Während des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) Anfang Oktober hielt Prof. Dr. Christof Dörfer aus Kiel, Präsident der DG PARO, einen sehr anschaulichen Vortrag über die Vorteile, aber auch über mögliche Nachteile von elektrischen Zahnbürsten im Vergleich zu Handzahnbürsten.
Warum brauchen wir überhaupt eine Plaqueentfernung?“ Mit diesen Worten leitete Prof. Dr. Christof Dörfer seinen Vortrag auf der 30. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung ein.
Und enthüllte gleich zu Anfang die vermeintlich rhetorische Fragestellung als durchaus kontrovers: Denn der Grad der Plaquentfernung sei bis heute ein Surrogat-Parameter für die Entstehung einer Gingivitis beziehungsweise Parodontitis, es gebe also einen statistischen Zusammenhang, dieser sei aber nicht hinreichend.
Schädigungspotenzial bei elektrischen Zahnbürsten?
Der Nutzen einer effizienten Plaqueentfernung aber sei unbestritten. Doch: Womit ist eine bessere Plaqueentferung zu erreichen? Sollte der Patient lieber eine Handzahnbürste benutzen, oder ist die elektrische Zahnbürste die bessere Wahl? Zur Beantwortung dieser Fragen formulierte Dörfer folgende drei Fragen, auf die er seinen weiteren Vortrag aufbaute: Muss die mechanische Plaquekontrolle überhaupt verbessert werden? Ist eine Verbesserung durch den Einsatz elektrischer Zahnbürsten zu erzielen? Und: Gibt es ein Gefahren- oder Schädigungspotenzial bei der Verwendung von elektrischen Zahnbürsten?
„Es gibt Faktoren, die die Effektivität des Zähneputzens im Allgemeinen einschränken, unabhängig davon, ob eine Handzahnbürste oder eine elektrische Bürste benutzt wird“, so Dörfer. In diesem Zusammenhang stellte er vor allem die subjektiv empfundene Putzzeit heraus. Diese wird in der Regel überschätzt. Häufig werde zusätzlich unter Zeitdruck oder Müdigkeit geputzt – nicht gerade ideale Voraussetzungen für eine ausreichende Putzzeit und angemessene Technik.
Betrachte man lediglich die Limitationen in der Effektivität von Handzahnbürsten, fielen vor allem folgende Punkte in Gewicht: „Das Putzen mit der Handzahnbürste erfordert wegen seiner doch recht komplexen Bewegungsabläufe eine bestimmte manuelle Geschicklichkeit vom Patienten“, erklärte Dörfer. Zur Koordination gehöre zusätzlich eine ausreichende Konzentrationsfähigkeit.
Gingivitis-Risiko vermindern
Um auf die zweite grundlegende Fragestellung seines Vortrags überzuleiten („Ist eine Verbesserung durch den Einsatz elektrischer Zahnbürsten zu erzielen?“), unternahm Dörfer eine kurze Exkursion in den Bereich der Evidenzforschung. Dabei stellte er heraus, dass systematische Übersichtsarbeiten das höchste wissenschaftliche Evidenzniveau erfüllen, da sie alle zu einer konkreten Fragestellung vorhandenen Studien nach vorher genau festgelegten Kriterien suchen, auswählen und bewerten.
Im medizinischen Bereich sei die Cochrane Collaboration zu nennen, aus deren Arbeiten Dörfer im Folgenden zitierte. „In Bezug auf Gingivitis gibt es moderate Evidenz, dass rotierend-oszillierende Zahnbürsten ebenfalls einen statistisch signifikanten Vorteil im Vergleich zu Handzahnbürsten haben, sowohl in Kurz- als auch in Langzeitstudien.“ Elektrische Zahnbürsten sind also in der Lage, das Risiko einer Gingivitis zu vermindern.
Kontroverse Studienlage
In Bezug auf Abrasionen der Zahnhartsubstanz in Verbindung mit der Reinigung durch eine elektrische Zahnbürste weisen Laborstudien ein uneinheitliches Bild auf. „Diese kontroverse Studienlage verhindert, dass Schlussfolgerungen gezogen werden können.“ Generell lasse sich aber sagen, dass rotierend-oszillierende Zahnbürsten über drei Jahre nicht mehr Zahnhartsubstanz abtrügen, als eine Handzahnbürste. „Bei Weichgeweben ist eine Traumatisierung durch die Zahnbürste bis zu einem gewissen Grad physiologisch bedingt“, schilderte Dörfer. Rezessionen der Weichgewebe und ein damit verbundener Attachmentverlust können nicht mit der mechanischen Plaqueentfernung assoziiert werden: Inwieweit die Bürsttechnik im Zusammenhang mit Gingivarezessionen stehe, sei nicht hinreichend belegt.
Angesichts der aktuellen Datenlage kam Dörfer am Ende des Vortrags zu dem Fazit: Elektrische Zahnbürsten, in erster Linie rotierend-oszillierende, bieten in Bezug auf die Gingivitisreduktion einen Vorteil im Vergleich zu Handzahnbürsten und weisen auch kein höheres Schädigungspotenzial auf. Vielmehr stellte er heraus: „Es ist in erster Linie nicht das Instrument, das schädigt, sondern das individuelle Putzverhalten des Patienten.“
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