Karies ist schon lange nicht mehr das einzige große Problem bei Kinderzähnen. Denn auch die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH), sogenannte Kreidezähne, betrifft immer mehr Kinder. Allein 2019 litten deutschlandweit 230.000 Kinder darunter. Eine BARMER-Analyse zeigt, wo die Mineralisationsstörung in Deutschland am häufigsten vorkommt und welche Ursachen dafür anscheinend keine Rolle spielen.
Mindestens 230.000 Sechs- bis Neunjährige befanden sich 2019 wegen Kreidezähnen in zahnärztlicher Behandlung. Damit sind etwa acht Prozent der Kinder dieser Altersgruppe, die bei der BARMER versichert sind, von einem viel zu weichen Zahnschmelz betroffen. Allerdings könnte die Dunkelziffer deutlich höher liegen, denn leicht ausgeprägte Kreidezähne müssten nicht invasiv behandelt werden, so Dr. Ursula Marschall, Leitende Medizinerin bei der BARMER.
Die Analyse förderte aber noch ein anderes interessantes Ergebnis zutage: Es bestehen deutliche regionale Unterschiede, wo die MIH auftritt. Diese seien aber aus rein medizinischer Sicht unerklärlich. So sind den Zahlen der Analyse nach Kinder mancher Bundesländer doppelt so häufig betroffen wie in anderen Regionen Deutschlands. Für die Untersuchung suchte BARMER nach Mustern bei einer typischen Behandlung von Kindern mit MIH.
Kreidezähne: Verteilung betroffener Kinder unterschiedlich
Den Zahlen nach trifft es Nordrhein-Westfalen mit 10,2 Prozent an Sechs- bis Neunjährigen Kindern mit einer behandlungsbedürftigen MIH im Jahr 2019 besonders häufig. Der Anteil lag mit 5,5 Prozent in Hamburg am geringsten. Der Analyse zufolge findet man eine schwere MIH bei Heranwachsenden im Westen und Nordosten Deutschlands am häufigsten.
Die Untersuchung der einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte zeigte noch größere Unterschiede bei den Fallzahlen. Die geringste berechnete Prävalenz von 3,3 Prozent gab es in Memmingen, die höchste mit 14,7 Prozent in Kaiserslautern. Demnach würden die Daten ein regional extrem unterschiedliches Auftreten der Kreidezähne bei Kindern dieser Altersklasse belegen, so Marschall. Es sei jedoch kein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von MIH und der Verteilung der Zahnärzte in Stadt und Land erkennbar. Die Zahnarztdichte in einer Region habe offenbar auch keinen Einfluss auf die Häufigkeit der Erkrankung.
Erkrankung unabhängig vom Einkommen der Eltern
Als entscheidende Einflussgröße für das Auftreten von Kreidezähnen schien bisher immer das Einkommen der Eltern zu sein. Doch die Analyse liefert andere Daten. Denn sowohl Kinder aus einkommensstarken als auch aus einkommensschwachen Familien befanden sich wegen einer MIH in Behandlung. „MIH scheint auch bei Kindern aus wohlhabenden Elternhäusern häufiger aufzutreten. Dabei sind einige Studien bisher davon ausgegangen, dass Kinder aus einkommensschwachen Schichten besonders betroffen sind“, so Marschall.
Vertiefende Analysen zu möglichen Ursachen für das Auftreten von Kreidezähnen soll es laut BARMER im Zahnreport 2021 geben. „Gemeinsam mit Expertinnen und Experten verschiedener Fachrichtungen versuchen wir, den Ursachen für Kreidezähne weiter auf die Spur zu kommen“, erklärte Marschall. Dabei stellten die Daten der Auswertung ihrer Meinung nach eine wichtige Forschungsgrundlage dar, um Zusammenhänge zur Entstehung der Mineralisationsstörung enthüllen zu können.
Quelle: BARMER
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