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Wann ist die Nummer 9020 notwendig?

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Abrechnung

Wann ist die Nummer 9020 notwendig?

Temporäre Implantate bereiten bei der Abrechnung oftmals Probleme. © BEGO

Temporäre Implantate tragen entweder eine Versorgung wie einen Lückenhalter, oder sie dienen als Widerlager für orthodontische Kräfte etwa von Federn. Die medizinische Notwendigkeit solcher umgangssprachlich auch Hilfsimplantate genannten Leistungen wird nicht in jedem Fall von den Kassen anerkannt.

Der Verordnungsgeber hat mit der novellierten zahnärztlichen Gebührenordnung
im Jahre 2012 temporären Implantaten mit der Leistung nach Nummer 9020 GOZ eine eigene Gebührenziffer zugestanden. Deshalb sollte eigentlich davon auszugehen sein, dass für diese Versorgungsform dem Grunde nach eine medizinische Notwendigkeit besteht. Für die orthodontischen temporären Implantate scheint dies aus Sicht von privaten Krankenversicherern und Beihilfestellen auch zuzutreffen, für die Hilfsimplantate im Rahmen einer umfangreichen implantatgetragenen prothetischen Versorgung aber eher weniger.

Nicht selten flattern schon kurz nach Ausstellung eines entsprechenden Therapieplans für die vorgesehene Insertion derartiger Hilfsimplantate den betroffenen Patienten zum Teil sehr umfangreiche Schreiben der Krankenversicherer oder Beihilfestellen ins Haus. Diese stellen just die medizinische Notwendigkeit gänzlich ohne Sachverständigenprüfung infrage. Für die betroffenen implantologisch tätigen Zahnärzte, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen wächst sich diese Praxis zu einem aus administrativer Sicht recht mühsamen Geschäft aus.

Geht es um Sparmaßnahmen?

Doch geht es tatsächlich um Sparmaßnahmen von privaten Versicherern und Kostenerstattern? Schaut man sich die gebührenrechtlichen Fakten an, so lässt sich Folgendes feststellen: Bei einem temporären Implantat handelt es sich meist um ein Implantat mit verminderten Abmessungen (häufig einzeitig transgingival); eine Mindestdauer für das Verbleiben solcher Implantate ist weder gebührenrechtlich definiert noch vorgeschrieben. Rein abrechnungstechnisch könnten diese Hilfsimplantate eine zeitlich begrenzte, aber auch definitive Rolle einnehmen, letztere zum Beispiel nach einer Zahnentfernung im Frontzahnbereich im Zuge einer Sofortimplantation.

Sie können endgültigen Implantaten nach GOZ-Nummer 9010 natürlich auch vorausgehen oder sitzungsgleich ortsgetrennt neben solchen inseriert werden. Temporäre Implantate verbleiben häufig mindestens drei Monate, meist aber deutlich länger in situ und werden oft festsitzend mit laborgefertigten Provisorien
nach den GOZ-Ziffern 7080 und 7090 versorgt. Aber auch eine abnehmbare langzeitprovisorische Versorgung ist möglich, etwa mit der temporären Prothese nach Nummer 5200 GOZ als „Kunststoffbasis“ und den jeweils anfallenden
Prothesenspannen nach Nummer 5070 GOZ. Ebenfalls zahnmedizinisch indiziert kann eine provisorische Deckprothese nach Nummer 5220 oder 5230 GOZ sein.

Ambivalente Einschätzung

Aus Beihilfesicht ist die Einschätzung als derzeit eher ambivalent zu bezeichnen. Obwohl das VGH Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 03.05.12 (Az. 2 S 156/12) eindeutig urteilte: „Provisorische Implantate sind beihilfefähig und unterfallen nicht der in der Beihilfeverordnung festgeschriebenen Beschränkung implantologischer Zahnarztleistungen auf zwei Implantate pro Kieferhälfte.“ Andere Landes-Beihilferichtlinien halten sich eher bedeckt mit solchen Aussagen. Für Nordrhein-Westfalen lässt sich in der Richtlinie Nummer 30 (NRW) zu Nummer 9020 GOZ lediglich Folgendes finden: „Die Leistung nach Nummer 9020 GOZ bildet die Einbringung von Implantaten zum temporären Verbleib ab. Zu diesen – in der Regel transgingival eingebrachten – Implantaten gehören auch die orthodontischen, im Rahmen kieferorthopädischer Maßnahmen genutzten Implantate.“

Damit wird einzig die Sachlage erläutert, die Formulierung unterteilt die Hilfsimplantate in unbestimmt anderweitig genutzte und in orthodontische. Allerdings heißt es in der besagten Beihilferichtlinie Nummer 30 des Landes NRW zur GOZ-Nummer 9020 am Ende: „Im Rahmen einer implantatprothetischen Versorgung
dürfte eine medizinische Notwendigkeit (für Nr. 9020) allerdings kaum zu begründen
sein.“ Da drängt sich unweigerlich die Frage auf, wozu Hilfsimplantate noch anderweitig genutzt werden sollten, außer zur orthodontischen Behandlung und bei Durchführung einer implantologischen und rekonstruktiv prothetischen Versorgung?

Immerhin lässt die konjunktive Art der Formulierung Raum für die Spekulation, dass die Beihilfe dennoch bei der im Rahmen einer Vollversorgung anfallenden Nummer 9020 einen deutlichen Erstattungsspielraum nutzen kann, sollte das temporäre Implantat primär nicht orthodontischen Zwecken dienen. Solche Entwicklungen werden natürlich von den privaten Krankenversicherern mit höchster Aufmerksamkeit beobachtet. Das hat zur Folge, dass geplante temporäre Implantatversorgungen in großer Zahl zunächst von den Beratenden Zahnärzten der jeweiligen Versicherungsgesellschaft hinsichtlich der medizinischen Notwendigkeit hinterfragt werden. Für den Patienten bedeutet dies häufig längere Bearbeitungszeiten für den eingereichten Therapie- und Kostenplan mit teilweise umfangreichem begleitendem Schriftverkehr. Damit gehen deutliche Verzögerungen in der Terminplanung und Durchführung der entsprechenden Behandlung einher.

Erstattung verbindlich klären

Die zahnärztliche Praxis kann sich aus organisatorischer Sicht zum Beispiel dahin gehend aufstellen, dass sie neben der ohnehin gesetzlich vorgeschriebenen therapeutischen und wirtschaftlichen Aufklärung des Patienten die Behandlungsplanung zeitlich mit entsprechendem Vorlauf gestaltet. So hat der Patient die Möglichkeit, eine Erstattungs- oder Beihilfefähigkeit temporärer
Implantate verbindlich mit dem jeweiligen Kostenerstatter zu eruieren. Nur so können wirtschaftliche Risiken sowohl für die Praxis als auch für den Patienten minimiert und ein vertrauensvolles Miteinander maximiert werden.



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  1. Anita

    10 November

    Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Implantate. Interessant, dass es temporäre Implantate gibt. Ich war immer der Meinung, dass diese nur permanent eingesetzt werden können. Ich werde mich zu dem Thema Implantologie mal von meinem Zahnarzt beraten lassen.

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