Einen trockenen Mund haben viele Patienten. Ihnen ist oft nicht bewusst, dass durch Mundtrockenheit weitere Probleme auftreten können. ZMP Birgit Thiele-Scheipers informiert über die Ursachen, Therapieansätze und wie Patienten das Problem vermittelt werden kann.
Die Ursachen für die Mundtrockenheit beim Patienten sind vielfältig, oft multifaktoriell. Gründe dafür können etwa Nebenwirkungen bei der Einnahme von Medikamenten sein. „Auch als Begleiterscheinung von systemischen Erkrankungen wie Diabetes kann es zu Oligosialie (verminderter Speichelfluss) oder Xerostomie (abnorme Mundtrockenheit) kommen“, erklärt Thiele-Scheipers. Weitere Risikofaktoren, die die Mundtrockenheit fördern, sind das Rauchen, zuviel Kaffee und hoher Alkoholkonsum. Zu der Mundtrockenheit-Risikogruppe gehören laut der Expertin zudem Schnarcher und Mundatmer. „Unzureichende Flüssigkeitszufuhr stellt ein weiteres Risiko dar“, so Thiele-Scheipers. Dabei gelte die Regel: ein Glas Wasser pro Stunde. Ebenfalls zu den Risikofaktoren gehören Stress, Angst oder Depressionen sowie generell Dehydration.
Bestrahlung als Faktor
Es komme insbesondere bei Patienten, die gerade eine Chemotherapie durchlaufen, oft zum Auftreten von Mundtrockenheit. Der Grund laut Thiele-Scheipers: „Bei Bestrahlungstherapien im Mundraum werden oft die Drüsenzellen der Speicheldrüsen geschädigt.“
Nicht so bekannt ist das Sjögren Syndrom, eine chronisch verlaufende Autoimmunerkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis und der Gruppe der Kollagenosen, bei der bestimmte Immunzellen besonders die Speicheldrüsen und Tränendrüsen angreifen und zu weiteren entzündlichen Veränderungen an inneren Organen und am zentralen Nervensystem führen können. Diese Erkrankung greift zudem die die Tätigkeit der Speicheldrüsen im Mundbereich (und anderen Körperbereichen) an. „Das Sjögren Syndrom wird oft erst spät erkannt und diagnostiziert“, erklärt Thiele-Scheipers.
In Ihrer Praxistätigkeit sieht die Prophylaxeexpertin Mundtrockenheit bei vielen Patienten mit systemischen Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Parkinson, Demenz sowie rheumatische Arthritis – oftmals als Nebenwirkung der dagegen eingenommenen Medikamente: Psychopharmaka, Antileptika, bestimmte Schmerzmittel und Antibiotika.
Eingeschränkte Lebensqualität durch Mundtrockenheit
Doch warum ist Mundtrockenheit überhaupt ein Problem? „Durch reduzierten Speichelfluss steigt nicht nur das Risiko für Mundgeruch (Halitosis), sondern auch für die Schädigung der Mundschleimhaut.“ Weitere Begleiterscheinungen, deren Risiko durch fehlenden Speichel steigen sind Mundinfektionen, Karies und Zahnfleischentzündungen, Schmerzen an den Schleimhäuten oder Schwierigkeiten beim Sprechen. Das ständige Bedürfnis etwas zu trinken, führe bei den Betroffenen zu emotionalen Belastungen und zu sozialen Ängsten. „Insgesamt wird die Lebensqualität durch Mundtrockenheit stark beeinträchtigt“, sagt Thiele-Scheipers.
Deshalb ist es notwendig, die Frage nach Mundtrockenheit mit in die Abfrage der Anamnese aufzunehmen. „Die meisten Patienten sprechen dieses Thema nicht von sich aus an und empfinden es zudem nicht als Problem oder Risiko“, weiß Thiele-Scheipers. Auch die Begleiterscheinungen wie Mundgeruch (Halitosis) werden nicht wahrgenommen oder ignoriert. Die Expertin überprüft in der Anamnese deshalb bei den Patienten die Anzeichen von Mundtrockenheit: Schleimhautbrennen, Aphten, das Gefühl einen trockenen Mund zu haben, Mundgeruch oder gerötetes Zahnfleisch.
Früh erkennen und behandeln
Die Patienten klagen zudem oft über eine klebrige Zunge, verlierende Geschmacksempfindungen, trockene Lippen und eingerissene Mundwinkel gegebenenfalls auch eine Candida-Besiedelung der Lippen. „Dass eine Erkrankung von Mundschleimhaut und Zähnen durch Mundtrockenheit verursacht wird, wird häufig nicht oder erst spät erkannt“, betont Thiele-Scheipers. Dabei sollte Mundtrockenheit möglichst früh diagnostiziert und effektiv behandelt werden, um die gefährlichen Effekte zu minimieren und die Lebensqualität zu erhalten.
Generell gilt, ist der Speichel nicht da, entstehen im Mund viele Probleme. Denn Speichel besitzt eine natürliche Schutzfunktion für die Schleimhäute, aber auch für die Zähne. Er dient der Remineralisation und wird auch flüssiger Schmelz genannt, da es zu einem natürlichen Austausch an Phoshat- und Calciumionen kommt, wenn die Speichelfließrate im Normalbereich ist. Das Enzym Lysozym, welches sich auch im Speichel befindet, stärkt durch seine antibakterielle Wirkung das Immunsystems.
Doch wie kann durch die Unterstützung der Prophylaxeexpertinnen die Problematik Mundgesundheit bekämpft werden? Zusammengefasst: Durch eine Kombination aus Prophylaxe, medikamentöser Einstellungen und Hausmitteln soll die Symptomatik gelindert und die Lebensqualität wieder hergestellt und Folgeerkrankungen vorgebeugt werden.
Halitosissprechstunde
Thiele-Scheipers empfiehlt den betroffenen Patienten deshalb regelmäßige Prophylaxe-Sitzungen im Intervall von drei bis sechs Monaten sowie möglichst eingeschränkter Genuss von Zucker und säurehaltigen Nahrungsmitteln. Auch der Besuch einer Halitosissprechstunde ist laut Expertin sinnvoll. Dabei können die flüchtigen Schwefelverbindungen mit einem Halimeter-Messgerät in der Praxis erkannt werden.
Bei der PZR oder Unterstützenden Parodontitis-Therapie (UPT) legt Thiele-Scheipers besonderen Wert auf die Anwendung von Spüllösungen, Fluoridierungen mit Schutzlacken oder Gelen sowie die Instruktion der häuslichen Mundhygiene-Maßnahmen und Mundhygienehilfsmittel. „Die Zungenreinigung sollte sowohl sowohl nach der Reinigung in der Praxis als auch regelmäßig zur häuslichen Mundhygiene erfolgen“.
Zahnpflegebonbons und viel Wasser
Fluoridierungsmaßnahmen mit Lacken und Gelen helfen gegen Kariesaktivitäten bei Patienten mit Mundtrockenheit. Zudem sollten individuelle, häusliche Mundhygienemittel in Betracht gezogen werden. Dazu gehören spezielle Präparate zur Befeuchtung und als Schutz der Mundschleimhaut und Reparatur anfänglicher Demineralisationen. Diese sogenannten Hydra-Produkte bestehen aus Zahnpasta, Mundspüllösung, Feuchtigkeitsspray und Feuchtigkeitsgel. Zusätzlich empfiehlt Thiele-Scheipers zuckerfreies, Xylit haltiges Kaugummi, das durch den Kauakt den Speichelfluss stimulieren soll oder das Lutschen zuckerfreier, xylithaltiger Zahnpflegebonbons, wodurch zusätzlich der pH-Wert im Mund neutralisiert wird. „Stimulierter Speichel ist mineralstoffhaltiger als Ruhespeichel. Seine Fähigkeit, Säuren zu neutralisieren, ist besonders hoch.“ Die Anwendung von zuckerfreien Zahnpflegekaugummis und -bonbons sei eine Ergänzung für eine effektive Oralprophylaxe bei Patienten mit vermindertem Speichelfluss, jedoch kein Ersatz für eine regelmäßige, gründliche Zahnreinigung und Mundhygiene.
Bei den Hausmitteln ist das wichtigste gleichzeitig das einfachste: trinken, trinken, trinken. Bis zu 2,5 Liter stilles Wasser oder ungesüßten Tee pro Tag sollten die Patienten trinken. Um auf diese Menge zu kommen, empfiehlt Thiele-Scheipers, sich Trinkoasen zu schaffen, immer ein Glas Wasser bereit zu stellen und sich Trinkrituale zu überlegen.
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