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Was Dein Chef darf und was nicht

Kündigung wegen Krankheit

Der Kopf dröhnt, die Nase läuft. Bei einer Erkältung bleibt man im Bett und kuriert sich aus. Aber viele sorgen sich, dass sie wegen zu vieler Fehltage eine Kündigung erhalten. Was ist dran an dieser Angst?

Copyright © Anna Subbotina/fotolia

Wer kennt es nicht? In der kalten Jahreszeit häufen sich die Fehltage. Schuld daran sind Schnupfen, Grippe, Fieber oder auch eine Krankheit, die Dich wochenlang oder dauerhaft arbeitsunfähig macht. Viele Arbeitnehmer haben Angst, wegen zu vieler Fehltage gekündigt zu werden. Aber darf Dein Chef Dir krankheitsbedingt kündigen? Generell ja, aber ganz so einfach ist das nicht.

Es hält sich der Irrglaube, dass Dir während einer Krankheit nicht gekündigt werden kann. Aber so stimmt das leider nicht. In der ehemaligen DDR existierte ein Verbot der Kündigung während einer Erkrankung gemäß §5 58d des DDR-Arbeitsgesetzbuches. Aber heute gilt das bundesdeutsche Recht. Dir kann auch während und aufgrund Deiner Krankheitsphase gekündigt werden. Dabei handelt es sich um eine personenbedingte Kündigung. Das geht aber nur, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Kurz- und Langzeiterkrankungen

Grundsätzlich wird zwischen Kurz- und Langzeiterkrankungen unterschieden. Häufige Kurzzeiterkrankungen können beispielsweise Rückenerkrankungen, eine Erkältung oder Fieber usw. sein. Hier fällst Du nicht aus der Lohnfortzahlung heraus und eine Kündigung ist auch erschwert. Solange Du ein Attest und Deine Krankmeldung rechtzeitig einreichst, greifen die Arbeitnehmerschutzgesetze. Für kurze und berechtigte Krankheitsfälle kann man also seinen Arbeitsplatz nicht verlieren.

Kommt es aber immer wieder zu diesen Kurzzeiterkrankungen, hat Dein Chef Chancen, Dich zu entlassen. Anders liegt der Fall bei Langzeiterkrankungen. Diese dauern in der Regel über acht Monate an. Bessert sich der Zustand nicht innerhalb von 24 Monaten, gilt der Arbeitnehmer als andauernd arbeitsunfähig. Dann kann Dein Chef Dir unter engen Voraussetzungen kündigen, weil die betrieblichen Interessen stark eingeschränkt sind. Das entschied ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 29. April 1992.

Insgesamt müssen vier Voraussetzungen geprüft werden, um Dir eine krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen:

1. Negative Prognose

Dein Chef muss berechtigterweise davon ausgehen können, dass keine Verbesserung bei Deiner Krankheit eintreten wird. Leicht zu beweisen ist das bei chronischen Erkrankungen, Drogensucht, Alkoholismus oder Persönlichkeitsstörungen. Bei einem Unfall, durch den Du länger ausfällst, gibt es normalerweise keine negative Prognose. Denn nach dem vollständigen Ausheilen – auch nach einer langen Reha-Zeit – bist Du wieder einsetzbar und es ist keine weitere Erkrankung dieser Art zu befürchten.

Kommt es aber zu einer Verletzung oder einer Krankheit, die dazu führt, dass Du Deine Arbeit nicht wie zuvor weiter ausführen kannst, dann kann das eine Begründung für eine mögliche Kündigung sein. Denn in diesem Fall kannst Du von Deinem Chef nicht mehr so eingesetzt werden wie vorher.

2. Dein Ausfall schadet dem Betrieb

Das liegt vor, wenn Deine Arbeitskraft dauerhaft wegfällt, aber benötigt wird. Wenn Du also über Monate ausfällst, muss in der Regel eine Ersatzkraft eingestellt werden oder die Kollegen müssen den Arbeitsanfall auffangen. Bei kurzzeitigen Erkrankungen muss Dein Chef aber dafür sorgen, dass die zusätzlich anfallende Arbeit aufgefangen wird. Bei Langzeiterkrankungen kann Dein Chef eher beweisen, dass Dein Ausfall dem Betrieb schadet.

3. Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

Bist Du innerhalb eines Jahres mehr als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt erkrankt, muss Dein Chef laut §167 Absatz 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchführen. Das bedeutet, dass Dein Chef mit Dir das Gespräch sucht und herausfinden muss, ob es eine Möglichkeit gibt, die Erkrankung für die Zukunft zu verhindern. Das kann beispielsweise dadurch geschehen, dass ein leidensgerechter Arbeitsplatz hergestellt wird. Der Arbeitsplatz wird dann so gestaltet, dass Du trotz Deiner Erkrankung leidensgerecht arbeiten kannst.

4. Interessenabwägung

An dieser Stelle hat Dein Chef Deine persönlichen Umstände zu berücksichtigen. Dazu gehören zum Beispiel der Familienstand, das Alter oder Unterhaltslasten. Außerdem muss er prüfen, ob Du an einer anderen Stelle im Betrieb eingesetzt werden kannst. Anhand einer Sozialauswahl kann Dein Chef prüfen, ob ein anderer Arbeitnehmer eher entlassen werden müsste als Du als erkrankter Arbeitnehmer. Auch Faktoren wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Häufigkeit und Dauer der vorherigen Erkrankungen oder Erkrankungen durch einen Arbeitsunfall werden berücksichtigt.

Wenn all diese Voraussetzungen geprüft wurden und die Bedingungen gegeben sind, kann Dein Chef eine krankheitsbedingte Kündigung aussprechen.

 

Quelle: Kanzlei Hasselbach Rechtsanwälte

§167 Absatz 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX)



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    Großen Dank für den ausgezeichneten Blog zur Kündigung wegen Krankheit! Diese Angaben werden meinem Bruder gut weiterhelfen. Hoffentlich finde ich bei der nächsten Thematik genauso gute Beiträge.

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