Volkskrankheit Parodontitis heißt es immer öfter in den Medien. Das zeigt auch, dass Zahnarztpraxen zukünftig verstärkt Patienten mit parodontalen Entzündungen versorgen müssen. Der Weg zur parodontalen Stabilität für diese Patienten funktioniert nur in Zusammenarbeit mit der Zahnarztpraxis und mit einem guten Konzept.
Parodontale Probleme bei Patienten sind weit verbreitet. Entzündetes Zahnfleisch macht sich durch typische Symptome bemerkbar. Während gesundes Zahnfleisch rosa ist, fest am Zahn liegt und nicht blutet, sind mögliche Symptome einer Gingivitis: Rötung und Schwellung des Zahnfleisches, Zahnfleischbluten oder Mundgeruch.
Für Praxen, die Patienten mit parodontalen Problemen behandeln, ist vor allem eine strukturierte Vorgehensweise wichtig, die individuell auf den einzelnen Patienten abgestimmt ist, wie DH Heike Wilken betont. Die Leiterin der Prophylaxeabteilung in der Praxis für Zahn‧erhaltung von Dr. Wolfgang Westermann in Emsdetten hat täglich mit Paro-Patienten zu tun. Ihr Chef ist Fachzahnarzt für Parodontologie und ein absoluter Experte auf diesem Gebiet.
Parodontalstatus erheben
„Im Recall erheben wir bei parodontal gesunden Patienten einmal jährlich den Parodontalstatus, bei parodontal erkrankten Patienten zweimal jährlich“, erklärt Wilken. „Folgende Parameter nehmen wir dafür standardmäßig auf: Sondierungstiefe (sechs Stellen pro Zahn), Bleeding on Probing (BOP), Beweglichkeit, Rezessionen, Furkationen, Plaqueindex, Mobilität und Röntgenbilder (alle zwei Jahre).“
Hinsichtlich der Zeiträume und Intervalle gebe es keine Studie, die einen Leitfaden dazu bereitstelle, wie oft ein Parodontalstatus angefertigt werden sollte. „Bei uns hat sich das zuvor beschriebene Vorgehen bewährt, da wir so sehr schnell und frühzeitig in der Lage sind, auf Veränderungen zu reagieren. Individuellen Risikofaktoren können wir so professionell entgegenwirken.“
Nach der Statuserhebung werden die Zähne angefärbt. Dies sei hilfreich, um häusliche Mundhygienedefizite zu besprechen und die Situation zu dokumentieren. Danach erfolge die Reinigung.
Standardisieren
Durch die Standardisierung der Prophylaxesitzung sei gewährleistet, das unabhängig davon, welche Kollegin die Behandlung durchführe, immer nach den gleichen Abläufen behandelt werde. „Die Sitzung wird aber dennoch individuell auf den Patienten zugeschnitten und nimmt rund eine Stunde Zeit in Anspruch“, sagt Wilken.
Auch verschiedene Patientengruppen würden durch dieses Konzept berücksichtigt. „In jeder Altersgruppe wird der Fokus auf andere Probleme gerichtet. Kinderzähne brauchen besondere Pflege, deshalb müssen die Milchzähne und der Wechsel professionell begleitet werden.“ In Emsdetten wird beispielsweise mit dem Programm ParoStatus.de gearbeitet. So könne jede Altersgruppe individuell betreut werden – vom Kleinkind bis zum Senioren. Im Kindesalter liegt der Fokus unter anderem auf Karies, Fluoridnutzung und Häufigkeit der Zuckerimpulse. Bei Teenagern liegt der Fokus auf Karies, aber auch auf Erosionen. Wilken: „Die Behandlungsdauer orientiert sich an dem Alter der Patienten, beträgt etwa 30 bis 45 Minuten. Da gilt es von Anfang an die Kinder und Eltern mit ins Boot zu holen.“
Bei den Erwachsenen sei der Fokus auf Karies und Parodontitis, aber auch Erosionen gerichtet. Und bei den Senioren kann der Fokus auf Wurzelkaries, Mundtrockenheit und Parodontitis gerichtet sein. Genau deshalb seien individuelle Empfehlungen und ein gut organisiertes Prophylaxekonzept enorm wichtig.
Orale Mikroflora
Ebenso individuell sind die Mundhygienempfehlungen für die Patienten zu Hause. „Bewährt haben sich Interdentalraumbürstchen, weil sie einfach zu handhaben sind. Auch bei der Zahnpastenempfehlung achte ich besonders darauf, dass die Wirkstoffe in der Paste den individuellen Problemen des Patienten angepasst sind.“ Bei Patienten mit parodontalen Problemen haben sich laut Wilken Mineralsalze bewährt. Sind die Zahnhälse überempfindlich, können Pasten mit Kaliumnitrat oder Pro Arginin hilfreich sein.
Wilken weiß aber auch, dass aktuelle Erkenntnisse eindeutig zeigen, dass Karies und Parodontitis nicht, wie lange angenommen, primär durch mangelhafte Mundhygiene ausgelöst werden, sondern durch eine krankheitsfördernde Veränderung der Zusammensetzung der oralen Mikroflora. Ursache für diese Veränderungen können Faktoren wie falsche Ernährung, Stress, Rauchen und mangelnde körper‧liche Aktivität sein. „Ziel moderner präventiver Zahnheilkunde ist daher nicht der hundertprozentig plaquefreie Zahn, sondern die dauerhafte Etablierung einer gesundheitskompatiblen oralen Mikroflora“, sagt Wilken. Dieses Ziel könnten Patienten durch eine Veränderung im Lebensstil unterstützen: etwa durch vielseitige Ernährung, Bewegung und Rauchverzicht.
Ergänzung durch Probiotika
„Wie ich aus eigener Erfahrung weiß, ist es äußerst schwierig, Patienten von der Veränderung des Lebensstils nicht nur zu überzeugen, sondern sie dazu zu bringen, diesen auch dauerhaft beibehalten. Deshalb sind Prophylaxekonzepte weiter sehr wichtig. Sie können aber sinnvoll ergänzt werden. Zum Beispiel durch den regelmäßigen Einsatz sogenannter Probiotika.“
In der Gemeinschaftspraxis von Dr. Thorsten Kleinert in Berlin hat sich als wirksam und nebenwirkungsfrei in der PA-Therapie auch die kaskadenfermentierte Regulatessenz erwiesen. Dort wurde beispielsweise in einer Regulatpro Dente-Studi In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass die Regulatessenz stark antientzündlich wirkt. Die Studie wurde zusammen mit Dr. von Baehr vom Institut für Medizinische Diagnostik (IMD) durchgeführt. Kleinert: „Um die Keimflora in der Mundhöhle zu beeinflussen, haben wir Regulatpro Dent regelmäßig bei unseren Patienten eingesetzt.“ Es wirke bakterizid und sorge dafür, dass der Biofilm zu einem aeroben, positiven Mileu verschoben werde.
In der Beobachtungsstudie konnte Paro-Experte Kleinert feststellen, dass das Verfahren auch als alleinige Maßnahme dazu führt, dass die Bakterien in der Mundhöhle reduziert werden und gleichzeitig auch eine Taschentiefenreduktion bei den Patienten nachzuweisen war.
Hohe Anforderungen
Neben unterstützenden Therapieformen legt man in der Praxis von Dr. Westermann besonderen Wert auf die Anleitung der Patienten in der häuslichen Mundhygiene. Das stelle oft hohe Anforderung an Patient und Hilfsmittel, wie Wilken weiß. Besonders wichtig sei, dass der Patient mit der Empfehlung gut zurechtkomme. Bei den Zahnbürsten – egal ob elektrisch oder Handzahnbürste – seien weiche Filamente das Mittel der Wahl. „Hinsichtlich der Antriebsart scheint es so zu sein, dass eine Schallzahnbürste sich eher für Patienten eignet, die zu den Putzmuffeln zählen.
Schallaktive Zahnbürsten sind leichter in der Handhabung. Runde Bürstenköpfe der oszillierend-rotierenden Zahnbürsten sind eher für Patienten geeignet die in Ruhe jeden einzelnen Zahn putzen“, sagt Wilken. Generell gilt in der Behandlung von PA-Patienten: Struktur und ein gutes Konzept haben positive Auswirkungen auf das Therapieziel: den langfristigen Erhalt der Zähne.
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