Die Wechselwirkung zwischen Parodontitis und Diabetes mellitus ist mittlerweile sehr gut erforscht. Dennoch gibt es in den Praxen immer wieder Unsicherheiten, wie mit betroffenen Patienten umzugehen ist. team sprach mit der Expertin DH Karola Westrup über das Thema.
Als bakteriell bedingte Erkrankung des Zahnhalteapparats ist die Parodontitis in der Zahnmedizin ein sehr wichtiges und großes Thema. Die Schwere und der Verlauf der parodontalen Erkrankung können durch eine Vielzahl von Allgemeinerkrankungen beeinflusst werden. Der Diabetes mellitus nimmt in diesem Verhältnis einen nicht unwichtigen Platz ein. Bei Diabetikern schreitet die Erkrankung schneller fort und ist mit deutlich schlechterer Wundheilung verbunden. Ein Diabetiker erkrankt häufiger an einer Parodontitis als ein Nichtdiabetiker, und Parodontitis fördert den Diabetes.
Warnzeichen für Diabetes erkennen
Doch nicht immer weiß der Patient von seiner „doppelten Erkrankung“. Woran erkennt man bei einem PA-Patienten also eine Diabeteserkrankung? „Häufig weisen die Patienten Mundgeruch, Zahnfleischentzündungen, gelockerte Zähne und Zahnwanderungen auf“, weiß die DH Karola Westrup. Eine allgemeine Anamnese gibt dann weiteren Aufschluss über die Erkrankungen des Patienten. In vielen Praxen werden auch Blutzuckertests angeboten, die für Aufklärung sorgen. „Der Diabetespatient hat außerdem ein dreifach erhöhtes Risiko für Zahn- und Gewebsverlust“, sagt Westrup. Bei einer PA-Therapie ist die Erfolgsquote für einen Diabetiker deutlich niedriger als beim Nichtdiabetiker. Der Blutzuckerlangzeitwert ist dafür ausschlaggebend: Der HbA1c-Wert sollte zwischen 4,5 und 6,4 liegen – ab 7 sind die Chancen auf einen Therapieerfolg sehr gering.
Auch bei dieser Thematik gilt wie so oft: Die Kommunikation mit dem Patienten ist das A und O. „Der Patient sollte von der Fachkraft informiert werden, welchen Verdacht der Zahnarzt hegt, und mit ihm gemeinsam weitere Behandlungsschritte besprechen“, rät Westrup. Dabei kann sowohl die Konsultation des Hausarztes empfohlen als auch ein adäquates Mundhygieneprogramm gemeinsam mit dem Patienten besprochen und erarbeitet werden.
Im Gegensatz zu Nichtdiabetikern unterliegen Betroffene auch einem speziellen Recall. „Durch regelmäßige Plaquekontrolle kann das Kariesrisiko herabgesetzt werden“, sagt Westrup. Die entzündlichen Prozesse werden durch zu starke Plaqueauflagerungen gefördert. Durch eine gute häusliche Mundhygiene und eine gute Compliance können Entzündungen weitestgehend verhindert werden.
„Vorsicht ist vor allem bei Obst mit zu hohen Säure- und Fruchtzuckeranteilen geboten.“
Kontrolle von Zahngesundheit und Zuckerwert geht vor
Das beste Werkzeug gegen Parodontitis und schlechte Blutzuckerwerte sei ein „regelmäßiger Recall“ (ca. alle drei bis vier Monate). Eine erfolgreiche Therapie wirkt sich positiv auf den Blutzuckerlangzeitwert aus, und der Diabetes lässt sich dann besser kontrollieren. Die Kontrolluntersuchungen sind also immens wichtig, der Blick auf die Zuckerwerte ist ein absolutes Muss.
Auch Tipps zur häuslichen Mundhygiene für PA-Patienten mit Diabetes hat Westrup parat. „Häusliche Mundhygiene sollte sehr sorgfältig betrieben werden. Es empfiehlt sich eine elektrische Zahnbürste. Die Zahnpasta sollte ebenfalls gut auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt sein. Daher empfehle ich eine Zahnpasta mit Amin- und Zinnfluorid.“ Auch die Interdentalraumpflege darf nicht vernachlässigt werden. In Sachen Ernährung gibt es bei Diabetespatienten einige Dinge, die ebenfalls beachtet werden sollten. „Vorsicht ist vor allem bei Obst mit zu hohen Säure- und Fruchtzuckeranteilen geboten“, sagt Westrup und verweist auf Lebensmittel mit einem niedrigen glykämischen Index, zum Beispiel Hülsenfrüchte oder Vollkornprodukte.
Diabetes-Fortbildungen wahrnehmen
Für das Praxisteam gilt in jedem Fall: Bei PA-Patienten mit Diabetes ganz genau hingucken. Auch der Wissensstand zu diesem Thema sollte im gesamten Team vorhanden sein. Während der Ausbildung erwerben Zahnmedizinische Fachangestellte zwar schon die Grundlagen zur Allgemeinerkrankung Diabetes mellitus, durch das große und weit gefächerte Fortbildungsangebot gibt es aber zahlreiche Möglichkeiten, noch intensiver in dieses Themenfeld einzutauchen. „Sowohl die Zahnärztekammern in der ganzen Republik als auch die Fortbildungsinstitute bieten immer wieder spannende Kurse an“, sagt Westrup. ZMP, ZMF und DH werden in den Aufstiegsfortbildungen gezielt auf das Erkennen der Krankheit geschult. Aber auch der Chef sollte regelmäßig dafür Sorge tragen, dass seine Mitarbeiterinnen gut geschult sind, um Risiken zu erkennen und rechtzeitig therapieren zu können. Dabei sucht er im besten Fall unter den verschiedensten Fortbildungsangeboten stets die aktuellsten und besten Seminare heraus und bietet seinen Mitarbeiterinnen an, an diesen Schulungen teilzunehmen.
Der Typ-1-Diabetes (ca. fünf Prozent der Diabeteserkrankten) ist Folge eines Verlusts der Insulin produzierenden Zellen. Daher steht dem Körper nur noch wenig bis gar kein eigenes Insulin zur Verfügung. Das fehlende Hormon muss von außen zugeführt (gespritzt) werden.
Beim Typ-2-Diabetes (ca. 95 Prozent der Diabeteserkrankten) produziert der Körper – zumindest in der Anfangsphase – noch viel Insulin. Allerdings ist die Empfindlichkeit der Körperzellen für das Hormon herabgesetzt; das heißt, die Zellen sind insulinresistent. Insulinresistenz bedeutet, dass die Zellen nicht mehr richtig auf Insulin reagieren. Die Folge ist, dass das körpereigene Insulin nicht mehr ausreicht, um den erwünschten Effekt zu erzielen (relativer Insulinmangel).
Daneben gibt es noch den Schwangerschaftsdiabetes und weitere Formen des Diabetes.
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