Anzeige
Anzeige

Kinderprophylaxe

Bei der Kinderprophylaxe geht es um die Mundgesundheit der Kinder. Sie umfasst die Vorsorgeuntersuchung und eine auf die speziellen Bedürfnisse der Kinder ausgerichtete professionelle Zahnreinigung. DH Yvonne Crabtree-Laudenbach erklärt, worauf es dabei ankommt.

Zur Beurteilung der Mundhygiene und des Gingivazustands wird ein Mundhygienestatus anhand eines geeigneten Indexes erstellt. Zur Beurteilung von Plaque und Retentionsstellen werden die Zähne angefärbt. Ferner beinhaltet sie eine Mundgesundheitsaufklärung. Es werden sowohl die Patienten als auch die Erziehungsberechtigten über Krankheitsursachen sowie deren Vermeidung aufgeklärt. In diesem Zusammenhang erfolgt auch die Motivation und Remotivation. Die Aufklärung sollte in einem Zeitraum von drei Jahren folgende Themen beinhalten:

– die Aufklärung über Ursachen von Karies und Gingivitis und deren Vermeidung
– Ernährungshinweise und Mundhygieneberatung, unter Berücksichtigung der Messwerte der gewählten Mundhygieneindizes
– die Empfehlung zur Anwendung geeigneter Fluoridierungsmittel zur Schmelzhärtung
– praktische Übung von Mundhygienetechniken, auch zur Reinigung der Interdentalräume
Zur Zahnschmelzhärtung erfolgt eine lokale Fluoridierung mit Lack, Gel o. Ä.

Übernahme der Kosten
Kinder und Jugendliche, die das sechste, aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben Anspruch auf die Früherkennungsuntersuchungen und Prophylaxemaßnahmen. Diese können einmal je Kalenderhalbjahr in Anspruch genommen werden. Bereits ab dem 6. Lebensjahr sollte ein Bonusheft ausgestellt werden, um die Inanspruchnahme der Individualprophylaxe zu dokumentieren. Zwischen dem 30. und 72. Lebensmonat haben die Krankenkassen die Früherkennungsuntersuchung im Leistungsangebot. Es ist sinnvoll, bereits ab dem 30. Lebensmonat mit der Früherkennungsuntersuchung zu beginnen. Hier werden Erkrankungen und Entwicklungsstörungen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich frühzeitig erkannt. Bei Eltern wird das Bewusstsein für die Zahnpflege bereits ab dem ersten Zahn gestärkt sowie zahngesunde Ernährung besprochen. Der kleine Patient lernt auf diesem Wege gleichzeitig den Zahnarzt und sein Umfeld kenne. Ab 6 Jahren sollte mit der Kinderprophylaxe begonnen werden.

Ablauf der Behandlung
Nach einer ausführlichen Inspektion der Mundhöhle wird eine eventuelle Blutung oder Schwellung der Gingiva dokumentiert. Danach werden die Zähne angefärbt und in einem Plaquestatus (Plaque-Control-Report [PCR-Index]) dokumentiert. Dies geht schnell und effizient zum Beispiel mit dem Prophylaxeprogramm von ParoStatus.de. Nach dem Erfassen der nötigen Angaben wird mit dem Patienten und eventuell Erziehungsberechtigten der „Ist-Zustand“ besprochen. Bei Handlungsbedarf wird der Patient ermuntert, seine Zähne vor Ort zu putzen. Hierbei können Technik-Tipps gegeben und geübt und die KAI-Systematik erklärt werden. Danach erfolgen die professionelle Reinigung und Politur aller Zähne. Bei Kindern, die das erste Mal zur Prophylaxe kommen, ist es wichtig, alle Behandlungsschritte genau zu erklären. Vor der Politur werden alle harten Beläge mittels Ultraschall/Schallscaler und Scaler entfernt. Danach werden die Zahnzwischenräume mit Zahnseide oder Interdentalbürstchen gereinigt. Die anschließende Politur kann mittels Pasten und bei Bedarf mit LPW erfolgen. Bei kleineren Patienten können Pasten mit verschiedenen Geschmacksrichtungen zur Auswahl angeboten werden. Abschließend erfolgt eine Fluoridierung mit Lack oder Gel. Dies sollte vorab mit den Erziehungsberechtigten abgeklärt und dokumentiert sein.

Besonderheiten bei der Kommunikation
Kinder, Jugendliche und Erwachsene kann man am besten mit dem Tell-show-do-Prinzip auf Versäumnisse hinweisen. Hierbei kann man zum Beispiel bereits beim Anfärben gut Schwächen beim Zähneputzen ansprechen und dann durch gemeinsames Putzen Techniken einüben oder korrigieren. Wichtig ist immer das Gespräch motivierend zu führen. Zum Beispiel, nicht zu sagen: „Du putzt falsch!“, sondern: „Wir üben gemeinsam das Putzen, damit deine Technik besser wird!“ Kind und Eltern sollten zu jeder Zeit mit einbezogen werden.

White Spots, MIH und Karies
In der Prophylaxe ist eine Zunahme von MIH und White Spots zu beobachten. MIH ist eine Form der Mineralisationsstörung, die meist die ersten Molaren sowie die mittleren Schneidezähne betrifft. Die Deutsche Mundgesundheitsstudie hat ergeben, dass mehr als 28 % der 12-Jährigen von MIH betroffen sind. Die Zähne weisen häufig gelblich-weiße bis braune Verfärbungen auf. Sie reagieren meist empfindlich auf thermische Reize und die tägliche Mundhygiene kann ebenfalls schmerzhaft sein. Daher ist eine professionelle und regelmäßige Zahnreinigung dieser Zähne sehr wichtig, da die meist raue Oberfläche zu vermehrter Plaqueanlagerung und Zahnsteinbildung neigt. Auch ist eine Versiegelung bei diesen Zähnen sinnvoll solange noch kein größerer Substanzverlust vorhanden ist. Auch eine Zunahme an White Spots, insbesondere an Glattflächen ist zu beobachten. Studien haben gezeigt, dass die Prävalenz während und nach einer kieferorthopädischen Behandlung vergleichsweise hoch ist. Daher ist eine enge Zusammenarbeit von Zahnarzt und Kieferorthopäde besonders wichtig. Bei Karies ist ein Rückgang zu merken. 1997 lag der durchschnittliche Wert bei den 12-Jährigen noch bei 1,7 im Hinblick auf wegen Karies gefüllten Zähnen. Jetzt liegt er bei 0,5.

Ablenkung durch Handy
Ablenkung verändert unsere Aufmerksamkeit. Indem wir Kinder zum Beispiel mit dem Handy, auf dem am besten die Lieblingsmusik des Kindes spielt, ablenken, nimmt die Aktivität in der Hirnregion ab, die für Schmerzwahrnehmung verantwortlich ist. Hierdurch lässt der Schmerz spürbar nach, da der Schmerz in den Hintergrund tritt (Studie der Case Western Universität). Dadurch wird eine entspanntere Behandlung im Schmerzfall möglich.

Prophylaxe bei Patienten mit Zahnspange
Vor Beginn einer Kieferorthopädischen Therapie muss das individuelle Kariesrisiko sehr genau ermittelt werden, um Spätfolgen, insbesondere White Spots, zu vermeiden. Genau erfasst werden sollte die allgemeine Anamnese, Ermittlung des DMFT/S, API/SBI, Ernährungsanamnese, Fluoridanamnese und häusliche Mundhygienemaßnahmen. Diese Angaben zusammen ermitteln das Kariesrisiko und den individuellen Prophylaxebedarf. Diese Angaben müssen regelmäßig während der Behandlungsdauer aktualisiert werden. Die Prophylaxe bei Patienten in kieferorthopädischer Behandlung sollte in der KFO-Praxis erfolgen, da diese sich auf die erhöhten Bedürfnisse während einer Therapie mit Brackets spezialisiert haben.

Fissurenversiegelung
Besonders sinnvoll ist die Fissurenversiegelung bei Kindern und Jugendlichen. Hier liegt der beste Zeitpunkt für eine Versiegelung gleich nach dem vollständigen Durchbruch der bleibenden Zähne, da der Schmelz in den ersten drei Jahren nach dem Durchbruch noch nicht vollständig ausgereift ist. Liegen schlecht zu reinigende Fissuren und Grübchen vor, ist unabhängig vom sonstigen Kariesrisiko eine Versiegelung ebenfalls empfehlenswert. Besteht bereits beim Milchzahngebiss ein erhöhtes Kariesrisiko ist eine Fissurenversiegelung bei Milchzähnen durchzuführen, die tiefe Fissuren vorweisen. Ebenso bei MIH-Zähnen. Auf eine Fissurenversiegelung sollte verzichtet werden, wenn keine angemessene Trockenlegung möglich ist (mangelnde Mitarbeit des Kindes) oder wenn der Zahn noch nicht vollständig durchgebrochen ist.

Tipps für Eltern
Haben Kinder Angst vor einem Zahnarztbesuch, können Eltern sie zur eigenen Untersuchung mitnehmen, damit sie sehen, wie entspannt eine Untersuchung verläuft. Ebenso sind zuhause Rollenspiele hilfreich, bei denen man sich gegenseitig die Zähne ansieht. Wenn ein Zahnarztbesuch wegen Schmerzen nötig ist, empfiehlt es sich, mit dem Kind circa zehn Minuten vor dem Termin in der Praxis zu sein, damit es sich in Ruhe die Umgebung ansehen kann. In dieser Zeit sollten Sätze wie: „Es tut nicht weh“ oder „Du brauchst keine Angst zu haben“ vermieden werden. Bei kleineren Kindern kann es manchmal helfen, den Zahnarzt als eine Art „Zauberer“ darzustellen, der Löcher „wegzaubern“ kann. Wichtig ist stets, dass Eltern eine positive Stimmung vermitteln. Wird das Kind ins Behandlungszimmer gerufen, sollten die begleitenden Eltern dem Praxisteam die Möglichkeit geben, eine Beziehung zu dem Kind aufzubauen. Häufig werde ich auch gefragt, wie man Kinder am besten zum regelmäßigen Putzen motivieren kann. Auch hier sind Eltern wieder die besten Vorbilder und sollten regelmäßige Mundhygiene vorleben. Bei kleineren Kindern gibt es verschiedene Möglichkeiten der häuslichen Motivation. Man könnte das Kind beispielsweise die Zahnbürste beim Einkaufen selber aussuchen lassen. Ob Glitzerzahnbürste oder mit Automotiven ist für jeden Geschmack etwas dabei und kann oft schon eine kleine Hilfe sein. Gegenseitiges Zähneputzen oder ein Zahnputzlied können ebenfalls zum Spaß bei der täglichen Mundhygiene beitragen. Auch ein Zahnputzkalender oder eine Stempelkarte könne zur Motivation beitragen. So lässt sich am Ende eines Monats eine kleine Überraschung „erputzen“. Es gibt auch verschiedene Zahnputz-Apps für Kinder (z. B. Happy Kids Timer; Disney Magic Timer; Philips Sonicare For Kids). Diese beinhalten kleinere Aufgaben, die durch regelmäßige Mundhygiene erledigt werden. Jugendliche sehen auch die Eltern als Vorbild. Die Argumente könnten in dieser Altersgruppe beispielsweise ästhetische Motive sein: „Gesunde Zähne sehen toll aus und verhindern Mundgeruch. Das hilft beim Flirten und Küssen.“ Klare Absprachen sollten getroffen werden. Anfallende Zahnarztkosten müssen zur Hälfte selbst bezahlt werden, wenn nicht regelmäßig geputzt wird. Auch hier sollten Zahnbürste und Zahnpasta selbst mit ausgewählt werden dürfen. In der Praxis erfolgt die Remotivation zur guten Mundhygiene bei den regelmäßigen Prophylaxe Terminen.

Zahnseide und Interdentalbürstchen
Bereits ab dem Alter von 2 Jahren, wenn die Milchzähne beginnen näher aneinander zu stehen, kann es sinnvoll sein, Zahnseide zu verwenden. So wird Zahnseide schnell auch ein Bestandteil der täglichen Mundhygiene. Stehen die Milchzähne eher etwas lückig, aber auch während des Zahnwechsels, können Interdentalbürstchen zum Einsatz kommen.

Wie viel Fluorid ist in welchem Alter sinnvoll?
Säuglinge bis zum Durchbruch des ersten Milchzahnes sollten täglich ein Kombinationspräparat mit 0,25 mg Fluorid und 400–500 I.E. Vitamin D in Tablettenform erhalten. Mit dem Durchbruch des ersten Milchzahns beginnt die Zahnpflege. Jetzt sollten Eltern das Kind behutsam und allmählich an das Zähneputzen heranführen, so dass das Kind es gern geschehen lässt und als selbstverständlich annimmt. Der Kinderarzt sollte informiert werden, dass fluoridhaltige Zahnpasta verwendet wird. Fluoridzahnpasta und Fluoridtabletten dürfen nicht in Kombination verwendet werden. Kleinkindern ab Zahndurchbruch bis 12 Monate wird täglich eine Tablette mit 400–500 I.E. Vitamin D und bis zu zweimal täglich Zähneputzen mit bis zu reiskorngroßer Menge Fluorid-Kinderzahnpasta (1000 ppm) empfohlen. Kleinkinder 12 Monate bis unter 2 Jahre putzen zweimal täglich mit einer reiskorngroßen Menge Fluorid-Kinderzahnpasta (1000 ppm). Kinder von 2 bis 6 Jahren putzen zweimal täglich mit einer erbsengroße Menge Fluorid-Kinderzahnpasta (1000 mg) und es wird fluoridiertes Speisesalz empfohlen. Kinder ab 6 Jahre verwenden zweimal täglich Fluoridzahnpasta für Jugendliche oder Erwachsene (1500 ppm) und es sollte fluoridiertes Speisesalz verwendet werden. Fluoridlack wird im Rahmen der Vorsorge verwendet. Er hemmt die Kariesentstehung und fördert die Remineralisation beginnender Kariesschäden. Im Alter vom 6. bis vollendetem 72. Lebensmonat erfolgt eine lokale Fluoridierung mit Fluoridlack zweimal pro Halbjahr im Rahmen der Früherkennungsuntersuchung. 6- bis 17-Jährige erhalten eine lokale Fluoridierung der Zähne während der Prophylaxesitzung einmal pro Halbjahr. Bei hohem Kariesrisiko oder bei einer Bracket-Therapie erfolgt die Fluoridierung zweimal pro Kalenderhalbjahr. Gele und Mundspülungen kommen besonders bei erhöhter Kariesgefahr oder kieferorthopädischer Behandlung zum Einsatz. Die häusliche Anwendung sollte bei Kindern erst vom Schulalter an erfolgen.

DH Yvonne Crabtree-Laudenbach (privat)

Bilder: Adobe Stock – Wesley JvR/peopleimages.com / Adobe Stock – AI Farm



Ähnliche Artikel

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ich stimme den Allgemeinen Nutzungsbedingungen sowie Datenschutzbestimmungen zu, die ich hier eingesehen habe. *