Am 13. Mai fand unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Christoph Benz und Dr. Cornelius Haffner die 32. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für AlterszahnMedizin (DGAZ) in den Räumlichkeiten der Europäischen Akademie für zahnärztliche Fort- und Weiterbildung der Bayrischen Landeszahnärztekammer (EAZF) statt. Die renommierte Veranstaltung stand unter dem Leitthema “Aktuelle Entwicklungen in der Seniorenzahnmedizin mit Schwerpunkten auf der neuen PAR-Richtlinie und verschiedenen Aspekten der aufsuchenden Zahnmedizin” und wurde in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landeszahnärztekammer durchgeführt.
Die Tagung begann mit einem Grußwort der Präsidentin der DGAZ, Prof. Dr. Ina Nitschke, die die Bedeutung der Seniorenzahnmedizin und das Engagement der DGAZ-Mitglieder in diesem Bereich betonte. Sie unterstrich die Herausforderungen, denen Zahnärztinnen und Zahnärzte bei der Versorgung älterer Menschen gegenüberstehen, und betonte die Wichtigkeit des fachlichen Austauschs und kontinuierlicher Fortbildung, um eine bestmögliche Betreuung sicherzustellen. Im Rahmen des facettenreichen Programms der Tagung stand ein zentrales Thema – die neue PAR-Richtlinie – die bei vielen Fachkolleginnen und -kollegen Fragen zur Umsetzung aufwirft, im Mittelpunkt. In seinem Vortrag “PAR-Richtlinie neu – Eine kritische Analyse der verkürzten Versorgungsstrecke für pflegebedürftige Patienten” erläuterte Prof. Dr. Dr. Dr. Matthias Folwaczny die Bedeutung der Richtlinie und diskutierte die Herausforderungen und Chancen, die sie für die Versorgung von Patienten mit Pflegebedarf mit sich bringt.
Die potenziellen Auswirkungen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes auf die Seniorenzahnmedizin beleuchtete Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), in seinem Vortrag “Seniorenzahnmedizin und GKV – Auswirkungen des Gesetzes auf die zahnmedizinische Versorgung älterer Menschen”. Er reflektierte die Implikationen des Gesetzes und erörterte mögliche Lösungsansätze. Obwohl die Seniorenzahnmedizin bereits Erfolge verzeichnet, da die Abdeckung durch Kooperationsverträge kontinuierlich zunimmt, ist der Behandlungsbedarf zukünftig weiterhin stark steigend. Ein interessanter Aspekt der Tagung war die Betrachtung des intraoralen Mikrobioms bei Menschen mit Pflegebedarf und die mögliche Rolle einer zielgerichteten Ernährung zur Unterstützung einer gesunden Mundflora. Prof. Dr. Yvonne Jockel-Schneider referierte über dieses Thema und präsentierte aktuelle Forschungsergebnisse, die zeigen, wie durch eine nitratreiche Ernährung das Mikrobiom erfolgreich moduliert werden kann.
Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussionen war die Prävention in der Seniorenzahnmedizin, welche Prof. Dr. Cornelia Frese in ihrem Vortrag mit dem Titel “Prävention auf Vorrat – Eine kritische Betrachtung der Möglichkeiten und Grenzen präventiver Maßnahmen in der Alterszahnmedizin” erörterte sowie die neuesten Erkenntnisse und Limitationen präventiver Maßnahmen in diesem Bereich vorstellte. Die Ergebnisse einer DGAZ-Mitgliederbefragung zum Thema “Mobile Zahnmedizin” stellte Dr. Julia Jockusch vor. Sie beleuchtete dabei sowohl die verschiedenen Praxiskonzepte im Bereich der aufsuchenden Betreuung als auch die Verbreitung von Kooperationsverträgen innerhalb der Mitglieder der DGAZ. Des Weiteren zeigte sie auf, dass rund die Hälfte aller Befragten eine mobile Behandlungseinheit besitzt bzw. Zugang dazu hat, um nahezu das gesamte Spektrum der Zahnmedizin im Rahmen der aufsuchenden Betreuung anbieten zu können.
Besondere Aufmerksamkeit erhielt auch die aufsuchende Betreuung und die Rolle der Landesarbeitsgemeinschaft Pflege (LAGP). In seinem Vortrag “Die Rolle der Landesarbeitsgemeinschaft Pflege in der Seniorenzahnmedizin – Anforderungen und Herausforderungen” erläuterte Sven Tschoepe die wichtige Funktion der LAGP und diskutierte die Anforderungen an deren Tätigkeit in der Seniorenzahnmedizin. Dieses wegweisende Modellprojekt könnte als Vorbild für weitere Landeszahnärztekammern dienen. Aus der Praxis Dr. Hummel berichteten Vater und Sohn ausführlich über ihr Praxiskonzept zur aufsuchenden Betreuung. Besonders strichen sie heraus, dass es wichtig ist, dass das Team für die aufsuchenden Betreuung zu gewinnen und immer wieder zu motivieren ist.
Die Jahrestagung der DGAZ bot den Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht nur eine umfangreiche Wissensvermittlung, sondern auch eine Plattform für den fachlichen Austausch und die Vernetzung mit Kolleginnen und Kollegen. Im Rahmen der Veranstaltung fand zudem die Mitgliederversammlung der DGAZ statt. Auch in diesem Jahr wurden im Rahmen der Jahrestagung Preise für herausragende Leistungen in der Seniorenzahnmedizin verliehen. Sven Tschoepe wurde für seine Initiative “Landesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Mundgesundheit in der Pflege” (LAGP-Bayern) der Deutsche Preis für Seniorenzahnmedizin 2023 in der Sektion Praxis und Projekte übergeben. Sven Tschoepe hat mit seiner Initiative einen Aufschlag für alle anderen Bundesländer gegeben, über die Etablierung einer LAGP nachzudenken und zu handeln.
Der Arbeitsgruppe Dr. med. dent. Marc Auerbacher, PD Dr. med. dent. Dalia Kaisarly, Zahnärztin Lydia Gebetsberger wurde für ihren wissenschaftlichen Beitrag “Oral health in patients with neurodegenerative and cerebrovascular disease: a retrospective study” der Deutsche Preis für Seniorenzahnmedizin 2023 in der Sektion Wissenschaft überreicht. Die Preisträger freuten sich über diese Wertschätzung durch die Jury, die vom Vorstand der DGAZ eingesetzt wurde. Der Deutsche Preis für Seniorenzahnmedizin wird von der Stiftung Wissensforum Allgemeine Zahnmedizin (https://wissensforum-mundgesundheit.de) und der Deutschen Gesellschaft für Alterszahnmedizin (www.dgaz.org) gestiftet. Dieser Preis ist auch für das Jahr 2024 ausgeschrieben. Bewerbung werden bis zum 19. April 2024 angenommen. Die gewonnenen Erkenntnisse und die geführten Diskussionen tragen maßgeblich zur Weiterentwicklung der Seniorenzahnmedizin bei und werden einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Versorgung älterer Menschen leisten. Im Rahmen der Jahrestagung konnten zudem eine Spezialsitin und drei Spezialisten für Seniorenzahnmedizin zertifiziert werden.
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