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Schon unsere Vorfahren hatten Lust auf Süßes

Karies vor 12,5 Millionen Jahren

Schon unsere Vorfahren hatten Lust auf Süßes

Mitte: Kariöser Backenzahn (1) des 12,5 Millionen Jahre alten Dryopithecus carinthiacus im 3D-Modell (Karies-Loch eingefärbt) und im computertomografischen Schnitt. Seine süßen Leckerbissen von links unten im Uhrzeigersinn: Ölweide (2), Maulbeere (3), Wein (4), Vogel-Kirsche (5) und Erdbeerbaum (6)

Copyright © Collage: Universität Tübingen; 1: Jochen Fuß; 2: feathercollector – stock.adobe.com; 3, 4: Alexandra Kehl/Universität Tübingen; 5: Madelaine Böhme; 6: Ralf-Udo Thiele – stock.adobe.com

Schlechte Zähne sind nicht nur ein Problem unserer Zeit: Forscher der Universität Tübingen haben herausgefunden, dass auch schon unsere Vorfahren vor 12,5 Millionen Jahren an Karies litten. Schuld daran war – genau wie heute – der hohe Zuckerkonsum.

An ernährungsbedingten Zivilisationskrankheiten wie Karies, aber auch Bluthochdruck, Diabetes und Fettleibigkeit leiden nicht nur immer mehr Menschen – auch für unsere tierischen Verwandten Orang-Utan, Gorilla und Schimpanse ist zu viel Zucker ein Problem. Wissenschaftler vermuten deshalb schon länger, dass die menschliche Veranlagung für diese Krankheiten ihren Ursprung in der Evolution hat.

Forscher aus Tübingen und Dresden haben diese Theorie jetzt bewiesen: An 12,5 Millionen Jahre alten Zähnen des Dryopithecus carinthiacus, des ältesten Vorfahren der afrikanischen Menschenaffen und des Menschen, fand das Forscherteam Zahnkaries im fortgeschrittenen Stadium. Die Zähne waren 1953 in Kärnten, Österreich, gefunden worden. „Dieser Befund war für uns sehr überraschend, da das Entstehen von Karies bisher mit der Erfindung des Ackerbaus vor etwa 10.000 Jahren in Zusammenhang gebracht wurde. Seit dieser Zeit wurde mehr gekochte Stärke verzehrt“, erklärt Madelaine Böhme, die Leiterin der Studie.

Dicke Affen mit schlechten Zähnen

Um zu belegen, dass die Karies bei unseren Vorfahren auf hohen Zuckerkonsum zurückzuführen ist, nutzen die Forscher fossile Pollen von Bäumen, Sträuchern und Lianen, die sich am Fundort des 12,5 Millionen Jahre alten Unterkiefers fanden. Sie stießen dabei auf mindestens neun Arten, deren Früchte stark zuckerhaltig sind – darunter Wein, Maulbeere, Erdbeerbaum, Ölweide und Formen von Kirsche und Pflaume. Auch Honig könnte Dryopithecus carinthiacus mit Zucker versorgt haben. Der Studie zufolge waren zuckerhaltige Lebensmittel von März bis Dezember im Lebensraum der frühen Menschenaffen verfügbar.

Das hatte nicht nur schlechte Zähne zur Folge – Skelettfunde belegen, dass die Affen bei guten Nahrungsangebot auch Fettreserven bilden und entsprechen dick werden konnten. Vor 12,5 Millionen Jahren war das ein Vorteil: Wer Energie in Fettzellen speichern konnte, war auf magere Zeiten besser vorbereitet. „Wir tragen noch heute das Erbe dieser Affen in uns”, erklärt Böhme, „Dieser Vorteil ist allerdings in einer Welt industriell gefertigter Nahrungsmittel in ein Handicap umgeschlagen.“



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