Wusstest du, dass eine Umfrage unter 1001 Personen in Deutschland alarmierende Erkenntnisse über Parodontitis zutage brachte? Unabhängig von Alter, Geschlecht und Bildung zeigt sich ein besorgniserregendes Defizit im Verständnis dieser Erkrankung und ihrer Auswirkungen auf die Mundgesundheit.
Überraschende 65,7 % der Befragten konnten nicht sagen, welche anderen Erkrankungen mit Parodontitis verbunden sind [1]. Lass uns das Bewusstsein für dieses wichtige Thema schärfen!
Stiller Verlauf und späte Diagnose
Parodontitis verläuft oft still und häufig schmerzlos, wodurch sie lange unbemerkt bleibt. Jedoch handelt es sich um eine hochprävalente, chronisch verlaufende Erkrankung, die oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird [2]. Aufgrund des schleichenden Verlaufs und der Tatsache, dass viele Betroffene Symptome nicht einordnen können, suchen einige Patienten erst dann einen Zahnarzt auf, wenn bereits ein erheblicher Gewebsverlust eingetreten ist [3].
Biofilm und seine Rolle bei entzündlichen Erkrankungen
In der gesunden Mundhöhle leben mehr als 700 verschiedene Bakterienarten, von denen die meisten zu einem intakten Ökosystem beitragen. Einige dieser Bakterien können jedoch auch eine destruktive Wirkung entfalten [2]. Die mikrobielle Besiedlung des marginalen Gingivasaums gilt als primäre Ursache für die Ätiopathogenese der Parodontitiden [3,4]. Neben der polybakteriellen Genese spielt ein komplexes Zusammenspiel aus erworbenen, angeborenen und verhaltensbezogenen Faktoren eine Rolle. Daher wird Parodontitis als multifaktoriell bezeichnet [4,5]. Eine Dysbiose zwischen dem Wirt und den Mikroorganismen kann durch verschiedene Faktoren begünstigt werden, darunter Diabetes mellitus, Nikotinabusus, genetische Veranlagung und lokale Faktoren [3]. Eine Studie aus dem Jahr 2021 konnte einen signifikanten Zusammenhang zwischen Parodontitis und Covid-19 nachweisen. Patienten mit Parodontitis hatten ein höheres Risiko für schwere Komplikationen im Verlauf einer Covid-19-Erkrankung, die tödlich enden konnten [6].
Biofilm fördert die Entstehung einer Gingivitis, während Parodontitis mit einer gestörten Mikrobiom-Zusammensetzung verbunden ist. Diese Verschiebung von einer symbiotischen zu einer dysbiotischen Flora tritt im gingivalen Sulkusbereich auf und geht mit entzündlichen Veränderungen einher. Der Verlauf und die Schwere der Parodontitis hängen maßgeblich von der immunentzündlichen Reaktion des Wirts auf den Biofilm ab. Parodontitis-verursachende Bakterien und Entzündungsmediatoren können über die Blutbahn in andere Körperbereiche gelangen und dort entzündliche Prozesse und Erkrankungen wie z. B. Atherosklerose, Diabetes mellitus, kardiovaskuläre Erkrankungen und rheumatoide Arthritis beeinflussen [3,4].
Bakteriämie und ihre Auswirkungen auf den Körper
Das Vorhandensein von Bakterien in der Blutbahn bezeichnet man als Bakteriämie [7]. Eine Bakteriämie kann entweder direkt oder indirekt entstehen. Beim direkten Mechanismus gelangen Bakterien aus entzündetem Zahnfleisch während des Kauens in die Blutbahn. Der indirekte Mechanismus erfolgt durch Entzündungsmediatoren, die bei chronischen parodontalen Entzündungen freigesetzt werden und im Kreislaufsystem zirkulieren [7]. Zudem können Entzündungsmediatoren ebenfalls einen Einfluss auf die Insulinrezeptoren nehmen, sodass Nicht-Diabetiker mit Parodontitis ein höheres Risiko für die Entstehung eines Diabetes haben [8]. Bei Diabetikern mit einer unbehandelten Parodontitis lässt sich der HbA1c-Wert, also der Blutzucker, schlechter einstellen [9].
Fazit
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Parodontitis eine weit verbreitete Erkrankung ist, die oft schmerzlos verläuft und erst spät erkannt wird. Ein zentrales Ziel der zahnmedizinischen Versorgung sollte es sein, die hohe Prävalenz von Parodontitis in Deutschland zu senken, indem die Bevölkerung umfassend über die Erkrankung und ihre Risikofaktoren aufgeklärt wird [3]. Ein klarer Zusammenhang zwischen Parodontitis und systemischen Erkrankungen ist mittlerweile belegt. Fakt ist, dass eine gründliche häusliche Mundhygiene entscheidend ist, um das Risiko für Parodontitis und die damit verbundenen gesundheitlichen Komplikationen zu verringern [10]. Mundhygieneinstruktionen im Rahmen der professionellen Zahnreinigung spielen eine wichtige Rolle bei der Prävention. Die Auswahl der Hilfsmittel sollte in der Zahnarztpraxis immer patientenzentriert erfolgen. Laut aktuellen Leitlinien sind Interdentalbürsten am effektivsten für die Prävention von parodontalen Erkrankungen [11,12,13]. Dazu Prof. Christoph Dörfers Fazit nach eingehender Bewertung der Optionen: „Allerdings reinigen Interdentalbürsten mit Abstand am besten.“

DH Nora-Sophie Feulner B. Sc.
Clinical Affairs Specialist TePe D-A-CH GmbH
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Quellen:
[1] Deinzer, R., Micheelis, W., Granrath, N., & Hoffmann, T. (2009). More to learn about: periodontitis-related knowledge and its relationship with periodontal health behaviour. Journal of clinical periodontology, 36(9), 756–764. https://doi.org/10.1111/j.1600–051X.2009.01452.x
[2] Hierse,L. (2015). Parodontitis als Volkskrankheit Prävalenz, Diagnostik, Therapie und eine kritische Auseinandersetzung mit der Konstenübernahme durch die GKV. IGZ DIE ALTERNATIVE. 20 (1), S.4–10.
[3] Dannewitz, B., Holtfreter, B., & Eickholz, P. (2021). Parodontitis–Therapie einer Volkskrankheit. Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz, 64(8), 931.
[4] Dörfer, C. (2002). Parodontitis und Allgemeingesundheit. Zahnärztliche Mitteilungen, 92, (9) 38–43.
[5] Ziebolz, D. (2018). Zusammenhang zwischen Mund-und Allgemeinerkrankungen. Prophylaxe J, 6, 6–14.
[6] Marouf, N., Cai, W., Said, K. N., Daas, H., Diab, H., Chinta, V. R., Hssain, A. A., Nicolau, B., Sanz, M., & Tamimi, F. (2021). Association between periodontitis and severity of COVID-19 infection: A case-control study. Journal of clinical periodontology, 48(4), 483–491. https://doi.org/10.1111/jcpe.13435
[7] Altun, E. (2023). Evaluation des Therapie-Outcomes durch nicht-chirurgische Parodontitistherapie im Studierendenkurs und ihre Auswirkung auf die Risikobewertung (Doctoral dissertation, Staats-und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky).
[8] Demmer, R. T., Desvarieux, M., Holtfreter, B., Jacobs, D. R., Wallaschofski, H., Nauck, M., Völzke, H. & Kocher, T. D. (2010). Periodontal Status and A1C Change. Diabetes Care, 33(5), 1037–1043.
[9] Chapple, I. L. C. & Genco, R. J. (2013). Diabetes and periodontal diseases: consensus report of the Joint EFP/AAP Workshop on Periodontitis and Systemic Diseases. Journal of Periodontology, 84(4-s), S106–S112.
[10] Dommisch, H., Moter, A., & Kuzmanova, D. (2020). Parodontitis und der orale Biofilm–Von der lokalen zur systemischen Erkrankung. Parodontologie, 12.
[11] Weber, N. (2016). „Ist Zahnseide wirklich nötig?“. Spiegel. Abgerufen am 11.01.2025 von: Zahnseide: Ist die Reinigung der Zahnzwischenräume wirklich nötig? – DER SPIEGEL
[12] DG PARO (Deutsche Gesellschaft für Parodontologie e.V.): S3-Leitlinie Leitlinie „Häusliches mechanisches Biofilmmanagement in der Prävention und Therapie der Gingi-vitis“: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/083–022k_S3_Haeusliches-mechanisches-Biofilmmanagement-Praevention-Therapie-Gingivitis_2021–02.pdf
[13] EFP (European Federation of Periodontology): www.efp.org/publications-education/
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