Traditionell im Herbst lädt die Bundeszahnärztekammer die Zahnärzte nach Frankfurt ein, wo der jährliche Deutsche Zahnärztetag stattfindet. Neben dem Hauptprogramm gab es auch 2014 wieder spannende Inhalte für das Praxisteam. Im Seminarzentrum der Fortbildungsakademie Zahnmedizin Hessen ging es in Vorträgen und Hands-on-Workshops unter anderem um Prophylaxe für Mutter und Kind, Alterzahnmedizin und Prävention sowie die PZR. Die Veranstaltung war trotz des großen Bahnstreiks gut besucht und auch die team-Redaktion war vor Ort.
„In der Schwangerschaft kann man ja nichts machen“ – diese Vermutung halte viele Schwangere davon ab, zum Zahnarzt zu gehen, stellte ZMP Stefanie Kurzschenkel (Foto links unten), Hanau, bei ihrem Vortrag „Prophylaxe für Mutter und Kind“ fest. Dabei sei es optimal, wenn Schwangere alle zwei bis drei Monate in die Praxis kommen würden. Schließlich sei eine schwangere Frau – vorausgesetzt dass bei der Schwangerschaft alles normal verläuft – keine Risikopatientin. Lediglich chirurgische Eingriffe sollten nach Möglichkeit im ersten und dritten Trimenon vermieden werden. „Im dritten Schwangerschaftsmonat sollte eine zahnärztliche Untersuchung stattfinden, gegebenenfalls auch eine PZR durchgeführt werden, um Schwangerschaftsgingivitis und Karies vorzubeugen“, sagte Kurzschenkel.
Im dritten Trimenon sei die Schwangerschaftsgingivitis am stärksten ausgeprägt. Hier reagiere der Körper durch die Hormone deutlich schneller auf den Bakterienstoffwechsel. „Es liegt meist eine leichte Ausprägung der Gingivitis vor, in 20 Prozent der Fälle kann sie aber recht deutlich ausfallen“, erklärte Kurzschenkel. Auch leichte Defizite in der häuslichen Mundpflege könnten hier schon Auswirkungen haben. Daher sei die Aufklärung ein wichtiger Teil der Schwangerschaftsprophylaxe. Die Erfahrung zeige, dass mehr Kinder mehr Stress bedeuteten und die Mutter weniger Zeit für sich selbst habe. Bei abendlicher Müdigkeit sollten die Zähne beispielsweise einfach eher geputzt werden, damit das Zähneputzen nicht aus Bequemlichkeit später komplett entfällt. Die in den meisten Fällen auftretende Übelkeit und einhergehendes Erbrechen bringe eine Erosionsproblematik an den Zähnen mit sich. „Hier entstehen dann durch zu häufiges Putzen Probleme – man sollte den Mund lieber zunächst ausspülen und dann erst nach 30-60 Minuten die Zähne putzen“, sagte Kurzschenkel. Drei mal zwei Xylit-Kaugummis am Tag würden auch weiterhelfen. Hier seien allerdings die „100%-Produkte“ aus der Apotheke eher empfehlenswert als Discounterware.
Für die häusliche Zahnpflege seien zudem weiche Zahnbürsten ratsam, oder sensitive Aufsätze für elektrische Zahnbürsten – Nutzer einer elektrischen Zahnbürste sollten bei akuter Gingivitis jedoch für diesen Zeitraum auch lieber zur Handzahnbürste greifen. Die Einnahme von Fluorid sei jedenfalls nicht problematisch – „Fluorid dringt nicht durch die Plazenta, daher ist Fluoridierung bei Schwangeren möglich. Während der Stillzeit sollte die Patientin sich allerdings lieber mit dem Behandler absprechen“, riet Kurzschenkel. Bei der Ernährung sollte während der Schwangerschaft „Qualität vor Quantität“ gelten. Eine allgemeine ausgewogene Ernährung sei wichtig.
Alte Menschen in der Praxis
Prof. Dr. Reiner Biffar von der Universität Greifswald befasste sich mit dem richtigen Umgang der Gruppe älterer Patienten in der Praxis. Aufgrund der vorhersehbaren demografischen Entwicklung in Zukunft werden diese Patienten immer relevanter. „Wenige junge müssen für viele alte da sein. Wir müssen lernen, mit Einschränkungen des Geistes und des Bewegungsapparates umzugehen und richtig zu reagieren“, erklärte Biffar und nannte viele praktische Hinweise, um alten Menschen die Mundhygiene und den Besuch in der Praxis zu erleichtern. Bei Rheumaerkrankungen fiele es beispielsweise vielen alten Patienten schwer, die Zahnpflege-Hilfsmittel richtig zu greifen. Biffar empfahl den Teilnehmern, eine Zahnbürste beispielsweise in einen Tennisball zu stecken oder den Griff mit Silikon zu modifizieren. Dies ermöglicht ein besseres Greifen. Bei der Prothesenhygiene seien Nagelbürsten eine gute Wahl. Außerdem solle den Patienten empfohlen werden, bei der Reinigung des Zahnersatzes das Waschbecken mit Wasser zu füllen oder einen Waschlappen oder Handtuch dort zu platzieren – wenn die Prothese dann aus der Hand rutscht, geht sie nicht gleich kaputt, sondern der Aufprall wird abgefedert.
Bei Menschen mit schlechtem Gehör solle auf gegebenenfalls in der Praxis laufende Hintergrundmusik verzichtet werden. „Beim Gespräch müssen wir Auge in Auge mit den Patienten kommunizieren, auch der Mundschutz muss für diesen Moment heruntergezogen werden – viele, die nicht gut hören, schauen ihrem Gesprächspartner auf den Mund, um die Lippenbewegungen zu deuten“, erklärte Biffar. Nach einer Instruktion solle man bestenfalls nicht fragen „Haben Sie alles verstanden“, denn die Antwort sei immer „Ja“. Man müsse den Gesprächspartner dazu auffordern, das Erklärte noch einmal zu wiederholen – nur so sei eine Kontrolle möglich, ob das Vermittelte tatsächlich angekommen sei. Ein konfektionierter Hörverstärker in der Praxis könne ebenfalls zur Erleichterung der Kommunikation dienen.
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