Unvorhergesehene Notfälle und Behandlungen, die länger dauern als erwartet, führen oftmals dazu, dass
die Angestellten Überstunden schieben müssen. Da der Zahnarzt als Arbeitgeber für die Einhaltung der Arbeitsgesetze verantwortlich ist, sollte er die Regelungen dazu unbedingt genau kennen und sich streng daran halten.
Häufig werden die Begriffe Mehrarbeit und Überstunden verwendet, um damit auszudrücken, dass ein Mitarbeiter mehr gearbeitet hat, als es vorgesehen war. Es gibt jedoch einen kleinen, aber feinen Unterschied zwischen den beiden Begrifflichkeiten:
- Mehrarbeit: Das Gesetz schreibt vor, dass Angestellte pro Tag nicht über acht Stunden und in der Woche nicht mehr als 48 Stunden arbeiten sollten. Wenn diese Zeit überschritten wird, spricht man von Mehrarbeit.
- Überstunden: Sie beziehen sich hingegen auf die geleistete Arbeit, die über die vertraglich festgelegten Arbeitsstunden hinausgeht.
So sehen die Regelungen zu Überstunden aus
Im Arbeitszeitgesetz ist festgelegt, dass Arbeitnehmer, also auch die Angestellten in einer Zahnarztpraxis, nicht länger als acht Stunden pro Tag arbeiten dürfen. Wenn es in der Praxis gerade besonders stressig zugeht, kann die tägliche Arbeitszeit jedoch auf maximal zehn Stunden erhöht werden. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass diese Mehrarbeit in einem Zeitraum von 24 Wochen wieder ausgeglichen wird. Das kann zum Beispiel durch einen Freizeitausgleich oder durch eine Auszahlung der Überstunden erfolgen.
Dürfen Überstunden einfach angeordnet werden?
Zahnärzte sollten in den Arbeitsverträgen unbedingt auch Überstunden aufnehmen. Wenn sie das nicht tun, können sie Überstunden nur in absoluten Notfällen anordnen. Dazu zählen aber nur Ereignisse, die als geschäftskritisch einzustufen sind. Wenn es beispielsweise zu einem Brand kommt, kann Mehrarbeit eingefordert werden. Ein Personalengpass aufgrund von Erkrankungen gilt hingegen nicht als Notfall. In dieser und in vielen anderen Situationen haben die Angestellten die Möglichkeit, die Mehrarbeit zu verweigern. Eine vertragliche Regelung ist folglich die Voraussetzung für die problemlose Durchsetzung von Überstunden. Optimalerweise sollte die Regelung für beide Seiten attraktiv sein. Der Zahnarzt muss sich bei Engpässen keine Gedanken mehr machen und die Angestellten können von einer Vergütung der Überstunden oder einem Freizeitausgleich profitieren. Am besten lassen sich Zahnärzte diesbezüglich anwaltlich beraten.
Wann müssen Überstunden bezahlt werden?
Wenn es zu Überstunden oder Mehrarbeit kommt, steht den Angestellten der Praxis ein Ausgleich zu. Möglich ist der sogenannte Freizeitausgleich. Wenn ein Mitarbeiter an einem Tag neun anstatt acht Stunden arbeitet, darf er dafür an einem anderen Tag nur sieben Stunden arbeiten. Oftmals werden die Stunden aber auch gesammelt und dann an einem kompletten oder an einem halben Arbeitstag abgebaut. Alternativ werden Überstunden ausgezahlt. Das ist in der Regel im Arbeitsvertrag geregelt. Dann muss der Arbeitgeber sich auch daranhalten und darf nicht einfach stattdessen den Freizeitausgleich verlangen. Klauseln, die verlauten lassen, dass die Überstunden mit dem Arbeitslohn abgedeckt werden, sind übrigens in vielen Fällen ungültig.
Wie lässt sich die Höhe der Auszahlungen berechnen?
Die Überstunden können mit dem gleichen Stundenlohn wie die reguläre Arbeit bezahlt werden. Aus dem Monatsgehalt ihrer Angestellten können Arbeitgeber herausrechnen, wie hoch der Stundenlohn ist. Diesen zahlen sie dann einfach für die geleisteten Überstunden aus. Manche Arbeitgeber wollen den Anreiz für das Leisten von Mehrarbeit erhöhen, indem sie jede zusätzliche Stunde mit 25 oder 50 Prozent mehr Gehalt vergüten. Auf diese Weise lassen sich oft sogar Freiwillige finden, die gerne ein paar Stunden mehr pro Woche arbeiten.
Wie viele Überstunden sind erlaubt?
Mehr als zehn Stunden pro Tag sind nicht zugelassen. Wenn von einer Sechs-Tages-Woche ausgegangen wird, dürfen Angestellte in einer Zahnarztpraxis also nicht mehr als 60 Stunden pro Woche arbeiten, selbst wenn diese zeitnah ausgeglichen werden. Wenn im Arbeitsvertrag aber eine geringere maximale Anzahl von Überstunden vereinbart wurde, sollte diese eingehalten werden.
Mehr als zehn Stunden pro Tag sind nicht zugelassen. Wenn von einer Sechs-Tages-Woche ausgegangen wird, dürfen Angestellte in einer Zahnarztpraxis also nicht mehr als 60 Stunden pro Woche arbeiten, selbst wenn diese zeitnah ausgeglichen werden. Wenn im Arbeitsvertrag aber eine geringere maximale Anzahl von Überstunden vereinbart wurde, sollte diese eingehalten werden.
Wie lassen sich Überstunden nachweisen?
Überstunden müssen selbstverständlich nur dann ausgeglichen werden, wenn der Arbeitgeber weiß, dass sie geleistet wurden. Früher hat das aufgrund fehlender Aufzeichnungen häufig zu Unstimmigkeiten geführt. Mittlerweile ist die systematische Zeiterfassung aber auch für Arztpraxen verpflichtend, sodass die Angestellten keine Schwierigkeiten haben sollten, nachzuweisen, dass sie Mehrarbeit geleistet haben. Umso wichtiger ist es, dass Zahnärzte sich darum kümmern, den Umgang mit Überstunden einheitlich und möglichst transparent für alle in den Arbeitsverträgen zu regeln. Dann wissen alle Beteiligten, woran sie sind. Außerdem sollten sie sich schleunigst mit der Pflicht zur Zeiterfassung auseinandersetzen. Sie sollte penibel eingehalten werden und diese Punkte berücksichtigen:
- Beginn und Ende der Arbeitszeit
- Dauer der Arbeitszeit
- Pausenzeiten
- geleistete Überstunden
Überarbeitung vermeiden und Mitarbeiterwohl schützen
Auch wenn es theoretisch möglich ist, dass Angestellte in einer Zahnarztpraxis pro Woche bis zu 60 Stunden arbeiten, sollte der Arbeitgeber den gesetzlichen Rahmen nicht dauerhaft ausreizen. Das kann schnell zu einer Überarbeitung führen und schlimme Folgen nach sich ziehen, denn wer zu viel arbeitet, ist deutlich anfälliger für Stress. Der kann zu weiteren gesundheitlichen Symptomen führen und den Blutdruck erhöhen oder Schlafstörungen fördern. Wer dauerhaft unter Strom steht, fällt unter Umständen irgendwann aus und kann gar nicht mehr zur Arbeit kommen. Deswegen sollten Arbeitgeber immer ein Auge auf die Überstunden ihrer Mitarbeiter haben und dafür sorgen, dass sie nicht überfordert werden. Kommt es einmal zu längeren Phasen, in denen ein Mitarbeiter Überstunden geleistet hat und im Vertrag ist die Auszahlung vereinbart worden, kann es sinnvoll sein, ihm einen Freizeitausgleich anzubieten. Wenn er zustimmt, können die Überstunden auf diese Weise abgegolten werden und er hat die Möglichkeit, sich ein wenig zu erholen und wieder neue Energie zu tanken.
Mehr Informationen unter https://www.anwalt.org/ueberstunden/
Jannis Drechsler
Bild: Adobe Stock, nicole taionescu
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