Etwas Abseits vom wissenschaftlichen Hauptprogramm des Deutschen Zahnärztetages fand das Programm für die Praxismitarbeiter statt. Dafür lohnte sich der Weg in das Seminarzentrum Fortbildungsakademie Zahnmedizin Hessen (FAZH) in Frankfurt. Es gab viele praktische Tipps für die tägliche Arbeit mit den Patienten.
Ein immer häufiger bei Patienten auftretendes Thema nahm sich Prof. Dr. Carolina Ganß aus Gießen vor: Erosionen. Welche Besonderheiten bei Patienten mit Erosionen bestehen und was man tun und was lassen sollte, vermittelte Ganß den Teilnehmerinnen auf sehr anschauliche und informative Weise.
Keine Remineralisierung
Das Problem bei Erosionen am Zahnschmelz sei, dass es keine Remineralisierung wie bei Karies gebe. Treten Erosionen beim Dentin auf, droht der Verlust an Mineral sowie eine Eröffnung der Dentintubuli (Ursache von Dentinhypersensibilitäten). Erosionen würden auch nur auf plaquefreien Flächen entstehen. Anders als Karies, die nur dort entsteht, wo sich Plaque befindet.
Auch auf die zahlreichen Ursachen ging Ganß ein. Zu den endogenen (inneren) Säurequellen zählt sie die Magensäure, etwa bei Patienten mit chronischem Erbrechen oder Refluxerkrankungen. „Gerade Refluxerkrankungen werden von den Patienten oft nicht gleich erkannt. Hier sollten Sie auf die Symptome achten.“
Exogene (äußere) Ursachen, die für Erosionen verantwortlich sein können, sind Nahrungsergänzungsmittel („Eine Patientin löste Vitamin-Tabletten gerne zwischen den Zähnen auf“), Asthmasprays mit saurem PH-Wert oder die selteneren berufsbedingten Faktoren (bei Wein-Sommeliers). Ein wichtiger Punkt sind auch die Säuren in Lebensmitteln. „Einfacher ist es, den Patienten Kategorien zu nennen, da es einfach zu viele einzelne Lebensmittel betrifft“, rät Ganß.
PH-Wert überprüfen
Sollten Patienten wissen wollen, ob sie ein Lebensmittel oder Getränk unbedenklich verzehren können, empfiehlt die Referentin auch gerne PH-Indikator-Stäbchen aus der Apotheke.
Was die Therapie betrifft, erklärte Ganß zwei Ansätze. Zum einen die Primär-Prävention, die durch das Informieren der Patienten über die Gefahren des chronischen Säureeinflusses abgedeckt wird. „Glücklicherweise sind Erosionen noch nicht so ein flächendeckendes Problem wie in den USA oder der Schweiz.“
Für die Sekundärprävention ist die die Diagnose und eine Identifikation der Säurequelle ausschlaggebend. Hierbei gelte es, laut Ganß, darauf zu achten, ob die „Abnutzung“ pathologisch sei oder normal für das Alter der Zähne. Für die Identifikation der Säurequelle sollte eine sorgfältige Anamnese erfolgen, im Zweifelsfall ein Ernährungsprotokoll geführt werden. „Hier empfiehlt sich auch die Zusammenarbeit mit dem Internisten oder Gastroenterologen.“
Auch Tipps für die Verwendung von Mundhygieneprodukten hatte Ganß im Gepäck. Laut der Oberärztin in der Abteilung für Zahnerhaltungskunde und Präventive Zahnheilkunde des Medizinischen Zentrums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Justus-Liebig-Universität in Gießen, sind bestimmte Fluoridverbindungen bei Erosionen erfolgreicher als andere. Gute Ergebnisse erzielen hier Mundspüllösungen mit Zinnfluorid. Sie bilden eine „Deckschicht“, die entsprechend dicker wird, je konzentrierter das Präparat, saurer der PH-Wert und länger die Einwirkzeit ist.
Empfehlenswert: Clearfil SE
Ein Erfolgsfaktor scheint auch die Beschichtung erosionsgeschädigter Zähne mit kompositbasierten Präparaten zu sein. In Gießen haben Ganß und ihr Team diese Produkte selber in verschiedenen Versuchen getestet. Dabei stellte sich heraus, dass Clearfil SE von Kuraray besonders empfehlenswert für Erosionspatienten ist.
Bei Zahnpasten ist das Bild ähnlich wie bei den Mundspüllösungen. Auch hier sind zinnhaltige Fluoridpasten effektiv bei Schmelzerosionen. „Allerdings halte ich die Mundspüllösungen für die bessere Empfehlung bei Patienten mit Erosionen“, sagt Ganß. Wenn es Zahnpasten sein sollen, rät Ganß zu Gelen. RDA- oder REA-Werte sind für sie übrigens kein klarer Indikator für eine Empfehlung. „Die Laborwerte einer Zahnpasta bei RDA und REA ergeben sehr starke Variationen- abhängig auch vom Labor. Auch die Rolle der Putzkörper ist für die Effektivität noch unklar“, erklärt Ganß.
Praktische Übung im Phantomkopfraum
Neben den theoretischen Vorträgen zu Hygiene, Kommunikation, Fehlermanagement oder Mundgeruch wurde es in Frankfurt aber auch richtig praktisch: Gleich zwei Mal musste der Kurs „Mit Systematik zum Ziel – Was muss ich bei der PZR und UPT beachten“ aufgrund der hohen Nachfrage angeboten werden. Im Phantomkopf-Kursraum der FAHZ vermittelten Susanne Amberg, Zahnärztin aus Gelnhausen und Graziella Barthmann, ZMF aus Hanau, ganz praktische Prophylaxe-Tipps. Das Ziel der Referentinnen: Unklarheiten bei der PZR beseitigen und neue Lösungswege suchen.
Dabei durfte natürlich auch der Umgang mit Ultraschallgerät, Küretten oder Pulverstrahlgerät nicht fehlen. Für jede Teilnehmerin stand ein Phantomkopf zur Verfügung, an dem die gelernten Inhalte direkt umgesetzt werden konnten.
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