen fühlt, bringt sich stärker ein.
  • Konflikte frühzeitig anzusprechen: Schweigen ist keine Lösung – und Klarheit keine Härte.
  • Verantwortung delegieren: Wer alles selbst macht, blockiert Wachstum – bei sich und anderen.

Führen bedeutet nicht, über allem zu stehen, sondern als verbindende Kraft zu wirken – durch Klarheit und Verlässlichkeit und mit offenem Ohr.

Der Spagat: Wirtschaftlichkeit vs. Menschlichkeit
Der Praxisalltag ist geprägt von äußeren Zwängen: Inflation, steigende Kosten, Ausfallhonorare, Personalmangel. Diese Realität erfordert unternehmerisches Denken – doch wer Führung ausschließlich unter Effizienzgesichtspunkten betrachtet, verliert das Wesentliche aus den Augen: das menschliche Miteinander.

Ein motiviertes, wertgeschätztes Team ist kein „weicher Faktor“, sondern ein zentraler Erfolgshebel. Studien zeigen:

  • Teams mit hoher emotionaler Bindung arbeiten produktiver.
  • Wertschätzung fördert Loyalität und senkt Fluktuation.
  • Eine gute Teamkultur spüren auch die Patienten – und sie kommen gerne wieder.

Gute Führung bedeutet also nicht nur Zielerreichung, sondern auch Beziehungsgestaltung. Oft sind es kleine Gesten, die große Wirkung zeigen: Ein aufrichtiges Lob, ein klärendes Gespräch nach einem Konflikt, die einfache Frage: „Wie geht’s dir gerade wirklich?“ – das sind Zeichen von Haltung, nicht von Schwäche.

Häufige Führungsfehler in der Zahnarztpraxis
Viele Probleme in Praxen sind nicht medizinischer, sondern organisatorischer oder kommunikativer Natur – verursacht durch Zeitmangel, Überforderung oder Unsicherheit.

Häufige Stolpersteine:

  • Unklare Zuständigkeiten: Aufgaben werden nicht definiert – oder ständig verschoben.
  • Kommunikationslücken: Informationen gehen verloren, Entscheidungen werden nicht nachvollziehbar erklärt.
  • Einseitige Rückmeldung: Fehler werden besprochen, Erfolge übersehen.
  • Führung „nebenbei“: Statt regelmäßiger Gespräche gibt es nur schnelle Anweisungen im Vorbeigehen.

Solche Muster führen zu Frust, Demotivation und – auf lange Sicht – zum Verlust wertvoller Mitarbeiter.

Impulse für bessere Führung im Praxisalltag
Führung muss nicht kompliziert sein – aber bewusst, konsequent und regelmäßig. Schon kleine Routinen können den Unterschied machen:

  1. Morgenmeeting (15 Minuten): Gemeinsamer Start in den Tag, Austausch über Besonderheiten, Stimmungen und Prioritäten.
  2. Regelmäßige Mitarbeitergespräche: Mindestens einmal jährlich, besser einmal im Quartal. Ziel: Entwicklung fördern, Erwartungen klären, zuhören.
  3. Lob und Feedback aktiv einsetzen: Nicht nur kritisieren, sondern gezielt anerkennen – auch kleine Erfolge.
  4. Delegieren mit Klarheit: Aufgaben schriftlich und verbindlich übergeben – inklusive Verantwortungsrahmen.
  5. Offene Gesprächskultur stärken: Räume schaffen, in denen Kritik und Ideen angstfrei geäußert werden können.
  6. Selbstreflexion fördern: Wie wirke ich als Führungskraft? Was sende ich – bewusst oder unbewusst – aus?

Diese Impulse schaffen Orientierung, Vertrauen und ein Gefühl von Mitverantwortung – und entlasten zugleich den Praxisinhaber.

Fazit: Führung mit Struktur und Herz

Gute Praxisführung ist kein „Nice-to-have“, sondern Grundvoraussetzung für nachhaltigen Erfolg – menschlich wie wirtschaftlich. Sie braucht klare Strukturen, echte Kommunikation und das Bewusstsein, dass Menschen im Mittelpunkt stehen – nicht nur Prozesse.

Wer in sein Team investiert – mit Zeit, Aufmerksamkeit und ehrlicher Führung –, stärkt nicht nur andere, sondern auch sich selbst. Denn am Ende geht es um mehr als um Bohrer, Zahlen oder Tools: Es geht um Vertrauen, Zusammenarbeit – und den gemeinsamen Willen, eine Praxis zu gestalten, in der Qualität und Menschlichkeit zusammengehören.
DH Désirée Voglau

 

Titelbild: Adobe Stock, Feodora



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