Seit dem 15. März gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen. Ohne Nachweis droht ein Beschäftigungsverbot. Doch ein automatisches Beschäftigungsverbot für ungeimpftes Gesundheitspersonal gilt laut aktuellem Gerichtsurteil nur für Neueinstellungen. Sonst sind Impfverweigerer nur kündbar, wenn ein behördliches Betretungsverbot vorliegt.
Geklagt hatte ein junger Mann, der seit Oktober 2019 bei einem regionalen Krankenhaus als Auszubildender zum Gesundheits- und Krankenpfleger beschäftigt war. Der Arbeitgeber kündigte das Ausbildungsverhältnis zum 1. Dezember 2021 fristlos, nachdem der Azubi in dem Testzentrum des Krankenhauses seine Maske unter die Nase gezogen und auf eine Anweisung des Geschäftsführers, seine Maske ordnungsgemäß zu tragen, nicht sofort reagiert hatte.
Kein Beschäftigungsverbot im Krankenhaus – obwohl die Impfung fehlt
Der Azubi klagte daraufhin auf Kündigungsschutz und „Annahmeverzugslohn” von Dezember 2021 bis April 2022. Er ist weder gegen Corona geimpft noch davon genesen.
Die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Bonn hat mit einem Urteil vom 18.05.2022 entschieden, dass die fristlose Kündigung des Ausbildungsverhältnisses des Klägers mangels vorheriger Abmahnung unwirksam ist. Weiterhin hat das Arbeitsgericht Bonn dem Kläger trotz der Einführung der sog. „einrichtungsbezogenen Impfpflicht“ ab dem 15.03.2022 und trotz der fehlenden Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises nach § 20a Abs. 2 Satz 1 IfSG einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn zugesprochen. Wie aber greift hier die einrichtungsbezogene Impfpflicht?
Den Richtern zufolge differenziert das Infektionsschutzgesetz danach, ob ein Arbeitnehmer bereits vor dem 15. März 2022 beschäftigt war oder erst danach. „Ausschließlich für ab dem 16. März 2022 neu eintretende Arbeitnehmer ist in § 20a Abs. 3 Satz 4 IfSG ein Beschäftigungsverbot ausdrücklich gesetzlich geregelt”, stellen sie klar. Für die bereits vor dem 15. März beschäftigten Arbeitnehmer, die keinen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen, bestehe dagegen nur eine Meldepflicht gegenüber dem Gesundheitsamt.
Die Behörde könne dann im Rahmen einer „ermessensgeleiteten Einzelfallentscheidung” ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot erlassen. Da der Kläger bereits vor dem 15. März 2022 bei der Beklagten beschäftigt war und ein behördliches Betretungs- und Tätigkeitsverbot für ihn nicht vorlag, war die Beklagte somit auch über den 15. März hinaus verpflichtet, dem Kläger Annahmeverzugslohn zu zahlen.
Arbeitsgericht Bonn
Az.: 2 Ca 2082/21
Urteil vom 18. Mai 2022
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