Auf einem Schiff vor der Küste Madagaskars leben – was nach einem Traumurlaub klingt, ist für Katharina Hailer Arbeit. Eine Arbeit, die die 32-jährige Dentalhygienikerin (DH) gerne macht. Sie ist eine der Freiwilligen, die in einem internationalen Team von Zahnärzten, Zahnärztinnen und Assistentinnen im Namen der Hilfsorganisation Mercy Ships Patienten zahnmedizinisch versorgt. Ihr Schiff, die „Africa Mercy“, ankerte im Frühjahr im Hafen der Stadt Tamatave.
Knapp drei Wochen war sie vor Ort. Eine Zeit, die sie geprägt hat. „Auf Madagaskar weiß man nicht, wer als nächstes mit welchen Problemen kommt. Jeder Patient ist eine Wundertüte.“ Mit ihrer Arbeit als DH im bayerischen Türkheim ist ihr Arbeitsalltag dort nicht vergleichbar. In Deutschland arbeitet sie seit 14 Jahren in einer Praxis, die Patienten und ihre Geschichten kennt sie.
Auf Madagaskar kommen 150 bis 200 Patienten pro Tag in die Zahnklinik, die sich an Land befindet. Das Team besteht aus vier internationalen Zahnärzten, einer Dentalhygienikerin und einer madagassischen Assistentin, die für das Team dolmetscht. Jeden Patienten begrüßt Katharina in der Landessprache, das schafft Vertrauen und die Patienten freuen sich. „Viele waren noch nie bei einem Zahnarzt. Es gibt Leute, die noch nie eine weiße Frau gesehen haben“, erinnert sie sich. Ein Mädchen ergreift ihre Hand und will immer wieder ihre blonden Haare streicheln. Für Katharina ist das in Ordnung, „ich sehe eben völlig anders aus“.
Patienten liegen auf Klappliegen aus Metall
Die Ausstattung des Behandlungsraums ist dürftig, aber ausreichend. Statt auf einer elektronisch bedienbaren Behandlungseinheit liegen die Patienten auf Klappliegen aus Metall. Ein Röntgengerät gibt es nur auf dem Schiff; dorthin werden die Patienten gefahren, die in der Zahnklinik an Land nicht mehr behandelt werden können. Wie ein 22-jähriger Mann, der zwei Tage zu Fuß unterwegs war, um einen riesigen Abszess am Zahn entfernt zu bekommen. „Die Notoperation an Bord hat ihm das Leben gerettet“, sagt Katharina. „In Deutschland stirbt niemand mehr an einem Zahn.“ Auf Madagaskar sieht sie Kinder mit beidseitigen Kiefer-Gaumen-Spalten und Patienten mit Wundbrand.
Zum Glück sind es nur wenige Notfallpatienten, doch nahezu alle kommen mit starken Zahnschmerzen. Schmerzfreiheit ist deshalb das wichtigste Behandlungsziel. Eine Frau, der fast alle Zähne gezogen werden mussten, bedankt sich mehrmals und umarmt sie zum Abschied. „Wie wird sie denn jetzt zurechtkommen, mit nur drei Zähnen?“ fragt Katharina die einheimische Assistentin. „Ja und? Sie hat keine Schmerzen mehr. Sie kann Reis und Suppe essen“, antwortet die Assistentin. Von ihr erfährt sie auch, dass eine Zahnbürste auf Madagaskar mehr kostet als der durchschnittliche Tageslohn der Menschen, die zu ihnen kommen.
Leben wie in einer kleinen Familie
Das Leben auf dem Hospitalschiff ist angenehm. Katharina teilt sich ihre Schlafkabine mit einer Frau aus dem Team, gemeinsam finden an Bord die Mahlzeiten statt. Abends unterhält sie sich mit ihren Kollegen über die Ereignisse des Tages. „Ich habe mich sehr schnell integriert. Das Leben ist wie in einer kleinen Familie.“ Es entstehen Freundschaften und zu einigen hält sie noch heute Kontakt.
Die Reise hat die Dentalhygienikerin sorgfältig mehrere Monate im Voraus geplant.
Sie hat ihren gesamten Jahresurlaub genommen und rund 4.000 Euro für Flug, Verpflegung, Auslandsversicherung und Impfungen gezahlt. Dennoch spart sie bereits, um wieder nach Madagaskar oder an einen anderen Ort der Welt reisen zu können, wo ihre Hilfe gebraucht wird: „Das Gefühl, dort helfen zu können, wo die Not am größten ist, ist unbezahlbar.“
Mitarbeit an Bord der Mercy Ships
- Der Bewerbungsprozess dauert sechs bis acht Wochen, ideal sind bis zu sechs Monate Vorbereitungszeit. Die Tätigkeit an Bord hängt vom Beruf der Bewerber, sonstigen Fähigkeiten und den offenen Stellen ab. Für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten beläuft sich der Beitrag für Kost und Logis auf 700 US-Dollar pro Monat.
- Voraussetzungen sind Volljährigkeit, Gesundheit, ausreichende finanzielle Mittel und angemessene Englischkenntnisse (inkl. berufsspezifischer Fachsprache).
- Interessierte können sich direkt bewerben unter: apply.mercyships.org oder für Fragen, Informationen und Materialen an das Mercy Ships Deutschland Büro wenden: mitarbeiten@mercyships.de. Die Organisation freut sich auch über Spenden: www.mercyships.de.
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