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Männlicher Zahnarzthelfer im Interview

Als Mann in der Praxis: Hahn im Korb

Gianni Jovanovic betreibt inzwischen ein eigenes Bleachingstudio in Köln.

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Das Team ist weiblich – das gilt in den meisten Zahnarztpraxen. Für den Ausbildungsberuf ZFA entscheiden sich fast nur Frauen. Gianni Jovanovic ist da eine Ausnahme: Der 40-jährige Kölner hat als Jugendlicher eine Ausbildung zum Zahnarzthelfer gemacht – jetzt legt er mit dem Bachelor als Dentalhygieniker an der PraxisHochschule Köln nach. Mit DENTAL team hat er darüber gesprochen, wie es ist, als Mann in einem „Frauenberuf“ zu arbeiten.

Herr Jovanovic, warum haben Sie sich dazu entschieden, als Jugendlicher eine Ausbildung zum Zahnarzthelfer zu machen?

Gianni Jovanovic: Eigentlich wollte ich Zahnmedizin studieren. Das hat aber leider nicht geklappt: Ich bin schon mit 16 Jahren Vater geworden – mein Sohn ist inzwischen 24. Deshalb konnte ich damals mein Abitur nicht machen, sondern musste mir einen Job suchen. Meine Frau war damals genauso alt wie ich – wir waren beide eigentlich noch Kinder und haben bei unseren Eltern gewohnt. Mir war klar, dass ich etwas im zahnmedizinischen Bereich machen möchte – das Studium wollte ich später noch nachholen und dafür wollte ich schon Berufserfahrung sammeln. Also habe ich mit 16 in einer kieferorthopädischen Gemeinschaftspraxis in Frankfurt/Main meine Ausbildung zum Zahnarzthelfer angefangen.

Wie ging es dann in Ihrem Berufsleben weiter? Warum habe  Sie den Traum vom Studium doch nicht verwirklicht?

Gianni Jovanovic: Ich habe meine Ausbildung nach 2,5 Jahren vorzeitig abgeschlossen. Danach habe ich zunächst versucht, das Abitur nachzuholen, um dann doch noch zu studieren. Das hat leider nicht geklappt – meine Familie ist dann nach Köln gezogen und ich habe wieder als Zahnarzthelfer gearbeitet. Ich habe sehr viele Bewerbungen verschickt, und einige Zahnärzte haben mich sehr herzlich zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Für die war es eine Sensation, dass überhaupt ein Mann diesen Beruf lernt. Für eine Praxis kann es ja auch ein Vorteil sein, einen Mann einzustellen – weil ich als Mann zum Beispiel nicht wegen einer Schwangerschaft ausfallen kann.

Wie haben Patienten und Kolleginnen damals auf Sie reagiert?

Gianni Jovanovic: Viele Patienten haben mich zunächst für den Arzt gehalten, weil sie erwarten, dass das Praxisteam aus Frauen besteht. Dadurch entstehen zumindest nach außen Probleme in der Hierarchie. Ich bin ein sehr selbstbewusster Mann und war auch schon ein selbstbewusster Teenager – dadurch bin ich immer wieder angeeckt. Es war nicht einfach für mich, in der Praxis Fuß zu fassen: Einige Kolleginnen hatten Schwierigkeiten mit mir und fühlten sich von einem Mann im Team dominiert, auch wenn ich mich immer um ein gutes Miteinander bemüht habe. Ich hatte in der Praxis immer eine besondere Position – obwohl ich das nie wollte. Mir ist es unangenehm, wenn ich als Mann hervorgehoben und allein durch mein Geschlecht anders behandelt und eingeschätzt werde; ich habe mir immer gewünscht, einfach nach meiner fachlichen Kompetenz und Kollegialität beurteilt zu werden.

Haben Sie auch manchmal das Gefühl, dass es in dem Job ein Vorteil ist, ein Mann zu sein?

Gianni Jovanovic: Ich habe für eine Zeit in einer Zahnklinik in einem Brennpunktviertel hier in Köln gearbeitet. Immer mittwochs hatten wir lange Sprechzeiten bis 24 Uhr. Am Anfang war ich eigentlich in der Assistenz. Ich bin dann aber in die Anmeldung versetzt worden, weil dort häufig aggressive Leute aufgetaucht sind und meine Kolleginnen abends einfach Angst hatten, da allein zu sitzen. Einmal waren eine junge Zahnärztin, eine Assistentin und ich zu dritt bis spät abends in der Praxis. Ein Patient war betrunken und kam mit einem schmerzhaften Abszess zu uns. Der ist im Behandlungszimmer gewalttätig geworden und hat die Ärztin so stark in den Unterleib getreten, dass sie zusammengebrochen ist. Ich konnte ihn zum Glück überwältigen – meine Kollegin konnte dann die Polizei rufen. Da war ich froh, ein Mann zu sein – aber das war wirklich das einzige Mal.

Sie sind inzwischen ja Ihr eigener Chef…

Gianni Jovanovic: Auf Dauer wollte ich gern stärker eigenverantwortlich arbeiten – das habe ich auch schon in meiner Ausbildung in der kieferorthopädischen Praxis kennengelernt. Mir war es immer etwas unangenehm, bei einer Behandlung mehrere Stunden mit dem Chef in einem Raum zu sein. Ich habe mich 2005 auf den Bereich Bleaching spezialisiert und in einem MVZ ein eigenes Bleachingstudio gegründet. Die Idee war, die Prophylaxe und den zahnkosmetischen Bereich von der Zahnarztpraxis getrennt, aber trotzdem direkt in der Nähe anzubieten. Ich wollte einfach mein eigener Chef sein.

Wie sind Sie dazu gekommen, jetzt den Dentalhygieniker-Bachelor zu machen?

Gianni Jovanovic: 2008 habe ich schon die Ausbildung zum ZMP abgeschossen. Ich wollte mehr über das Thema Prophylaxe und Bleaching lernen – je mehr ich über eine Dienstleistung oder Therapie weiß, desto besser kann ich die Patienten beraten und behandeln. Und das gilt natürlich auch für den Bachelor. Wenn ich den Abschluss habe, bin ich der einzige Dentalhygieniker, der in Köln in einem MVZ Patienten versorgt. Das ist ein gutes Alleinstellungsmerkmal, um sich auf dem Markt abzuheben.

Was bringt Ihnen das Studium an der Praxis-Hochschule für Ihren Beruf?

Gianni Jovanovic: Ich würde mir im Studium mehr Gruppenarbeit wünschen. Der wissenschaftliche Mehrwert für die eigene persönliche Entwicklung ist aber groß – die Dozenten sind sehr engagiert. Der Bachelor ist natürlich das Wichtigste – der akademische Grad spielt heute in der Arbeitswelt einfach eine wichtige Rolle, wenn man sich in dem Beruf weiterentwickeln will. Das wertet das Berufsbild enorm auf und ist auch wichtig für das eigene Selbstbewusstsein. Ich würde das jeder ZFA sehr ans Herz legen, auch einen Bachelor zu machen.



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