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Online-Fortbildung ist der neue Trend

Ruhestand von Prof. Dr. Johannes Einwag

Online-Fortbildung ist der neue Trend

Prof. Johannes Einwag wie man ihn kennt: Inmitten einer Fortbildung für Praxismitarbeiterinnen. Nach 30 Jahren geht Einwag als Leiter des ZFZ Stuttgart in den Ruhestand.

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30 Jahre leitete Prof. Dr. Johannes Einwag das Zahnmedizinische Fortbildungszentrum (ZFZ) Stuttgart, welches in seiner Zeit weit über die Grenzen Baden-Württembergs bekannt geworden ist. Mitten in der Pandemie hat Einwag sich in den Ruhestand verabschiedet. Zeit für team, mit ihm ein Abschiedsinterview zu führen und zu hören, wie es für den Experten der Präventiven Zahnmedizin weitergeht, dem die Fortbildung der Praxismitarbeiter, durch die Pandemie häufig in Form einer Online-Fortbildung, immer am Herzen lag.

Lieber Herr Prof. Einwag, Sie sind seit kurzer Zeit als Leiter des ZFZ Stuttgart im wohlverdienten Ruhestand. Haben Sie sich schon daran gewöhnen können?

Prof. Dr. Johannes Einwag: Die Frage lässt sich schnell beantworten: Nein! Ich weiß bis heute nicht, was Ruhestand ist. Zu viele Projekte liegen noch „unvollendet“ auf dem Schreibtisch: Publikationen, Programme über die Entwicklung neuer Fortbildungsformate, bis hin zur Konzeption von Kongressen. Hinzu kommen Aktivitäten als Referent (im Augenblick noch nahezu ausschließlich online) und vermehrte Anfragen nach „Beratertätigkeit“. Eigentlich bräuchte ich Urlaub…

Sie haben am ZFZ Stuttgart die Grundlage für die heutige DH-Aufstiegsfortbildung gelegt. Wie kam es damals dazu?

Einwag: Mit dem Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes im Jahre 1993 wurden durch Artikel 22 („Änderung des Gesetzes zur Ausübung der Zahnheilkunde“) erstmals die gesetzlichen Voraussetzungen für die Qualifizierung einer „Dental-Hygienikerin“ (DH) in der Bundesrepublik Deutschland geschaffen. Am ZFZ in Stuttgart nutzten wir die Gunst der Stunde für eine radikale Reform der Mitarbeiterfortbildung. Wir entwickelten das System der „Aufstiegsfortbildung zur Dentalhygienikerin“, ein im Vergleich zur Ausbildung „revolutionäres“ Fortbildungsformat mit entscheidenden Vorteilen sowohl für die Mitarbeiter selbst als auch für die Praxen und vor allem auch die Patienten:

  1. Das System ist strukturell klar gegliedert, aber gleichzeitig flexibel und personalisierbar. Voraussetzung ist die Berufsausbildung zur ZFA (früher: ZAH). Die einzelnen Module sind in sich abgeschlossen und bauen aufeinander auf. Jede Teilnehmerin kann – auch nach Beginn der Fortbildung noch – entscheiden, welches Fortbildungsziel sie letztlich erreichen möchte.
  2. Die einzelnen Module sind zeitlich und inhaltlich überschaubar und ggf. kurzfristig anpassungsfähig. Sie sind so konzipiert, dass nach Abschluss eines Moduls erst in der Praxis Routine erworben wird, bevor die nächste Qualifikationsstufe angegangen wird. Dies ist ein entscheidender Schritt zur Qualitätssicherung.
  3. Die Fortbildung ist in Abhängigkeit von den familiären und finanziellen Rahmenbedingungen (z.B. Babypause, Erziehungszeit, Pflege von Angehörigen) individuell berufsbegleitend planbar. Ob die gesamte Palette der Module in 2, 5 oder 10 Jahren absolviert wird, ist irrelevant. Einmal gewonnene Qualifikationen gehen nicht verloren.
  4. Die Fortbildung in einzelnen Modulen ist für die Praxis in der Regel problemlos organisierbar. Ein Fortbildungssystem, das Mitarbeiter mehr als zwei Monate aus der Praxis abzieht, ist heute kaum noch vermittelbar.
  5. Für die Qualität der Versorgung ganz besonders wichtig: Die praktischen, organisatorischen und kommunikativen Fähigkeiten für den Umgang mit dem Patienten werden über Jahre im Routinebetrieb der zahnärztlichen Praxis erworben.

Der Erfolg gab uns Recht! Die letzten 25 Jahre haben gezeigt: Modulare Systeme wie die Aufstiegsfortbildung sind die ideale Lösung, entsprechenden Herausforderungen flexibel zu begegnen.

Nach 30 Jahren als Leiter eines Fortbildungsinstituts, wie schätzen Sie die aktuelle Lage der Fortbildung für Praxismitarbeiterinnen in Deutschland ein? Geht der Trend zur Online-Fortbildung?

Einwag: Die Lage ist „herausfordernd“ wie noch nie in den vergangenen 30 Jahren! Wir haben quantitativ wie qualitativ Defizite. Zu Beginn meiner Tätigkeit in Stuttgart hatten Bewerber für die Ausbildung zur Zahnarzthelferin (ZAH) vielfach einen Realschulabschluss – und es gab viele Ausbildungsverträge. Heute sind wir froh um jede Bewerberin zur Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) mit Hauptschulabschluss – viele Bewerber haben nicht einmal diesen. Und es gibt nicht einmal mehr die Hälfte der Ausbildungsverträge. Gleichzeitig sind die Anforderungen an eine qualifizierte Assistenz gestiegen. Die Herausforderung ist offensichtlich: Wir benötigen Fortbildungsformate, die eine ausreichende Höherqualifizierung bei nur kurzfristiger Abwesenheit der fortzubildenden Mitarbeiter (es gibt ja nicht mehr viele) aus den Praxen gewährleisten. Aber wir arbeiten dran: Das modulare System der Aufstiegsfortbildung ist dafür die perfekte Basis. Es muss aber weiter optimiert werden, beispielsweise durch einen intelligenten Mix aus Online- und Präsenz-Modulen. Wobei in der Präsenz das Training der praktischen Fähigkeiten im Mittelpunkt steht. Ein weiterer Aspekt ist mindestens ebenso wichtig: Moderne Fortbildungsformate wie beispielsweise eine Online-Fortbildung müssen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gewährleisten.

Das ZFZ Stuttgart ist durch Sie bundesweit für seine innovativen Fortbildungen bekannt geworden. Wie geht es hier weiter? Anders gefragt: Dürfen wir uns auf zukünftige Sommerakademien freuen?

Einwag: Diese Frage müssten Sie eigentlich meiner Nachfolgerin stellen. Ich gehe aber davon aus, dass Fortbildungsformate in der Art der Sommerakademie nicht zuletzt aufgrund ihrer „Teambuilding“- Funktion sogar verstärkt angeboten werden müssen, im gesamten Bundesgebiet. Die Attraktivität des Berufsbildes muss gestärkt werden – in allen Regionen. Geeignete Fortbildungsangebote sind ein wichtiger Farbtupfer auf der Palette der Möglichkeiten.

Welche Rolle spielt Corona aktuell in der Fortbildungslandschaft und welche Veränderungen werden sich dadurch auch zukünftig ergeben?

Einwag: Die Corona-Pandemie ist eine neue, spannende Herausforderung und bietet aus meiner Sicht vielfältige Chancen. Corona ist Zeit für Gestalter – Kreativität bei der Entwicklung neuer Fortbildungsformate wird belohnt. Im ZFZ konnten wir das durch die wachsenden Teilnehmerzahlen der modernen Online-Formate (z.B. den „Dental6Days“ oder dem „Monat des Frontzahntraumas“) eindrucksvoll erfahren. Natürlich wird es auch in Zukunft Präsenzveranstaltungen geben und geben müssen (etwa zur Vermittlung praktischer Fertigkeiten und bei „Wiedersehenstreffen“). Die Balance zwischen einer Online-Fortbildung und Präsenzfortbildungen wird sich aber in Richtung „Online“ verschieben – ein unumkehrbarer Trend.

Was würden Sie sich für die Praxismitarbeiterinnen und insbesondere die Prophylaxefachkräfte in der Zukunft wünschen?

Einwag: Die Wertschätzung, die sie verdienen! Unsere Gesellschaft hat es doch gerade während der Corona-Pandemie in vielen Bereichen schmerzhaft erfahren müssen, was „Mangel“ bedeutet: Mangel an Fachleuten (z.B. Pflegekräften), Mangel an Strukturen (z.B. Intensivbetten), Mangel an Material (z.B. Impfstoffe). Ich will mir im Interesse der Mundgesundheit unserer Patienten gar nicht vorstellen, was ein Mangel an Prophylaxemitarbeitern bedeuten würde…



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