Nach dem Stand der Wissenschaft besteht Unsicherheit darüber, inwiefern SARS-CoV2-Viren über dentale Aerosole übertragen werden können. Sicherheit bei der Absaugung von Aerosolen dagegen geben jetzt aktuelle Forschungsergebnisse im Rahmen einer in-vitro Pilotstudie von Dürr Dental: Bei einer effektiven Absaugung im Patientenmund mit etwa 300 l/min lassen sich alle zahnärztlichen Maßnahmen vornehmen und alle üblichen Geräte einsetzen. Dieses Ergebnis wird jetzt auch von der S1-Leitlinie „Umgang mit zahnmedizinischen Patienten bei Belastung mit Aerosol-übertragbaren Erregern“ bestätigt.
Dazu hat ein dreiköpfiges Team eine Pilotstudie zu verschiedenen Aspekten der Absaugung durchgeführt. Erstmals kam dabei das sogenannte Schattenverfahren im Dentalbereich zum Einsatz. Es handelt sich hier um einen industriellen Standard auf der Basis moderner LED-Technik und digitaler Bildgebung. Damit lassen sich die Größe und die Geschwindigkeit von Partikeln bestimmen, insbesondere von Aerosol-Partikeln.
Die Arbeitsgruppe brachte dieses Verfahren im in vitro-Modell an einem Phantomkopf zur Anwendung. So konnte die Partikelemission verschiedener Geräte miteinander verglichen werden. Dabei stellte sich heraus: Pulver-Wasserstrahl-Geräte erzeugen die meisten Aerosole, gefolgt von der Turbine mit 400.000 Umdrehungen pro Minute. Eine Partikelreduktion unter die Nachweisgrenze ist jedoch möglich – durch effektive Absaugung.
Durchflussrate entscheidend
Dabei kommt es gemäß den Studienergebnissen auf die Durchflussrate an. Sie (und nicht etwa ein hohes Vakuum!) stellt die entscheidende physikalische Größe dar. 300 Liter Saugvolumen pro Minute sollten es idealerweise sein. Dies gleicht sogar eine nicht-optimale Absaugposition aus, zum Beispiel bei schwer zugänglichem Behandlungsfeld. Gewisse Saugverluste, bis hin zu einer Durchflussrate von 250 Litern pro Minute, lassen sich noch durch eine optimale Absaugposition kompensieren. Darunter wird es in puncto Hygiene und Infektionskontrolle kritisch.
„Am meisten überrascht hat mich, wie wenig ein Speichelsauger bringt“, sagt Studienleiter Dr. Martin Koch. „Von einer hinreichenden Aerosol-Reduktion darf man dabei auf keinen Fall ausgehen.“ Erst mit der optimalen Anwendung einer großen Absaugkanüle (Universalkanüle 16 mm, Dürr Dental) oder einer speziellen Aerosolkanüle (Dürr Dental) lässt sich die Partikelzahl unter die Nachweisgrenze drücken. Im Falle von Pulver-Wasserstrahl-Geräten sollte es sogar besser eine Aerosolkanüle sein.
Pulver-Wasserstrahl-Geräte ohne erhöhtes Risiko
Das bedeute im Umkehrschluss auch: Selbst das Pulver-Wasserstrahl-Gerät kann ohne erhöhtes Risiko betrieben werden, wenn eine hochvolumige Absaugung unter Verwendung einer Aerosolkanüle durchgeführt wird und diese Kanüle dabei im Abstand von etwa einem Zentimeter (= Richtwert) zum instrumentierten Zahn gehalten wird.
Die in vitro-Pilotstudie macht klare Aussagen sowohl zu den theoretischen Grundlagen (Stichwort: „die Durchflussrate macht’s“) wie auch zu den Konsequenzen für die Praxis (Stichwort: „hochvolumige Absaugung mit 300 Litern pro Minute und großer Kanüle“). Auf Basis dieser Pilotstudie sind aktuell klinische Folgestudien geplant, um weitere fundierte Ergebnisse rund um die Vermeidung von dentalen Aerosolen zu erhalten.
Aktualisierte S1-Leitlinie
Unterstrichen werden dieser Ergebnisse ganz aktuell durch die aktualisierte S1-Leitlinie „Umgang mit zahnmedizinischen Patienten bei Belastung mit Aerosol-übertragbaren Erregern“ vom März 2021:
Bei Einhaltung der in der Zahnmedizin beim Einsatz wassergekühlter Instrumente empfohlenen Schutzmaßnahmen, die […] sowie eine hochvolumige Absaugung von etwa 300 l/ Minute mit einer Saugkanüle von mind. 10vmm Durchmesser umfassen, wird der Schutz des Behandlungsteams und des Patienten vor Tröpfchen und Aerosolen durch eine Kombination von spezifischen Präventionsmaßnahmen gewährleistet […]. Sofern diese gewährleistet ist, haben zusätzliche Geräte zur Absaugung aktuell keine belastbare Evidenz.
Das bedeutet: Wer die gelernte Absaugung gewissenhaft durchführt und alle anderen routinemäßigen Schutzmaßnahmen einhält, kann alle rotierenden und schwingenden Instrumente einsetzen. Denn durch effektive Absaugung mit 300 l/min lässt sich eine Partikelreduktion unter die Nachweisgrenze erreichen. Dies gilt auch für Turbinen mit 400.000 Umdrehungen pro Minute. Diese erzeugen von allen üblichen zahnärztlichen Geräten die meisten Aerosole.
„Ich freue mich, dass die hochvolumige Absaugung mit 300 l/min Eingang in die wichtige S1-Leitlinie der DGZMK gefunden hat“, sagt Koch. „Das ist eine Bestätigung für die hervorragende Arbeit unseres Teams im Rahmen der Pilotstudie. Es wird deutlich, dass die vorherrschende Absaugtechnik – 300 l/min mit großer Saugkanüle – ausreicht, um dem zahnärztlichen Team im Pandemie-Alltag die nötige Sicherheit und Rückendeckung zu geben.“
Quelle: Dürr Dental
KEINE KOMMENTARE