Verfärbter Zahnschmelz, Schmerzen beim Essen und im schlimmsten Fall ein Verlust der Zähne: In den Zahnarztpraxen wird immer häufiger die Diagnose “Molar-Incisor-Hypomineralisation” (MIH) gestellt – auch unter dem Begriff “Kreidezähne” bekannt. Wissenschaftler vermuten: Ursache dafür könnte Bisphenol A (BPA) sein, das in Trinkflaschen und vielen anderen Gegenständen aus Plastik enthalten ist. Daher fordert die Verbraucherzentrale jetzt, den Stoff in Verpackungen und Geschirr zu verbieten.
Kreidezähne sind in Deutschland mittlerweile stark verbreitet: Bei Kindern unter 12 Jahren sind schon jetzt mehr als 30 Prozent betroffen, heißt es von der Deutschen Gesellschaft für Zahn- Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) – damit sei MIH eine neue Volkskrankheit. Zurückzuführen ist das Problem auf eine Mineralisationsstörung des Zahnschmelzes. Diese Störung kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Betroffen ist manchmal nur ein einzelner Höcker, manchmal aber auch die gesamte Oberfläche der Zähne. Die Schmerzen beim Trinken, Essen oder Zähneputzen, die damit verbunden sind, schränken die Lebensqualität der betroffenen Kinder deutlich ein. Außerdem sind die MIH-Zähne besonders anfällig für Karies. Die DGZMK empfiehlt daher eine intensive Prophylaxe und regelmäßige Untersuchungen beim Zahnarzt. Gut ist außerdem eine gründliche Fluoridierung – entweder in der Praxis oder zu Hause.
BPA als Ursache für Kreidezähne noch umstritten
Dabei ist MIH eine relativ neue Diagnose: Erst 1987 wurde die Krankheit erstmals wissenschaftlich beschrieben. Doch was ist die Ursache? US-Forscher haben schon 2013 einen Zusammenhang zwischen der Verwendung von BPA im Kleinkindalter und der Entwicklung von MIH hergestellt – das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist dagegen skeptisch. Denn auch Probleme während der Schwangerschaft, Infektionskrankheiten, Antibiotikagaben, Windpocken, Einflüsse durch Dioxine sowie Erkrankungen der oberen Luftwege sind als mögliche Ursachen für Kreidezähne im Gespräch.
Auch wenn der endgültige Beweis für einen Zusammenhang von BPA und MIH noch aussteht, fordert die Verbraucherzentrale jetzt aus Gründen der Vorsorge ein Verbot des Stoffs. Die Chemikalie beeinflusse den Hormonhaushalt und stehe im Verdacht, der Gesundheit zu schaden, erklärt Gudrun Köster, Expertin für Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. Und es sei schwer, sich davor zu schützen: „Dieser Stoff kann in Verpackungen, Geschirr oder von innen beschichteten Konservendosen enthalten sein. So kann BPA in Lebensmittel und damit in den Körper übergehen“.
Verbot in Babyflaschen
In Babyflaschen ist die Chemikalie in Europa bereits seit 2011 verboten. Ein Verbot für die Beschichtung von Thermopapieren soll 2020 folgen. Allerdings wird der Stoff häufig auch für Mikrowellengeschirr oder als Innenbeschichtung von Konserven- oder Getränkedosen verwendet. Eine Kennzeichnungspflicht gibt es nicht – allerdings könne der Recyclingcode 7 oder das Kürzel PC (Polycoarbonat) auf BPA hinweisen, verrät die Verbraucherzentrale: Wer BPA meiden wolle, solle besser zu Konserven im Glas und Geschirr aus Keramik oder Porzellan greifen. Chemikalien sollten nur noch dann in Lebensmittelverpackungen und Geschirr verwendet werden dürfen, wenn sie durch Studien als unbedenklich eingestuft wurden, fordern die Verbraucherschützer.
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