Maschinelles Biofilmmanagement rückt aufgrund der technischen Entwicklungen der vergangenen Jahre in der Prophylaxe immer mehr in den Fokus. Wir sprachen mit der Expertin DH Nicole Böhm über die Möglichkeiten und Grenzen.
Maschinelles Biofilmmanagement – insbesondere in der Unterstützenden Parodontitis- und Implantattherapie – ermöglicht den Prophylaxefachkräfte eine schonende Herangehensweise. Und das oberste Ziel sei es nun einmal, in der Prophylaxe die Substanzverluste zu begrenzen und indikationsbezogene Instrumente zu verwenden, betont Nicole Böhm. Die Dentalhygienikerin und Praxistrainerin leitet die Prophylaxe-Abteilung der Zahnarztpraxis Miroslav Ondracek und Dr. Silke Holderrieth in Lauffen am Neckar. Dort ist sie täglich sowohl mit dem manuellen als auch dem maschinellen Biofilmmanagement beschäftigt.
Welche Antriebsform für maschinelles Biofilmmanagement?
Generell gilt, wer sich für maschinelles Biofilmmanagement interessiert, sollte die unterschiedlichen Antriebsformen kennen:
- Die Schallinstrumente werden druckluftbetrieben. Ein Hohlzylinder im Inneren des Handstücks wird durch den Luftstrom zur Rotation gebracht, diese Rotation bewegt die Arbeitsspitze und schwingt mit bis zu 8000 Schwingungen pro Sekunde kreisförmig je nach Geometrie der Spitze. Diese Schwingungen arbeiten immer gleichbleibend.
- Beim magnetostriktiven Verfahren ist die Arbeitsspitze mit einem Lamellenbündel verbunden. Es werden wechselnde Energiefelder erzeugt und es resultiert eine ellipsoide Schwingung der Arbeitsspitze.
- Piezoelektrische Geräte erzeugen ihre Schwingungen durch einen Quarzkristall. Die Arbeitsspitzen der Geräte arbeiten in einer linearen/vertikalen Richtung.
Kombination mit Handinstrument
Böhms Erfahrungen zeigen, dass das subgingivale Arbeiten sich durch die grazilen Arbeitsspitzen enorm verändert hat. „Durch die unterschiedlichen Ansätze sitzt der Wasserauslass der Arbeitsspitze tiefer. Es kommt somit zu einer besseren Kühlung. Furkationen können größtenteils damit auch besser gereinigt werden“, erklärt die Expertin. In der Periimplantitistherapie würden sich Kunststoffverbundspitzen eignen.
Die Dentalhygienikerin setzt die maschinelle Instrumentierung immer in Kombination mit der manuellen ein. „Es gibt Stellen mit die man mit einem Ultraschallgerät besser erreichen kann, wie etwa Furkationen. Durch Technik und Konzept werden die Wurzeloberflächen sehr kleinteilig gereinigt, hier können dann möglicherweise noch kleine Inseln zurück bleiben, die mit Handinstrumenten nachgearbeitet werden können.“ Böhm betont, dass man mit Handinstrumenten ein taktileres Empfinden habe.
Klar sei aber auch, dass Zahnstein und Konkremente sich sehr gut maschinell entfernen lassen – und das ohne großen Substanzverlust und ohne Druck ausüben zu müssen. Weiterer Pluspunkt: Eine kontinuierliche Spülung des Arbeitsfeldes sorgt für ein gutes Sichtfeld.
Der Vorteil bei der Arbeit mit Schall- und Ultraschallinstrumenten ist für Böhm der Kavitationseffekt. Dabei entstehen kleine Bläschen, die in sich implodieren und zu einer Zerstörung der bakteriellen Zellwände und des Biofilms führen. Durch die kontinuierliche Spülung der Zahnfleischtasche ergeben sich auch hier eine reduzierte Blutung sowie eine bessere Sicht des Arbeitsfeldes.
Maschinelles Biofilmmanagement ist gewebeschonender
Ein weiterer Pluspunkt gegenüber Handinstrumenten seien die sehr grazilen Ansätze. „Dadurch ist es möglich, tiefer in die zu behandelnden Zahnfleischtaschen einzudringen. Durch die geringe Amplitude ist ein gewebeschonendes Arbeiten möglich“, sagt Böhm.
Auch mit piezoelektrischen oder magnetostriktiven Geräten hat die Dentalhygienikerin bereits gearbeitet. Dabei sei es wichtig, dass man für den entsprechenden Arbeitsbereich auch die passenden Arbeitsspitzen verwende. „Es ist nicht möglich, mit nur einer Spitze um den Zahn herum zu reinigen“, erklärt sie. Es gebe nach links und rechts gebogene Spitzen, mit denen man die entsprechenden Flächen reinige.
Das Besondere an magnetostriktiven Arbeitsspitzen ist, dass diese mit einem Bündel aus Metalllamellen verbunden sind. Durch die entstehenden Schwingungen kommt es zu einem ellipsenförmigen Schwingungsmuster, d.h. die Arbeitsspitzen sind vorne und seitlich aktiv und können so besser schonend genutzt werden – etwa in Engständen. Die Amplitude lässt sich zudem an einem Drehregler reduzieren.
Arbeiten mit Systematik
Bei den piezoelektrischen Geräten arbeitet die Spitze gradlinig und linear, d. h. die Arbeitsspitze wird nur in einer Ebene aktiviert – vor und zurück, so können nur beide seitlichen Flächen zur Reinigung genutzt werden. „Hier ist Vorsicht geboten, da die Spitze auf keinen Fall in Richtung der Zahnflächen gestellt werden darf. Es kann zu sichtbaren Verletzungen der Wurzeloberfläche kommen“, warnt Böhm. Eine Kontraindikation bei beiden Systemen sei, dass Patienten, die einen Herzschrittmacher tragen, nicht damit behandelt werden dürfen.
Für die Arbeitsweise mit maschinellen Instrumenten hat Böhm auch einige Tipps parat. Wichtig sei es, mit einer Systematik zu arbeiten: „Ich beginne im ersten Quadrant vestibulär bis zum Prämolaren, dann bearbeite ich palatinal den zweiten Quadranten – setze mich um und arbeite am zweiten Quadranten vestibulär und im ersten Quadranten palatinal. Zuletzt kommt die Oberkiefer-Front dran. So gehe ich im Unterkiefer auch vor. Wenn ich subgingival arbeite, teile ich mir den Zahn wie ein Schachbrett auf – in horizontale, vertikale und schräge Bewegungen. Man muss die Wurzel-oberfläche kleinteilig bearbeiten und sich auch bei der maschinellen Reinigung ausreichend Zeit lassen.“
Außerdem seien die richtige Körperhaltung, die Sitzposition des Patienten, die Haltung und Abstützung des Instrumentes im Zusammenspiel mit der richtigen Absaugtechnik sehr wichtig. Böhm empfiehlt, das Instrument im modifizierten Federhaltegriff zu führen. „So hat man eine stabile Abstützung über den Ringfinger im Munde des Patienten am Kiefer.“ Der Kopf des Patienten könne nach rechts oder links gedreht werden.
Pulver in der Erhaltungstherapie
Auch Luft-Pulver-Wasserstrahlgeräte kommen bei Böhm zum Einsatz. Hier kommt es für die Dentalhygienikerin auf das richtige Pulver an. Sie arbeitet in ihrer Praxis gerne mit Glycin oder Erythritol-Pulver. Diese seien niedrig abrasiv, wasserlöslich und schmecken angenehm süß – ein Vorteil für den Patienten.
Durch die geringe Korngröße beider Pulver seien kaum Schädigungen der Zahnhartsubstanz oder an Restaurationen zu erwarten. Beide Pulversorten können subgingival angewendet werden. Böhm: „Für mich sind die Pulver in der parodontalen und periimplantären Erhaltungstherapie nicht mehr wegzudenken und eine wesentliche Erleichterung im Praxisalltag.“
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