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Schwangerschaft und Parodontitis: Darauf müsst Ihr...

Das Ziel: Schwanger und Mundgesund

Schwangerschaft und Parodontitis: Darauf müsst Ihr achten

Die erste und wichtigste Maßnahme ist eine sorgfältige Mundhygiene.

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Während einer Schwangerschaft gibt es bei Patientinnen zahlreiche hormonelle und immunologische Veränderungen im Körper. Besonders wichtig für die Mundgesundheit ist dabei der dadurch bestehende Einfluss auf Entzündungsprozesse wie bei parodontalen Erkrankungen. Expertin DH Sophia Helinski zeigt, worauf es bei schwangeren Patientinnen zu achten gilt und welche Probleme es bei Schwangerschaft und Parodontitis geben kann.

Im Allgemeinen müssen alle Patientinnen und Patienten über eine gute Mundhygiene informiert sein und wenn man diese konsequent durchführt, macht man schon vieles sehr richtig. „Spätestens aber dann, wenn eine Frau bei uns in der Praxis auf dem Stuhl sitzt und sagt, dass sie schwanger ist, muss über die Zusammenhänge von Mundgesundheit und Schwangerschaft detailliert gesprochen werden“, erklärt Helinski, die in der Berliner Zahnarztpraxis „Die Praxis Mitte“ arbeitet.

Anamnese

Schön wäre es, wenn auf dem Anamnesebogen eine Frage zu dieser Thematik stehen würde, beispielsweise ob die Patientin schwanger ist oder ob ein Kinderwunsch besteht. Solche Fragen in der Anamnese erleichtern die Beratung der Patientin und bieten zudem einen Anknüpfungspunkt für solche Themen im Patientengespräch.

Die Expertin merkt auch bereits in ihrer eigenen Praxis, dass das Bewusstsein der schwangeren Patientinnen für die Wichtigkeit der Mundgesundheit kontinuierlich steige. „Dennoch muss die Aufklärung in den Zahnarztpraxen und auch bei den Gynäkologinnen und Gynäkologen noch besser werden, damit speziell in dieser heiklen Zeit, wenn der Körper mit so vielen anderen wichtigen Dingen beschäftigt ist, sich dieser nicht auch noch auf beispielsweise eine ,Zahnfleischentzündung‘ konzentrieren muss“, sagt die Helinski.

Schwangerschaft und Parodontitis: Es fehlt an Aufklärung

Generell fehle es bei es bei schwangeren Patientinnen noch an Aufklärung und sie kämen daher nicht regelmäßig in die Zahnarztpraxis. Im Mutterpass gebe es bislang auch noch keinen Hinweis auf die Wichtigkeit der Zahnpflege/Vorsorge. Das Thema komme manchmal erst während der Behandlung zur Sprache.

Denn, das wissen Experten bereits lange, der Zustand der Mundgesundheit ist eng mit den Vorgängen im ganzen Körper verbunden. Deswegen hätten Schwangere ein erhöhtes Risiko für Karies, Erosionen, Gingivitis und Parodontitis. Helinski: „Das Schlimme ist, dass diese Erkrankungen Einfluss auf den Verlauf der Schwangerschaft und die Entwicklung des ungeborenen Kindes haben können.“

In den meisten Fällen ist bei schwangeren Patientinnen eine vermehrte Blutung des Zahnfleisches vorhanden, was wahrscheinlich durch den erhöhten Östrogen- und Progesteronspiegel verursacht wird. Um potenziellen Risiken vorzubeugen, empfiehlt Helinski, dass Schwangere in der Zahnarztpraxis frühzeitig mitteilen, wenn sie schwanger sind. Dann könne speziell auf die Risikofaktoren für Mutter und Kind eingegangen werden. Kontrolltermine und Prophylaxetermine in der Zahnarztpraxis können zudem während einer Schwangerschaft häufiger notwendig sein als gewohnt.

Schwangerschaftsrisiken

In der Anamnese müsse ebenso darauf geachtet werden, ob die schwangere Patientin irgendwelche Grunderkrankungen hat, die potenzielle Schwangerschaftsrisiken erhöhen könnten, wie z. B. Diabetes.

Außerdem müsse eine spezielle Schwangerschaftsanamnese durchgeführt werden, damit festgestellt werden kann, ob die Patientin beispielsweise häufig erbricht. Dies ist wichtig in Bezug auf die Belastung der Zähne durch die Magensäure und der damit verbundenen Zahnhartsubstanzdefekte (Erosionen). Zusätzlich ist eine detaillierte Ernährungsberatung zu empfehlen, da sich Essgewohnheiten während einer Schwangerschaft ändern können.

Die Hormonumstellung während der Schwangerschaft habe, wie Helinski bereits betonte, Auswirkungen auf das Zahnfleisch. Das Zahnfleisch werde stärker durchblutet, dadurch sei es weicher und möglicherweise auch angeschwollen. Bakterien können sich in dieser Zeit deutlich schneller und leichter ansiedeln und zu Entzündungen führen. Vermehrtes Zahnfleischbluten ist in den meisten Fällen das erste Anzeichen einer Zahnfleischentzündung (Schwangerschaftsgingivitis).

Kostet jedes Kind einen Zahn?

Schwangere, bei denen bereits eine Parodontitis festgestellt wurde, können zudem einen progressiveren Verlauf der Erkrankung haben. Wenn die Patientin nicht über eine sehr gute Mundhygiene verfüge und die Parodontitis durch eine Dentalhygienikerin oder andere Prophylaxefachkraft regelmäßig behandelt und kontrolliert werde, können sich in letzter Konsequenz die Zähne lockern oder ausfallen. Dann stimme der weit verbreitete Mythos: „Jedes Kind ein Zahn“.

Bekämpfung der Bakterien

Da es in den meisten Fällen bakterielle Zahnbeläge sind, die die parodontalen Entzündungen bei schwangeren Patientinnen auslösen, sei die erste und wichtigste Maßnahme eine sorgfältige Mundhygiene. „Die gezielte Bekämpfung der schädlichen Bakterien im Mund ist dann die zentrale Behandlungsstrategie, um das Problem schnell in den Griff zu bekommen“, erklärt die Dentalhygienikerin.

Helinski empfiehlt deshalb eine sorgfältige Prophylaxe zur Entfernung der harten und weichen Zahnbeläge, eine spezielle Abfrage der Anamnese und Hilfestellung für die häuslichen Pflegeinstruktionen mit Anleitung der Putztechnik, Hinweisen für die Interdentalpflege und gegebenenfalls spezielle Pflegeprodukte für die schwangere Patientin.

Während der Prophylaxebehandlung geht die Expertin Sophia Helinski individuell vor. „Je nach Patientin und Schweregrad der parodontalen Erkrankung verwende ich entweder Handinstrumente, wie Scaler, Küretten oder maschinelle Instrumente, wie ein beispielsweise Ultraschallgerät.“

DH Sophia Helsinki

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Im ersten Trimenon und in der letzten Hälfte des dritten Trimenon sollten keine zahnärztlichen Wahleingriffe vorgenommen werden. Eine Schmerztherapie sollte in jedem Fall durchgeführt werden, da die Stresssymptomatik unter Schmerzen einen ungünstigeren Einfluss auf Mutter und ungeborenes Kind nehmen kann als die negativen Folgen einer Behandlung.

Für die konsequente häusliche Mundhygiene sei unerlässlich, dass morgens und abends mindestens zwei Minuten Zähne geputzt werden und zusätzlich einmal am Tag die Zahnzwischenräume mit speziellen Interdentalbürsten und/oder Zahnseide gereinigt würden. Außerdem können schwangere Patientinnen noch auf verschiedene Pflegeprodukte und Hausmittel ohne Alkohol zurückgreifen. „Ein Tipp, den ich meinen Patientinnen gebe, ist das Öl ziehen.“

Online informieren

Die parodontalen Fachgesellschaften haben sich auch bereits mit diesem Thema beschäftigt. Von der europäischen Fachgesellschaft für Parodontologie (EFP) gibt es sogar eine eigene Internetseite für dieses Thema mit Informationen für Behandler und Patientinnen: www.oralhealthandpregnancy.efp.org.



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