Warum die Prophylaxe generell, besonders aber vor, während und nach einer kieferorthopädischen Behandlung wichtig für den Erhalt der Mundgesundheit ist und wie sie durch eine konsequente häusliche Mundhygiene ergänzt werden sollte, zeigt ein Patientenfall von Dr. Alexander Groddeck aus Delmenhorst.
Festsitzende Apparaturen stellen für Patienten ein deutlich höheres Kariesrisiko dar: Die Oberfläche ist durch die Brackets und Bänder vergrößert. Gerade die Nischen dazwischen sowie die Flächen unterhalb des Drahts sind schwer zu reinigen – Plaque kann sich dort besonders hartnäckig festsetzen.
Darüber hinaus besteht die Gefahr von Demineralisierungen unter den Brackets oder den Attachments, die in einer Schienenbehandlung zum Einsatz kommen. Eine professionelle Prophylaxe ist daher vor, während und nach einer kieferorthopädischen Behandlung für die Erhaltung der Mundgesundheit aus Sicht von Kieferorthopäden unbedingt erforderlich. Unterstützt wird diese durch eine optimale häusliche Mundhygiene. Um sie von Anfang an zu fördern und zu erhalten, gilt es Patienten zu entsprechenden Verhaltensweisen zu motivieren. Da sind sowohl der Kieferorthopäde als auch die ZMP gefragt. Dabei sollte die ZMP wie ein Personal Trainer arbeiten – das heißt vor allem Empathie und Engagement zeigen. Dazu gehört auch, mit dem oft jugendlichen Patienten auf Augenhöhe zu kommunizieren. Bei noch jüngeren Patienten sollten ebenso die Eltern mit ins Boot geholt werden.
Welches Hilfsmittel passt zur Prophylaxe in der KFO?
Grundsätzlich steht bei der Mundhygiene immer die mechanische Reinigung von Zähnen und Apparaturen im Vordergrund. Dafür eignen sich zahlreiche unterschiedliche Hilfsmittel: Handzahnbürsten, elektrische Zahnbürsten, Interdentalbürsten für die Reinigung der Approximalräume sowie unter den Drähten und Bändern, Superflosszahnseide oder elektrische Geräte (z. B. AirFloss), die die Zahnzwischenräume mittels Micro-Burst-Technologie von Plaque befreien. Diese Geräte können zusätzlich mit fluoridierten, antibakteriell wirkenden Mundspüllösungen befüllt werden.
Ein Fall von schlechter Hygiene
Wichtig ist es, die für den jeweiligen Patienten passenden Instrumente und Hilfsmittel herauszufinden, denn nur wenn der Patient diese auch konsequent benutzt, erzielen wir den gewünschten Effekt. Dies zeigt auch der nachfolgend beschriebene Fall.
Als die 17-jährige Patientin sich in der Praxis vorstellte, ergaben die klinische Untersuchung und das Röntgenbild folgende Diagnose: konservierend versorgtes bleibendes Gebiss, Anlage 18, 28 und 38 im hoffnungslosen Platzmangel, plumpe Kondylen, Septumdeviation, im Oberkiefer Dreh-, Eng- und Kippstände in der asymmetrisch proklinierten Front, dezenter Platzmangel in den Stützzonen, Drehung und Kippung im Seitenzahnbereich. Im Unterkiefer zeigten sich Dreh-, Eng- und Kippstände in der Front, ein dezenter Platzmangel in den Stützzonen, Rotation und Kippung im Seitenzahnbereich.
Wegen eines viszeralen Schluckmusters erhielt die Patientin eine Überweisung zum Logopäden. Außerdem wurde sie zunächst mit einem Twinblock (funktionskieferorthopädisches Gerät zur Reduzierung der sagittalen Stufe) versorgt. Auffällig war jedoch ihre unzureichende Mundhygiene (Abb. 1 und 2). Gemeinsam mit der Mutter wurde ein ausführliches Gespräch dazu geführt – die Situation besserte sich jedoch nur leicht und verschlechterte sich im weiteren Behandlungsverlauf wieder. Dies wurde jeweils sehr ausführlich dokumentiert und mit der Patientin besprochen. Außerdem wurde sie gebeten, ihre Zahnbürste mit in die Praxis zu bringen. Dazu erhielt sie Instruktionen zur geeigneten Putztechnik sowie zur Anwendung von Interdentalbürsten.
Patientenfall in Bildern: 17-Jährige mit festsitzender Apparatur
Zähneputzen muss Spaß machen
Der Durchbruch in Sachen Mundhygiene gelang jedoch erst mit der Empfehlung einer Schallzahnbürste (Philips Sonicare FlexCare Platinum). Der Spaß beim Umgang mit diesem technischen Hilfsmittel steigerte die Motivation zur regelmäßigen Mundhygiene um ein Vielfaches. Und auch im Ergebnis war die Reinigung deutlich effizienter. Tatsächlich wurde in Studien und einer Meta-Analyse bereits nachgewiesen, dass Schallzahnbürsten in der Lage sind, die Zähne deutlich besser von Plaque zu befreien als eine herkömmliche Handzahnbürste. Mit ihren 31.000 Seitwärtsbewegungen erzeugen sie eine dynamische Flüssigkeitsströmung und unterstützen so die Reinigung auch an schwerer zugänglichen Stellen wie Zahnzwischenräumen oder im Umfeld von Brackets. Da dieser Ansatz zur Optimierung der häuslichen Mundpflege evidenzbasiert ist, können wir unseren Patienten solche Geräte also mit gutem Gewissen empfehlen.
Die Patientin hatte bisher eine herkömmliche Handzahnbürste benutzt, deshalb wurde sie ausführlich in die Verwendung der Schallzahnbürste eingewiesen. Denn auch bei ihr kommt es auf die richtige Putztechnik an: So muss beispielsweise eine Philips Sonicare horizontal zu den Zähnen gehalten werden (vgl. Bild oben). Außerdem kommt es auf die Bewegungen an, die man damit ausführen sollte, und den richtigen Andruck, den man dabei ausübt – zu viel schadet dem Zahnfleisch.
Die Patientin war begeistert, und schon bei der nächsten Kontrolle war eine deutlich verbesserte Mundhygiene festzustellen (Abb. 3 und 4). Es fanden sich keine Zahnbeläge mehr auf den geputzten Zähnen, die Gingiva zeigte sich komplett reizlos – und der optische Gesamteindruck war äußerst positiv. Allerdings muss man einräumen, dass die Patientin im Laufe der Behandlung älter und damit zugänglicher für Vorschläge geworden war. Sie merkte inzwischen selbst, dass sie gut mit der technischen Variante zurechtkam. Und mit dem entsprechenden Lob von uns blieb ihre Motivation anhaltend hoch.
Fazit: Der Respekt vor Spangen, Klammern und Brackets mag groß sein, doch die Ergebnisse einer kieferorthopädischen Behandlung inklusive intensiver Prophylaxe und optimaler häuslicher Mundhygiene sind sowohl für die Patienten als auch für das Praxisteam immer wieder schöne Erfolgserlebnisse.
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