Die Adhärenz bezeichnet das „Ausmaß, in dem das Verhalten eines Patienten mit den Empfehlungen übereinstimmt, die er von einer Person aus dem Gesundheitsbereich erhalten und mit denen er sich einverstanden erklärt hat“ (WHO, 2003). Im Gegensatz zur Compliance beschreibt die Adhärenz ein eher partnerschaftliches Verhältnis. Behandler und Patient kommen gleichrangig zu einer Vereinbarung, respektive einem definierten Therapieziel.
Auch in der Zahnmedizin stehen wir regelmäßig vor der Frage, wie wir die bestmögliche Patientenadhärenz erzielen können. Gerade der Teil des zahnärztlichen Teams, der sich mit Prävention und Erhaltungstherapie befasst, etwa die Dentalhygieniker, sieht sich häufig mit dieser Situation konfrontiert. Aber wie schaffe ich es, meine Patienten zu effektiver, häuslicher Mundhygiene zu anzuleiten, und wie erreiche ich, dass die Umsetzung nachhaltig und dauerhaft ist?
Patienten richtig motivieren
Früher war es üblich, die Patienten mit gesundheitlichen Horrorszenarien dazu zu bewegen, die geforderte Mundhygiene zu Hause gewissenhaft umzusetzen. Heute weiß man, dass diese Form der Motivation zum einen nicht lange anhält und zum anderen sogar zu Widerstand führen kann. Möchte ich den Patienten wirklich überzeugen, sollte ich versuchen, die intrinsische Motivation zu wecken. Diese Art der Motvivation ist eine innere, aus sich selbst entstehende Motivation eines jeden Menschen, weil sie einem beispielsweise sinnvoll erscheint.
Ein erster Schritt könnte sein, die schon vorhandenen Kompetenzen des Patienten hervorzuheben. Das kann bedeuten: zunächst etwas zu suchen, was man loben kann, falls es nicht offensichtlich genug ist. So wird ein positiver Marker gesetzt. Lob ist an dieser Stelle sehr wichtig. Es verstärkt einerseits die vorhandenen Kompetenzen und fördert andererseits die Entwicklung neuer Motivation. In einem zweiten Schritt versuche ich, erreichbare Ziele zu formulieren. Es macht keinen Sinn, den Patienten aufgrund insuffizienter Mundhygiene zu überfordern, indem ich ihn mit Informationen überflute. Das kann sonst zu einer Abneigung führen.
Beispiel:
Die Mundhygiene von Ralf M., 38 Jahre, war beim ersten Besuch in allen Punkten insuffizient. Es gibt Lob für die Bereitschaft, zur Prophylaxe zu kommen und sich mit seiner Mundhygiene auseinanderzusetzen, und eine adressatengerechte Aufklärung zur Ätiopathogenese der Gingivitis. Herr M. erzählt von seiner elektrischen Zahnbürste und bekommt zunächst Instruktionen zur effektiveren Handhabung mittels Tell-Show-Do-Methode (erklären–zeigen–nachmachen lassen). Eine Instruktion zur Interdentalraumreinigung erfolgt, um ihn nicht zu überfordern, heute nicht, aber er bekommt zusätzlich eine Mundspüllösung zur täglichen Anwendung empfohlen (z. B. Listerine mit ätherischen Ölen).
Mundspüllösungen mit chemisch antimikrobiellen Wirkstoffen ergänzen die mechanischen Reinigung und sind gemäß aktueller S3-Leitlinie auch zur Prophylaxe von Gingivitis angezeigt (Auschill, Sälzer & Ahrweiler, 2018). Um Barrieren zu vermeiden, die dazu führen könnten, dass der Patient gar nicht erst in den Besitz meiner Empfehlungen (z. B. Mundspüllösung) kommt, bekommt er ein „Pröbchen“ als Give-away mit nach Hause. Eine Woche später kommt Herr M. erneut in die Praxis. Er wird für die gute Umsetzung gelobt, remotiviert, und es folgen Instruktionen zur Interdentalraumreinigung.
Zusammenfassend bedeutet dies:
- Angst nicht zur Motivation einsetzen
- Vorhergegangene Erfolge herausstellen, um Kompetenzen zu stärken (Lob)
- Erreichbare Ziele formulieren (Step by Step)
- Barrieren abbauen (Give-aways)
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