Bei der professionellen Zahnreinigung sind nicht nur harter Zahnschmelz sondern auch weniger widerstandsfähige Oberflächen wie Dentin, Wurzelzement und Restaurationen aus unterschiedlichen Werkstoffen zu reinigen.
Zum etablierten Standard gehört die Behandlung mit rotierenden Instrumenten in Verbindung mit Prophy-Pasten. Welche Paste zum Einsatz kommt, bestimmt die empfindlichste zu reinigenden Oberfläche.
Welchen Anforderungen unterliegen Prophy-Pasten?
An Reinigungs- und Polierpasten für die professionelle Zahnreinigung werden spezielle Qualitäts-Anforderungen gestellt: Sie sollen eine maximale Reinigungswirkung bei minimalem Abrieb und minimalem Aufrauen erreichen. Nach dem Polieren sollen die Oberflächen möglichst glatt sein. Ausserdem sind unterschiedliche Zahnhartgewebe sowie Füllungen und prothetische Versorgungen aus unterschiedlichen Materialien zu pflegen und langfristig zu erhalten.
Warum sind glatte Oberflächen wichtig?
Bakterieller Biofilm haftet schlechter auf glatten Oberflächen [1,2]. Diese neigen ausserdem im Vergleich zu rauen Oberflächen weniger zu Verfärbungen, da sich Partikel aus Nahrungsmitteln, Getränken und Tabak nicht so einfach anlagern.
Welche Eigenschaften beeinflussen die Reinigungsqualität?
Die Polier- und Reinigungsqualität der Prophy-Pasten werden vor allem durch Abrasivstoffe wie Bimsstein, Silikate, Carbonate oder Phosphate beeinflusst. Konzentration, Zusammensetzung, Grösse und Struktur dieser Partikel zählen zu den bestimmenden Eigenschaften. Die abrasiven Inhaltsstoffe verursachen den tatsächlich auftretenden Abrieb nicht allein. Es wirkt eine Reihe von Faktoren zusammen. Die Paste selbst betreffen: pH-Wert sowie Typ und Konzentration der Bindemittel. Hinzu kommen äussere Einflüsse: Anwendung von Bürste oder Kelch, ausgeübter Druck, Zahl der Umdrehungen des Instrumentes sowie die Behandlungszeit [3]. Die Beschaffenheit der zu reinigenden Oberflächen spielt ebenfalls eine wichtige Rolle.
Diese Zusammenhänge verdeutlichen, dass zum Beispiel Angaben über die Grösse der Abrasivstoffe allein wenig weiterhelfen, da sich das Abriebverhalten einer Paste daraus nicht ableiten lässt.
Welche Information liefert der relative Abrasionsgrad?
Für eine möglichst schonende Behandlung ist es wichtig, eine gewisse Einordnung der Prophy-Pasten bezüglich ihres Abriebes vornehmen zu können. Hilfreiche Hinweise liefert in diesem Zusammenhang der Blick auf den Abrasionsgrad. Er wird durch den RDA- (Relative Dentin Abrasion) bzw. der REA-Wert (Relative Enamel Abrasion) beschrieben. Die beste Orientierung bietet der RDA-Wert, da er sich auf das empfindliche Dentin bezieht. Bei Patienten mit freiliegenden Zahnhälsen oder Wurzeloberflächen erweist sich diese Information als besonders wertvoll.
Für die Untersuchung des relativen Abrasionsgrads einer Paste im Labor stehen verschiedene Möglichkeiten zur Wahl. Eine gängige Methode besteht zum Beispiel darin, eine professionelle Zahnreinigung an radioaktiv markiertem menschlichen Dentin bzw. Schmelz möglichst nahe an der Realität zu simulieren [4,5]. Unter standardisierten Bedingungen wird der Abrieb der Prophy-Paste mit dem Abrieb eines Referenzmaterials verglichen.
Für die Einordnung der auf dem Markt befindlichen Pasten ist es wichtig zu wissen, nach welchem Verfahren und gegen welchen Standard der RDA-Wert einer Paste bestimmt wurde. Je nach Referenz und Methode kann der Wert für die gleiche Paste variieren. Auch sind unterschiedliche Pasten nicht unbedingt direkt miteinander vergleichbar.
Schonendes Reinigen von Restaurationsmaterialien
Neben Dentin und Wurzelzement unterliegen Composites, Compomere und Glasionomerzemente einem besonderen Verschleiss [6-9]. Es kommt zu einem Abtrag der organischen Bestandteile, während anorganische Füllstoffe an der Oberfläche freigelegt werden. Die Oberfläche wird rau, was die Entwicklung des bakteriellen Biofilms fördert. Die Gefahr der Gingivitis und Sekundärkaries steigt. Bei freiliegenden Wurzeloberflächen führt die Behandlung mit abradierenden Pasten häufig zu unangenehmen Überempfindlichkeiten. Ein weiteres Problem besteht darin, dass eher Verfärbungen auftreten und die Ästhetik leidet. Auch Keramikrestaurationen sind nicht gegen Schäden gefeit (Abb. 1) [9,10]. Aufgrund feiner Kratzer verlieren sie ihren Glanz, und es lagert sich hier ebenfalls schneller Plaque an, die die Lebensdauer der Versorgung gefährdet.
Möglichst geringe Abrasion
Aus diesen Gründen sollten Reinigung und Politur mit einer möglichst wenig abradierenden Paste erfolgen. Nur an den Stellen, wo es wirklich erforderlich ist, wird punktuell eine abrasive Paste verwendet. In diesem Fall ist die Nachpolitur mit einer feinen Paste indiziert. Zweifel an ihrer schonenden Wirkung bestehen bei Pasten, bei denen eine Umwandlung von anfangs abrasiven Reinigungspartikeln in Polierkörper in einem Arbeitsgang beschrieben wird [11]. Verschiedene Untersuchungen zeigen eine Beeinträchtigung der Oberflächenglätte und des Glanzes bei einer Reihe von Restaurationsmaterialien sowie einen deutlichen Substanzverlust des Wurzelzementes (Abb. 1a-d, 2) [7,12].
Bürstchen oder Kelch?
In den meisten Fällen ist ein weicher Gummikelch einem Bürstchen vorzuziehen, da er die Gingiva und periimplantäres Gewebe weniger traumatisiert (Abb. 3). Für Approximalbereiche und Stegkonstruktionen stehen spitze kegelförmige Politureinsätze zur Wahl. Dagegen empfehlen sich für die Reinigung von Fissuren spitze Bürstchen [13,14].
Abgestimmte Prophy-Pasten
Den diskutierten Qualitätsanforderungen trägt zum Beispiel das Prophy-Pasten-System Proxyt von Ivoclar Vivadent Rechnung. RDA-Werte, die gegen aufgeschlämmten Bimsstein als Referenzmaterial nach oben beschriebener Methode eingestellt sind, erlauben eine bedarfsorientierte Behandlung [8, 9]. Unnötiger Abrieb der Zahnhartsubstanz, das Aufrauen von Restaurationsoberflächen oder die Irritation der Gingiva lassen sich vermeiden. Alle Pasten-Varianten enthalten Xylit, das den Stoffwechsel kariogener Bakterien stört und ihr Wachstum hemmt.
Mit den Pasten höherer Abrasivität, RDA 36 bzw. RDA 83, können hartnäckige Plaque bzw. Verfärbungen effektiv beseitigt werden. Der niedrige RDA-Wert = 7 der feinen Paste weist auf ihr schonendes Potential hin. Da sie keinen Bimsstein sondern andere Reinigungspartikel enthält, empfiehlt sich diese Variante für die Pflege freiliegender Zahnhälse, restaurierter Zähne und von Implantatversorgungen (Abb. 3). Neben der schonenden Reinigungswirkung zeichnet sich die feine Proxyt dadurch aus, dass sie den Glanz des Zahnschmelzes genauso wie den hoch ästhetischer Keramiken wieder herstellt und erhält (Abb. 4a, b) [9]. Die Oberflächenbeschaffenheit von Composite-Füllungen bleibt bestehen [12].
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