Die digitale Volumentomografie ist ein modernes Diagnostikverfahren und in der Zahnheilkunde stark auf dem Vormarsch. Doch so innovativ sich diese Technologie präsentiert, so kontrovers wird schon seit Beginn der Einführung dieser Röntgentechnik die Erstattung der dabei anfallenden Kosten diskutiert.
Die Diskussionen beschränken sich keineswegs nur auf die privatärztliche beziehungsweise privatzahnärztliche Gebührenordnung. Während sich in diesem Bereich Kostenerstatter und private Krankenversicherungen im Erstattungsprozess meist zur medizinischen Notwendigkeit einer DVT-Aufnahme äußern, geht es für gesetzlich Versicherte darum, ob selbst bei bestehender Indikation diese Röntgentechnik für sie als Sachleistung zugänglich wäre. Unbestritten ist zunächst, dass eine Digitale Volumentomografie kein Bestandteil des Leistungskatalogs (BEMA) der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist und somit die Kosten für diese Leistung grundsätzlich nicht unter die Leistungspflicht einer gesetzlichen Krankenkasse fallen.
Besondere Einzelfallsituation
Allerdings hat der Gesetzgeber den GKV-Kassen einen Ermessensspielraum bei der Erstattung moderner, innovativer Diagnostik- und Therapieverfahren zugestanden. Zumindest ist es dem gesetzlich Versicherten gemäß Sozialgesetzbuch Nr. 5 (SGB V), § 13 Abs. 2 freigestellt, anstelle von Sach- oder Dienstleistungen für vom behandelnden Arzt/Facharzt oder Zahnarzt/Fachzahnarzt veranlasste Leistungen das Verfahren der Kostenerstattung gemäß dessen speziellen Vorgaben zu wählen. Damit besteht durchaus die Möglichkeit, dass auch eine gesetzliche Krankenversicherung in dieser besonderen Einzelfallsituation im Effekt Kosten für eine DVT-Aufnahme (anteilig) übernehmen könnte.
Entscheidend dürfte auch hier, wie im Sektor der privaten Krankenversicherungen, die medizinische Notwendigkeit für die Anfertigung einer solchen Röntgenaufnahme sein. Da beispielsweise implantatchirurgische Leistungen bis auf einen sehr eng definierten Ausnahmekatalog keine Leistungsbestandteile der gesetzlichen Krankenversicherung sind, ist bei der Klärung der medizinischen Notwendigkeit für eine DVT-Aufnahme bei einem gesetzlich versicherten Patienten der Indikationsrahmen unter Umständen noch detaillierter zu ziehen als im privatrechtlichen Bereich.
- Wurzelfrakturen/-dislokationen und Alveolarfortsatzfrakturen
- knöcherne Kiefergelenkerkrankungen
- Form- und Lageanomalien von Zähnen und deren Relation zu Nachbarstrukturen (Zahnwurzeln, Kiefer- und Nasennebenhöhle, Nervenverläufe)
- odontogene Tumoren
- Knochenanomalien, Strukturanomalien der Kieferknochen (insbesondere bei Ostitis, Osteomyelitis und Osteoporose)
- Kieferhöhlenerkrankungen in der kieferorthopädischen Diagnostik, z. B. zur Abklärung von Anomalien des Zahnbestandes, Dysplasien von Zahnwurzeln, Zahndurchbruchsstörungen und zur Darstellung des Knochenangebots vor Zahnbewegungen
- Diagnostik und Operationsplanung bei komplexen Fehlbildungen
Wichtig bei der Beurteilung solcher Indikationen ist auch, dass die DVT kein isoliertes Diagnostikmittel darstellt; vielmehr hat sie ihren Platz in einem abgestuften Konzept von Röntgenaufnahmen mit:
1. Basisuntersuchung durch Einzelzahnbilder und/oder Übersichtsaufnahmen (Panoramaschichtaufnahme/ Orthopantomografie),
2. gegebenenfalls aufbauenden befundbezogenen Untersuchungen zur gezielten Abklärung (Zahnfilme mit geändertem Aufnahmewinkel, okklusale Einzelbilder/Aufbissaufnahmen, transversale Schichtaufnahmen),
3. Untersuchung der dritten Dimension mit digitaler (dentaler) Volumen-tomografie (DVT),
4. weiterführenden Untersuchungen bei komplexen pathologischen Veränderungen (unter Umständen mehrschichtiges CT, spezielle Kontrastaufnahmen, MRT „Magnetresonanztomografie“ von Weichteilen und Ähnlichem).
Fakt ist, dass konventionelle, herkömmliche Röntgenbilder nur zweidimensional darstellen, was in Wirklichkeit dreidimensional strukturiert ist, und somit immer eine gewisse Verzerrung durch Überlagerung etc. mit sich bringen. So ist der genaue Abstand zu wichtigen anatomischen Strukturen wie z. B. der Nervlage oder der detaillierten Ausdehnung einer unklaren Knochenstruktur nicht immer exakt messbar. Die dritte Ebene hingegen stellt auch die transversale Neigung dar, die beispielsweise eine überzählige, mitunter extrem verlagerte Zahnanlage aufweist. Diese Informationen können durch eine DVT vermittelt werden zugunsten der Behandlungssicherheit.
Unentbehrliches Instrument
Mithilfe computergestützter Planungsprogramme kann dann z. B. in Kombination mit der Schnittbildtechnik der DVT der operative Eingriff virtuell am Bildschirm vorgeplant werden, dies sowohl effektiv als auch minimalinvasiv – gerade im Bereich der Kiefer-/Gesichtschirurgie ein mitunter unentbehrliches Instrument. Doch auch wenn seitens der diagnostischen Anforderungen eine sogenannte „rechtfertigende Indikationsstellung“ für den Einsatz einer DVT vorliegt, muss diese zusätzlich bezüglich weiterer Gegebenheiten abgewogen werden, z. B. hinsichtlich der Strahlenbelastung (z. B. bei Kindern und Jugendlichen), und sorgfältig dokumentiert werden gemäß Röntgenverordnung.
Es gilt zu bedenken, dass im Vergleich zu einem herkömmlichen CT (Computertomogramm) die DVT zwar den Vorteil einer geringeren Strahlendosis mit höherer Auflösung bietet, jedoch Einzelzahnfilme oder ein OPG (Orthopantomogramm) mit ihren Werten noch und ggf. deutlich darunter liegen. Sollte eine Krankenkasse nach entsprechender Vorlage einer Privatrechnung zur Kostenübernahme trotz rechtfertigender Indikation sich dennoch darauf berufen, dass diese Röntgenleistung lediglich bei „komplizierten Fällen“ notwendig und ein derartiger Fall nicht gegeben sei, so sollte folgender Umstand sehr deutlich dargelegt werden: Ein Kostenträger übernimmt niemals das unzweifelhaft gegebene erhöhte Schadenrisiko bei Unterlassen einer indizierten DVT-Aufnahme und der zuge-hörigen weiterführenden Spezialauswertung: Dieses Risiko verbleibt definitiv immer bei dem Behandler.
Eine Vorhersage sei gewagt: Die immensen Fortschritte bei dieser digi-talen Röntgentechnik werden vielen Diskussionen zur Erstattung der DVT Anlass und Ansatz nehmen.
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