Vitamin D spielt eine entscheidende Rolle für das Immunsystem und ist einer der Schlüsselfaktoren für parodontale Gesundheit – es reguliert Entzündungsprozesse und beeinflusst die Immunantwort auf pathogene Keime im Mundraum. Damit wird es zu einem bedeutenden Baustein in der Behandlung parodontaler Erkrankungen.
Vitamin D ist ein zentraler Faktor für ein starkes Immunsystem und spielt eine Schlüsselrolle für die Gesundheit des Zahnhalteapparats. Es steuert Entzündungsprozesse und beeinflusst die Immunabwehr gegen schädliche Keime im Mundraum. Dadurch wird Vitamin D zu einem essenziellen Bestandteil bei der Behandlung von parodontalen Erkrankungen. Eine ganzheitliche Herangehensweise ist hierbei unerlässlich: Die mechanische Reinigung und das Biofilmmanagement bilden das Fundament unserer Therapie. Doch ein optimaler Vitamin-D-Spiegel kann nicht nur die Wirksamkeit dieser Maßnahmen unterstützen, sondern auch langfristig zur Stabilisierung der Mundgesundheit beitragen.
Wissenschaftliche Studien belegen, dass eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D und Kalzium sowohl in der Prävention als auch in der Behandlung parodontaler Erkrankungen eine unterstützende Rolle spielt. In der täglichen Praxis stellt sich jedoch die Frage: Wie lassen sich solche Erkenntnisse konkret umsetzen? Wie können wir den Vitamin-D-Status unserer Patienten zuverlässig erfassen und bei Bedarf gezielt optimieren? Und welche konkreten Schritte können wir unternehmen, um diese Nährstoffe sinnvoll in unseren Behandlungsablauf zu integrieren? Gehen wir einen Schritt zurück und betrachten das Ganze von Anfang an.
Lange Zeit galt der Sonnenstand beziehungsweise der geografische Breitengrad als Hauptfaktor für einen Vitamin-D-Mangel – also die Intensität der UVB-Strahlung am Aufenthaltsort. Heute wissen wir: Der entscheidende Grund für die weit verbreitete Unterversorgung mit Vitamin D liegt im modernen Lebensstil. Vor allem der häufige Aufenthalt in geschlossenen Räumen, der konsequente Einsatz von Sonnenschutzmitteln und UV-Filtern – die längst nicht mehr nur in Sonnencremes, sondern auch in vielen Tagespflegeprodukten enthalten sind – verhindern eine ausreichende körpereigene Vitamin-D-Produktion. Das betrifft nicht nur sonnenarme Länder wie Deutschland, sondern auch Regionen mit hoher Sonneneinstrahlung wie Indien oder die arabischen Länder. Dabei ist die Sonne die natürlichste und wichtigste Quelle für die Vitamin-D-Versorgung des Körpers. Bis zu 90 % des täglichen Bedarfs können durch verantwortungsvollen Sonnenkontakt – also ohne Kleidung und ohne Sonnenschutzmittel – gedeckt werden.
In Deutschland, das zwischen dem 47. und 55. Breitengrad liegt, ist eine körpereigene Vitamin-D-Bildung jedoch nur in den Monaten von April bis September möglich – und auch nur dann, wenn die Sonne ausreichend hoch steht (UV-Index von mindestens 3) und Sonnenlicht zwischen 10:00 und 15:00 Uhr ungehindert auf die Haut trifft. In dieser Zeit kann der Körper über die Haut bis zu 20.000 IE (Internationale Einheiten) Vitamin D pro Tag produzieren. Wird nicht regelmäßig eine ausreichend große Hautfläche der Sonne ausgesetzt – unbedeckt und ohne UV-Blocker – kann die Haut ihre Funktion als endokrines Organ nicht erfüllen, und die körpereigene Vitamin-D-Produktion bleibt aus. Dabei spielt es keine Rolle, ob man in München, Florida oder Dubai lebt.
Kann Vitamin D über die Nahrung gedeckt werden?
Vitamin D ist streng genommen kein klassisches Vitamin, sondern ein Hormon, das der Körper größtenteils selbst bildet. Etwa 80 bis 90 % des täglichen Bedarfs werden durch die körpereigene Synthese in der Haut gedeckt – vorausgesetzt, sie wird ausreichend mit UVB-Strahlung versorgt. Nur etwa 10 bis 20 % des Bedarfs lassen sich über die Ernährung aufnehmen. Allerdings gestaltet sich die Zufuhr über Lebensmittel als schwierig: Fette Seefische wie Lachs, Hering oder Makrele enthalten zwar nennenswerte Mengen an Vitamin D, doch um den Tagesbedarf zu decken, müsste man täglich rund 200 bis 300 g davon verzehren – eine Menge, die im Alltag kaum praktikabel ist. Hinzu kommt die zunehmende Problematik der Überfischung, die den regelmäßigen Konsum dieser Fischarten aus ökologischer Sicht problematisch macht.
Vitamin-D3-Präparate
Studien zeigen, dass Vitamin-D3-Präparate in Form von Öl vom Körper am besten aufgenommen werden können. Wichtig ist auf die Deklarierung Vitamin D3 K2 MK7 all trans zu achten, da diese die höchste Bioverfügbarkeit aufweist und am längsten im Blut zirkuliert. Bei gleicher Dosierung werden Kapseln schlechter aufgenommen, Tabletten haben in diesem Vergleich die schlechteste Aufnahme.
Vitamin D in der Anamnese: Worauf sollte geachtet werden?
Im Rahmen der Anamnese ist es wichtig zu erfassen, ob und in welcher Dosierung der Patient Vitamin D supplementiert, wie regelmäßig und wie lange er sich im Freien aufhält sowie welche Medikamente er einnimmt. Besonders bei der gleichzeitigen Einnahme von Vitamin K2 und Antikoagulanzien wie Marcumar ist eine engmaschige Kontrolle des INR-Werts notwendig, um Wechselwirkungen zu vermeiden.
Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Medikamenten, die den Vitamin-D-Stoffwechsel beeinflussen können. Dazu zählen unter anderem:
– Cholesterinsenker (z. B. Statine)
– Blutdruckmedikamente
– Psychopharmaka
– Johanniskraut
– bestimmte Antikonvulsiva
– Kortikosteroide
Bei Patienten, die Medikamente einnehmen, die mit dem Vitamin-D-Stoffwechsel in Wechselwirkung stehen, ist eine Kontrolle nach der optimalen Einstellung des Vitamin-D-Spiegels besonders wichtig. Denn durch die verbesserte Stoffwechsellage kann sich der Bedarf an bestimmten Medikamenten verändern. So können sich beispielsweise Blutwerte verbessern, was eine Anpassung der Medikation erforderlich macht. Bei Patienten, die solche Medikamente einnehmen, sollte der Vitamin-D-Spiegel nach der optimalen Einstellung kontrolliert und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt angepasst werden.
Vitamin-D-Spiegel im Serum
Der Vitamin D3-Spiegel im Serum wird in den Laboren in Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) gemessen. Eine ideale Versorgung liegt in der Regel bei 50 bis 60 ng/ml, wobei der genaue Wert auch vom Körpergewicht abhängt. Um diesen Bereich zu erreichen, empfiehlt es sich, die Tagesdosis basierend auf dem Körpergewicht zu berechnen. Für eine optimale Versorgung – die bei 50 bis 60 ng/ml liegen sollte – sind 40 bis 60 I.E. Vitamin D pro Kilogramm Körpergewicht notwendig. Bei einem Körpergewicht von 60 kg würde dies einer täglichen Dosis von 2400 bis 3600 I.E. entsprechen.
Es ist wichtig zu wissen, dass der Bedarf je nach Alter und weiteren Faktoren variieren kann. Zum Beispiel haben ältere Menschen einen höheren Bedarf, da die Vitamin-D-Synthese über die Haut mit zunehmendem Alter immer mehr abnimmt. Auch Schwangere, Menschen mit dunkler Hautfarbe, Raucher, Personen mit Niereninsuffizienz, Krebspatienten sowie Menschen mit Fettmalabsorption (z. B. aufgrund von Zöliakie, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa) benötigen tendenziell mehr Vitamin D.
Ein unschlagbares Trio
Vitamin K2 gehört, wie auch die Vitamine D, E und A, zu den fettlöslichen Vitaminen. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Aktivierung von Osteocalcin und MGP (Matrix-GLA-Protein) und sorgt dafür, dass Kalzium in die Knochen transportiert und dort eingelagert wird. Vitamin K2 arbeitet synergetisch mit Vitamin D, was bedeutet, dass es die Kalziumaufnahme im Darm fördert und somit den Transport des Kalziums zu den Knochen unterstützt. Vitamin D wirkt dabei als „Schlüssel“, der das „Tor“ zu den Knochen für Kalzium öffnet. Allerdings bleibt die Wirkung von Vitamin D ohne Magnesium eingeschränkt, da Magnesium notwendig ist, um Vitamin D in seine aktive Form umzuwandeln. Zusammen bilden Vitamin D, K2 und Magnesium daher ein unschlagbares Trio für die Knochengesundheit sowie für einen optimalen Stoffwechsel.
Wie wirkt Vitamin D auf das Immunsystem?
Vitamin D beeinflusst das Immunsystem auf zwei verschiedene Wirkwegen: den endokrinen und den autokrinen Pfad.
1. Endokriner Wirkpfad
Der endokrine Wirkpfad hat eine Halbwertszeit von etwa drei Wochen und spielt eine zentrale Rolle bei der Regulation des Kalziumhaushalts im Körper. Vitamin D steuert die aktive Aufnahme von Kalzium und Phosphat im Darm und damit den Kalziumspiegel im Blut. Dieser wird über einen fein abgestimmten Regulationsmechanismus konstant gehalten.
2. Autokriner Wirkpfad
Der autokrine Wirkpfad hat eine viel kürzere Halbwertszeit von 24 Stunden und ist vor allem für den zellulären Stoffwechsel verantwortlich. Vitamin D sorgt in diesem Zusammenhang für ein gesundes Gleichgewicht im Immunsystem. Es reduziert eine überschießende Immunantwort, wie sie bei Entzündungen oder Parodontitis auftreten kann, indem es die Aktivität von Osteoklasten hemmt und die Bildung von Osteoblasten anregt. Zellen des Immunsystems, wie Makrophagen, besitzen Vitamin-D-Rezeptoren und sind in der Lage, aus Prävitamin D selbst aktives Vitamin D zu synthetisieren. Durch diesen Prozess wird die Produktion antimikrobieller Substanzen, wie Cathelicidin (körpereigenes Antibiotikum), angeregt. Daher ist es entscheidend, Vitamin D regelmäßig zu supplementieren, um die körpereigene Abwehrkraft zu unterstützen.
Testverfahren zur Bestimmung des Vitamin-D-Spiegels
Bei der Auswahl des geeigneten Testverfahrens zur Bestimmung des Vitamin-D-Spiegels sollte beachtet werden, dass zwischen der klassischen Laboruntersuchung und Schnelltests wie dem Prick-Test (Kapillarblut aus der Fingerkuppe) Abweichungen von bis zu 10 % auftreten können. Eine umfassende Aufklärung des Patienten ist daher entscheidend, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Die traditionelle Methode ist die venöse Blutentnahme beim Hausarzt. Dabei wird die Probe ins Labor geschickt und dort analysiert. Dieses Verfahren gilt als besonders zuverlässig, benötigt jedoch mehr Zeit, da die Auswertung nicht vor Ort erfolgt. Eine zeitsparende Alternative bieten moderne Testgeräte wie der Biomarker VitalChecker von Zantomed. Hier genügt ein Tropfen Blut aus der Fingerkuppe, und das Ergebnis liegt bereits nach etwa zehn Minuten vor. Diese Methode eignet sich ausgezeichnet für den Einsatz direkt in der Praxis und ermöglicht eine unmittelbare Besprechung der Werte. Die Wahl des Testverfahrens sollte sich nach den individuellen Bedürfnissen und Vorlieben des Patienten richten. Eine transparente Aufklärung über die Vor- und Nachteile beider Methoden ist essenziell, um eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen. Mit dem Sonnenallianzrechner kann eine individuelle Auswertung und Empfehlung erfolgen.
Fazit
Studien zeigen, dass die Substitution von Vitamin D und Kalzium einen positiven Effekt auf die Unterstützende Parodontale Therapie (UPT) haben kann. Ist genügend Vitamin D vorhanden, kann der Knochen nach einer Parodontitis-Therapie gut wieder mit den Mineralien Kalzium und Phosphat gesättigt werden, die mit Hilfe des Vitamin D aus dem Darm zur Verfügung stehen. Wichtig hierbei ist, dass man den Vitamin-D-Wert in regelmäßigen Abständen testet und auf diese Weise die Patienten individuell begleitet.
DH Heike Wilken
Großes Bild: © Adobe Stock/Galina-Zhigalova
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