Dentinhypersensibilität ist weiterhin ein brandaktuelles Thema in den Praxen. Trotzdem sprechen immer noch nur einzelne Patienten das Problem aktiv in der Praxis an, schmerzempfindliche oder sensible Zähne zu haben. Dentalhygienikerin Yvonne Crabtree-Laudenbach erklärt in team, wie sich die Situation verbessern lässt.
Die Prävalenz für die Hypersensibilität liegt – je nachdem, wen man fragt – zwischen 3 und 98 Prozent. Wie kann es zu einer solchen Spanne kommen, fragt man sich da? „Die Patienten fühlen sich zum Teil unterschiedlich von einer Dentinhypersensibilität betroffen, da Schmerz nicht immer gleich empfunden wird“, erklärt Crabtree-Laudenbach. In der Praxis von Peter und Michael Fersch in Wiesentheid, in der sie für die Prophylaxe zuständig ist, trifft die DH regelmäßig auf Patienten, die schmerzempfindliche oder sensible Zähne haben. Sie weiß, dass auch emotionale und psychische Faktoren ebenfalls eine große Rolle spielen. Sei dem Patienten selber das Problem der Dentinhypersensibilität aufgefallen, ist meist der Leidensdruck schon höher als bei einem Patienten, den man klinisch untersucht habe und dabei die Hypersensibilität festgestellt habe.
Gezielte Differenzialdiagnostik
Ihre Strategie: Durch eine gezielte Differenzialdiagnostik kann man das Problem bei den Patienten entdecken. „Zur allgemeinen Anamnese sollte der Patient zusätzlich bei der Untersuchung gezielt nach Kälteempfindlichkeiten befragt werden, da er diesen Schmerz nicht immer gleich mit Dentinhypersensibilität in Verbindung bringt. Ebenfalls wichtig: eine genaue Untersuchung der Gingiva sowie der parodontalen Verhältnisse – wobei auch Erosionen miterfasst werden sollten.“
Crabtree-Laudenbach empfiehlt, für die Differenzialdiagnose folgende Kriterien auszuschließen:
- Gibt es insuffiziente Restaurationen?
- Haben Füllungen Risse oder Frakturen?
- Gibt es kariöse Läsionen?
- Liegt ein parodontales Problem vor? Dies kann zum Beispiel durch Bissflügelaufnahmen abgeklärt werden.
„Hat der Patient die Empfindlichkeit nach einer Zahnbehandlung bekommen, sollte der Aufbiss eventuell noch einmal überprüft werden.“
Die Expertin betont, dass es auch wichtig sei, den Patienten nach Gewohnheiten zu fragen: Verwendet der Patient häuslich ein Produkt zur Zahnaufhellung? Wie ist seine Ernährung? „Gesund“, also sehr säurehaltig? Gibt es Probleme mit Reflux? Und ein etwas schwieriges Thema, was aber auch laut Crabtree-Laudenbach nicht unerheblich sei, ist die Ess-Brech-Sucht.
Erosionen und Schmelzdefekte, besonders zervikal, sowie Gingiva-Rezessionen sind klare klinische Anzeichen für Dentinhypersensibilität, die auch während der Prophylaxe-Behandlung auffallen sollten. „Manchmal kann auch eine schlechte Mundhygiene auf Dentinhypersensibilitäten zurückgeführt werden, da Patienten hierbei bereits starke Schmerzen empfinden“, so die DH.
In der Therapie gibt es für die Expertin nur einen Weg: substanzschonend arbeiten! Bei einer bekannten Dentinhypersensibilität könne vor der PZR eine desensibilisierende Paste aufgetragen werden. Bereiche, die keiner Reinigung bedürfen, da sie schon durch eine extreme Mundhygiene des Patienten angegriffen seien, sollten möglichst nur mit einer niedrig abrasiven Polierpaste und einem weichen Gummikelch gereinigt werden. „Ich reinige die nötigen Stellen auch bei Bedarf nur mit Handinstrumenten, da selbst das vorgewärmte Wasser vom Ultraschall noch zu kalt ist.“ Nach der Prophylaxe oder zahnärztlichen Behandlung sollte ein geeigneter Fluoridlack oder/und -paste auf die betroffenen Stellen aufgetragen werden. Dies sollte bei Bedarf ist eine Wiederholung nach drei Monaten möglich.
Empfehlung: Weiche Zahnbürste für sensible Zähne
Auch bei den Empfehlungen für die häusliche Mundhygiene betroffener Patienten spielt eine gewisse Differenzialdiagnose eine große Rolle. Wie putzt der Patient? Mit zu viel Putzdruck? Mit der falschen Putztechnik (Schrubben), stark abrasiven Zahnpasten, harten Zahnbürsten? All diese Fragen sollten in der Prophylaxesitzung geklärt werden. „Ich empfehle meinen Patienten häufig die Anwendung einer Schallzahnbürste oder einer weichen Zahnbürste. Dazu eine Zahnpasta mit Wirkstoffen (Fluoridverbindung, Kaliumnitrat, Strontiumchlorid) zur Desensibilisierung der Zähne sowie eine entsprechende Mundspülung“, erklärt Crabtree-Laudenbach.
Zur Interdentalraumpflege empfiehlt sie Interdentalbürstchen oder bei Bedarf auch Zahnseide. Eine zusätzliche Fluoridierung einmal wöchentlich sei ebenfalls hilfreich. „Die Mundhygiene zum richtigen Zeitpunkt spreche ich natürlich auch an“, betont die DH. Die Patienten sollten nämlich nicht direkt nach dem Essen oder Trinken säurehaltiger Lebensmittel ihre Zähne putzen.
Änderung im Essverhalten
Generell spiele die Ernährung oft eine große Rolle, wenn es um sensible Zähne geht. Ein sehr gesunder Ernährungsstil mit viel Obst und Gemüse sowie Fruchtsäften oder essighaltigen Salatsaucen könne durch eine häufige Exposition von Säuren zu Schädigungen im Schmelz und dadurch zu Empfindlichkeiten führen. „Es ist wichtig, dies dem Patienten zu erklären und eine Änderung in seinem Essverhalten zu erreichen“, sagt Crabtree-Laudenbach. Dies könnten beispielsweise Esspausen sein. Ebenso der Verzehr von kaliumreichen Nahrungsmitteln, beispielsweise Käse und Milch, helfen dabei, die Säuren zu neutralisieren.
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