Kaum hast Du Deinen wohlverdienten Urlaub angetreten und die Anspannung aus dem Arbeitsalltag lässt nach, dann passiert es: Du liegst krank im Bett. Aber was musst Du jetzt alles beachten? Wann muss Dein Chef von Deiner Arbeitsunfähigkeit erfahren und was passiert eigentlich mit Deinen Urlaubstagen? DENTAL team hat Rechtsanwältin Jennifer Jessie von der Kanzlei Lyck + Pätzold die wichtigsten Fragen zum Thema Krankheitsfall im Urlaub gestellt.
Frau Jessie, wann kann der Urlaub zum Krankenstand werden und was sind die Voraussetzungen?
Jennifer Jessie: Im Urlaub krank zu werden, ist sehr ärgerlich. Denn der Urlaub soll ja zu Erholungszwecken dienen. Allerdings können die Krankheitstage, die während des Urlaubs entstehen, wieder gutgeschrieben werden, sodass man Urlaubstage, in denen man krank war, in einem anderen Zeitraum wieder nehmen kann. Voraussetzung hierfür ist, dass wirklich eine unverschuldete Arbeitsunfähigkeit vorliegt, die den Arbeitnehmer daran hindert, seine Arbeitspflicht erfüllen zu können. Leichtes Unwohlsein reicht hier also nicht.
Wichtig ist auch, dass anders als in sonstigen Fällen bereits ab dem ersten Tag der Nachweis einer Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Arbeitnehmer müssen sich also direkt zum Arzt begeben, um ein ärztliches Attest zu erhalten, welches die nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit belegt. Denn nur die nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit werden nicht auf den Jahresurlaub angerechnet und damit wieder gutgeschrieben. Um diese gutgeschriebenen Urlaubstage wieder nehmen zu können, muss ein neuer Urlaubsantrag gestellt werden. Der Arbeitnehmer darf also die Urlaubstage nicht einfach von sich aus an die Tage der Krankheit dranhängen.
Wann muss ich die Erkrankung meinem Arbeitgeber mitteilen und was genau muss dieser wissen?
Jennifer Jessie: Gemäß § 5 Abs. 1 EFZG sind Arbeitnehmer verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Unverzüglich meint „ohne schuldhaftes Zögern“, also so früh mich möglich. Hierzu gibt es erstmal keine festen Formvorschriften. Oftmals finden sich allerdings klarstellende Klauseln in den Arbeitsverträgen, bis wann und in welcher Form eine Mitteilung zu erfolgen hat. Wird man im Urlaub krank, gilt nichts anderes. Auch hier muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber unverzüglich informieren, selbst wenn der Arbeitgeber ihn während der Urlaubszeit sowieso nicht auf der Arbeit erwartet hätte.
Der Arbeitgeber muss in erster Linie nur wissen, wie lange die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich vorliegen wird. Eine Mitteilungspflicht über Art und Ursache der Erkrankung besteht grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme liegt nur dann vor, wenn der Arbeitgeber auf weitere Informationen angewiesen ist, um darauf entsprechend reagieren zu können. Dies betrifft Erkrankungen, die ernsthafte Auswirkungen auf Dritte im Arbeitsverhältnis haben und daher Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers erfordern. Auch gilt es für Fortsetzungserkrankungen, die Einfluss auf die Entgeltfortzahlungspflicht haben. Schließlich muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auch den Sachverhalt schildern, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf eine Schädigung durch Dritte zurückzuführen ist. Der Ersatzanspruch des Arbeitnehmers gegenüber den Dritten geht in dem Fall nämlich von Gesetzes wegen auf den Arbeitgeber über, sofern der Arbeitgeber durch die hierdurch eingetretene Erkrankung zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist.
Was sind die Besonderheiten, wenn die Erkrankung bei einem Auslandsaufenthalt auftritt?
Jennifer Jessie: Gemäß § 5 Abs. 2 EFZG ist ein Arbeitnehmer bei Krankheit im Ausland verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, die Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art mitzuteilen. Das Gesetz sieht die Mitteilung des Aufenthaltsorts deswegen vor, um die Beurteilungslage des Arbeitgebers für das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit zu verbessern. Grundsätzlich müssen nämlich auch Atteste eines ausländischen Arztes akzeptiert werden. Hier gab es schon mal Streitigkeiten, wenn aus dem ärztlichen Attest nicht deutlich hervorging, dass es sich wirklich um eine Arbeitsunfähigkeit im eigentlichen Sinne handelte. Durch die gesetzliche Mitteilungspflicht über den Aufenthaltsort hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, von seinem Recht Gebrauch zu machen, den arbeitsunfähigen Arbeitnehmer vor Ort von einem Arzt des Vertrauens untersuchen zu lassen. Im Übrigen müssen gesetzlich Krankenversicherte ihre Krankenversicherung genauso unverzüglich informieren. Auch die Fortdauer der Erkrankung ist mitzuteilen. Nach der Rückkehr sind sowohl der Arbeitgeber als auch die Krankenkasse über die Rückkehr unverzüglich zu informieren.
Was passiert mit den Urlaubstagen? Können Urlaubstage ins nächste Jahr mitgenommen werden, z.B. wenn die Erkrankung am Ende des Jahres zum Weihnachtsurlaub auftritt? Welche Regelungen gelten hier?
Jennifer Jessie: Es gilt der Grundsatz, dass Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden soll. Lediglich im Falle, dass der Arbeitnehmer den Urlaub aus betrieblichen Gründen oder aus Gründen in seiner Person, insb. Krankheit, nicht vollständig nehmen konnte, ist der Urlaub auf das Folgejahr zu übertragen. Im Gesetz steht hierzu zwar, dass der Urlaub dann bis zum 31.03. des Folgejahres genommen werden muss (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Aufgrund einer höchstrichterlichen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wird die Regelung allerdings nunmehr so verstanden, dass im Falle der Krankheit der Urlaub sogar bis zu 15 Monate, also bis zum 31.03. des übernächsten Jahres, übertragen und daher auch deutlich länger noch genommen werden kann, bevor er verfallen kann.
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