Das Thema Okklusion gehört zum Praxisalltag dazu und ist dabei wichtiger als bisher angenommen. Dies machte nun auch nochmal Dr. Daniel Hellmann (Würzburg) auf dem Karlsruher Tag der Zahnmedizinischen Fachangestellten deutlich.
„Der Kenntnisstand zu diesem Thema liegt bei vielen leider bei 0,0“, machte Hellmann in seinem Vortrag deutlich. In seinen eigenen Erfahrungen sieht er aber auch eine stete „Wissbegier“, die von seinem Praxisteam zu diesem Thema ausgeht. Kein Wunder: Der Kontakt zwischen Biss- und Kauflächen der Zähne des Ober- und Unterkiefers betrifft jeden Patienten. Umso wichtiger sei es, dieses grundlegende Thema auch für Fortbildungen interessant zu machen und das gesamte Team zu schulen.
Seit fast 200 Jahren herrscht in der Zahnheilkunde die Vorstellung eines mechanisch idealisierten Kausystems. Nach gängiger zahnärztlicher Lehrmeinung hat bei einer „idealen“ Okklusion jedes gegenüberliegende Zahnpaar Kontakt zueinander. Die Zähne verzahnen in Form von sogenannten ABC-Kontakten und sorgen somit für die optimale Lage. Diese Denkweise sei allerdings nicht mehr zeitgemäß.
Der Einzug digitaler Techniken in die Praxis und ins Labor hat die Arbeitsweise diesbezüglich fundamental verändert. Durch die Intraoralscans, die eine berührungsfreie Ermittlung patientenbezogener Messgrößen ermöglichen, haben sich die zahnärztlichen Behandlungsoptionen maßgebend erweitert. “Wer keine neuen Fragen stellt, bekommt auch keine neuen Antworten“ war einer der Leitsätze bei den Vorträgen in Karlsruhe. Dies gilt besonders für das Thema Okklusion – ein Umdenken ist nötig.
Hellmann zeigte anhand von Ergebnissen der Study of Health in Pomerania (SHIP), dass natürliche Okklusionsmerkmale keineswegs nach einem bestimmten Muster zu bestimmen sind, wie bisher angenommen. Untersuchungen ergaben, dass es beim Zubeißen etwa zu 10 bis 20 Kontakten kommt. Die Kontakte sind nicht gleichmäßig auf die Kieferhälften verteilt, außerdem haben manche Zähne gar keine Berührungen zu ihrem Gegenüber – die kleinen Backenzähne haben beispielsweise keine ABC-Kontakte. Die Studie ergab außerdem, dass die bukkalen Höcker im Unterkiefer die Stützpfeiler beim Zubeißen sind. Eine reine Front-Eckzahnführung ist zudem keinesfalls die Norm. Auch wenn in erster Linie der Zahnarzt für diesen Bereich zuständig ist, kann es nicht schaden, wenn sich auch das Team in diesem Gebiet ein Grundwissen aneignet und auf dem neuesten Stand ist.
Für die Zukunft wünschen sich Hellmann und auch die anderen Referenten, die während der Karlsruher Konferenz Vorträge hielten, dass sich in dem Bereich einiges ändert – es wurde schon von einem Paradigmenwechsel in diesem Gebiet gesprochen. Neue zeitgemäße Konzepte in der Schienentherapie sowie innovative therapeutische Ansätze auf dem Gebiet des sensomotorischen Trainings seien nötig. Durch die Vorträge in Karlsruhe hoffen die Experten, dass dieses Thema zeitnah noch größere Aufmerksamkeit erlangt.
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