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1010, 4000, 0100. 0090 GOZ: Viel hilft viel?

Abrechnung

1010, 4000, 0100. 0090 GOZ: Viel hilft viel?

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Das Begründen von Leistungen oberhalb des sogenannten Schwellenwerts scheint eine Wissenschaft für sich zu sein. Noch mühevoller wird das Prozedere, wenn es einzelne Beihilfestellen beziehungsweise beihilferechtlich arbeitende Kostenerstatter gibt, die Indikationsbegründungen fordern, die vom Verordnungsgeber gar nicht vorgesehen sind.

Die auf der Rechnung angegebenen Begründungen sind aus beihilferechtlicher Sicht nicht ausreichend“ oder „die angegebenen Begründungen stellen keine personenbezogene Gründe dar …“ – wir kennen sie alle, diese Formulierungen. So oder so ähnlich findet man sie in schöner Regelmäßigkeit in diversen Beihilfebescheiden, unabhängig von der jeweils zuständigen Beihilfestelle.

Nicht nur angesichts dieser zitierten Anmerkungen erscheint das Begründen von Leistungen oberhalb des sogenannten Schwellenwertes eine Wissenschaft für sich zu sein. Nun ist natürlich grundsätzlich zu unterscheiden einerseits nach Begründungen zu Schwellenwertüberschreitungen (wie eingangs erwähnt) und andererseits nach Indikationsbegründungen. Letztere sind in ihrer Bedeutung hinsichtlich der Fälligkeit einer zahnärztlichen Liquidation nicht zu unterschätzen und es gibt sieben Konstellationen, die eine Indikationsbegründung auf der Rechnung ausdrücklich fordern, so zum Beispiel die sitzungsgleiche Berechnung der Leistung nach Nummer 1010 GOZ (Mundhygiene-/Remotivationskontrolle) neben der Leistung nach Nummer 4000 GOZ (Erheben eines Parodontalstatus).

Berechnung nur mit Begründung

Umso ärgerlicher erscheint es, dass in letzter Zeit zu den ohnehin schon häufig beihilferechtlich nicht anerkannten Schwellenwertüberschreitungen es nun einzelne Beihilfestellen beziehungsweise beihilferechtlich arbeitende Kostenerstatter gibt, die Indikationsbegründungen fordern, die vom Verordnungsgeber gar nicht vorgesehen sind.

Ein Beispiel: „Das Berechnen der Leistung nach Nummer 0090 GOZ neben der Leistung nach Nummer 0100 GOZ ist nur mit Angabe einer entsprechenden Begründung möglich.“

Auf den ersten Blick mag diese Feststellung gar nicht so befremdlich klingen, ist doch beispielsweise die mehrfache Berechnung der intraoralen Infiltrationsanästhesie nach Nummer 0090 GOZ je Zahn zwar möglich, allerdings ausdrücklich nur mit Angabe einer entsprechenden Indikationsbegründung. So heißt es denn auch in der betreffenden Berechnungsbestimmung in der Gebührenordnung: „Wird die Leistung nach Nummer 0090 je Zahn mehr als einmal berechnet, ist dies in der Rechnung zu begründen.“

Begründungsnotwendigkeit

Doch trifft dies auch auf die Nebeneinanderberechnung dieser Leistung neben der intraoralen Leitungsanästhesie nach Nr. 0100 GOZ zu? Benötigt die wiederholte Berechnung der orts- und sitzungsgleichen Leitungsanästhesie ebenfalls eine explizite Begründung auf der Rechnung? Diese Frage lässt sich mit der Leistungsbeschreibung zur 0100 GOZ und den Allgemeinen Berechnungsbestimmungen in Abschnitt A. der GOZ beantworten, denn dort ist keine derartige Begründungsnotwendigkeit vom Verordnungsgeber formuliert worden.

Leistungsinhalt der Nr. 0100 GOZ ist die intraorale Betäubung (Ausschaltung der Schmerzempfindung) im Ausbreitungsgebiet eines ganzen Nervastes mittels eines injizierten Anästhetikums in Form eines „Lokaldepots“ entweder paranerval oder perinerval. Eine begrenzte Einwirkung des Anästhetikums an bestimmten Stelle des Nervstamms (knöchernes Austrittsforamen) bewirkt eine Hemmung bis hin zur Ausschaltung der Fortleitung von Schmerzempfindung im gesamten peripheren Ausbreitungsgebiet des betreffenden Nervastes. Doch es gibt im Mund bekanntlich Regionen, die durch mehrere separate Nerväste versorgt werden, zum Beispiel im Unterkieferfrontzahnbereich. Dort reicht oft aufgrund der bestehenden Anastomosen (Gebietsüberlappungen) eine alleinige Leitungsanästhesie zur Schmerzausschaltung nicht aus . Dann ist zumindest eine lokale Infiltrationsanästhesie zusätzlich erforderlich und wird nach Nr. 0090 GOZ in Ansatz gebracht.

Eine Empfehlung ist keine Voraussetzung

Nun wäre die hier geschilderte anatomische Situation mit der Indikationsbegründung „Ausschaltung Anastomosen“ auf der Rechnung bei der Nebeneinanderberechnung beider Leistungen (0100 GOZ + 0090 GOZ) orts- und sitzungsgleich gebührenrechtlich sicher nicht falsch. Die Bundeszahnärztekammer kommentiert so auch in diesem Sinne:

„… Die Leitungsanästhesie ist entsprechend der Anzahl der zu anästhesierenden Nerven und/oder bei lang dauernden Eingriffen auch mehrfach berechnungsfähig. Eine Begründung für den mehrfachen Ansatz der Leistung nach Nummer 0100 oder für die Nebeneinanderberechnung der Nummern 0100 und 0090 ist empfehlenswert.“

Dennoch: Indikationsbegründungen auf der Rechnung zu empfehlen ist die eine Sache, zur Berechnungsvoraussetzung können sie damit nicht gemacht werden.

Um den Erstattungsprozess für den Patienten nicht unnötig zu erschweren, können auf dessen Wunsch sicher entsprechende Erläuterungen nachträglich dem betreffenden Kostenerstatter mitgeteilt werden, gern dann aber auch mit dem Hinweis, dass eine gebührenrechtliche Notwendigkeit zu dieser Auskunft nicht besteht.

Fazit

Zur gebührenrechtlich korrekten Rechnungslegung ist nicht der Grundsatz „Viel hilft viel“ zutreffend, sondern eher ein Grundsatz aus dem Qualitätsmanagement: „So viel wie nötig“.



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