Gerade von neuen Patienten muss man sich oft anhören, was beim alten Kollegen anders oder sogar besser gemacht wurde. Doch auch dann gilt, wie so oft: professionell und kommunikativ arbeiten. Dann kommt es gar nicht erst zu Auseinandersetzungen.
In vielen Zahnarztpraxen werden Patienten gerade in der dentalhygienischen Betreuung nach einer bestimmten Systematik behandelt. Dies führt dazu, dass vor allem neue Patienten, die zuvor schon in ein regelmäßiges Recallintervall einer anderen Zahnarztpraxis eingebunden waren, einen bestimmten Ablauf, insbesondere die Zahnreinigung betreffend, erwarten.
Aussagen wie: „Die Kollegin hat meine Zähne aber immer viel länger poliert!“, sind keine Seltenheit. In der täglichen Praxis sehen wir uns jedoch mit den unterschiedlichsten Patienten und unterschiedlichen klinischen Situationen konfrontiert, die von uns zwingend Individualität fordern und die Fähigkeit, immer wieder unsere Behandlungsabläufe zu reflektieren und diese an unsere Patienten anzupassen.
Wie viel Reinigung muss sein?
Das oberste Gebot sollte für uns sein, dass gesunde und saubere Zahnflächen unberührt bleiben. Jeglicher Einsatz von Instrumenten wie Scalern, Gracey-Küretten, Ultraschallgeräten, und auch die sanfteste Politur gehen mit Verlust von Zahnsubstanz einher. Umso wichtiger ist es – und macht in meiner Wahrnehmung eine(n) guten Behandler/-in aus –, uns jeden Zahn genau anzusehen und ihm seine individuelle Behandlung zukommen zu lassen.
Der Dentalmarkt umfasst mittlerweile eine Vielzahl von Produkten. Macht ihn Euch für die individualisierte Behandlung Eurer Patienten zunutze, und ganz wichtig: Kommuniziert, warum Ihr Abläufe in der Behandlung verändern oder ein neues Produkt verwenden möchtet. Verschafft Euch einen Überblick, indem Ihr den Beipackzettel und Anwendungsempfehlungen studiert und Untersuchungen, die zur Anwendung gemacht wurden, lest. Dank des Einsatzes feiner Pulver wie Glycin, Erythritol oder Trehalose ist z. B. mittlerweile eine anschließende Politur nicht mehr generalisiert, sondern nur noch lokalisiert nötig.
Mehr Zeit fürs Erklären
Dieses genaue „Hinschauen“ und Reflektieren der eigenen Behandlungsmethode führt meiner Erfahrung nach nicht selten dazu, dass sich der Zeitaufwand für die sorgfältige Reinigung der Zahnoberfläche (Biofilmmanagement) reduziert. Diese wertvolle Zeit kann genutzt werden, um mithilfe von z. B. MI – Motivational Interviewing (Miller und Rollnick, 2015) und/oder der Tell-Show-Do-Methode (Paryab et al., 2014) unsere Patienten zu effektiver häuslicher Mundhygiene anzuleiten. Nach der Behandlung fragen unsere Patienten häufig, wann sie wiederkommen sollen. Auch diese Frage sollte gewissenhaft reflektiert und individuell beantwortet werden. Pauschalisierte Antworten wie „nach sechs Monaten“ wirken unprofessionell und sind nicht realistisch.
Muss die 23-jährige Studentin mit herausragender Mundhygiene wirklich nach sechs Monaten wieder zu einer Zahnreinigung erscheinen? Wichtiger ist an dieser Stelle, alle Informationen zu unserem Patienten wie die Anamnesen, die Umsetzung der häuslichen Mundhygiene etc. zusammenzutragen und daraus das Recallintervalle zu generieren. Eine Hilfe zur Empfehlung unter anderem für Patienten mit Parodontitis kann dabei das Reevaluationshexagon von Lang & Tonetti (2003) geben.
Der Prophylaxe-Reminder für Daheim
Sorgfältig ausgewählte, indikationsgerechte Pröbchen und Informationsmaterial können eine Erinnerung an das Gespräch sein und runden den Besuch in der Zahnarztpraxis ab. Eine Probeflasche Mundspüllösung, wie z. B. von Listerine, kombiniert mit passenden Zahnzwischenraumbürstchen, kann unsere Patienten zur regelmäßigen Durchführung der Dreifachprophylaxe (mechanische Reinigung der Zähne – Zahnzwischenraumreinigung – antibakterielle Mundspüllösung) zu Hause motivieren. Probiert es aus! Individualität lohnt sich, weil Eure Patienten sich damit besonders und wertgeschätzt fühlen.
Quellen:
Lang N.P. Tonetti M.S.:Periodontal risk assessment (PRA) for patients in supportive periodontal therapy (SPT). Oral Health Prev Dent 1: 7–16, 2003.
Miller WR, Rollnick S.: Motivierende Gesprächsführung: Motivational Interviewing, 2015.
Paryab M, Arab Z. The effect of filmed modeling on the anxious and cooperative behavior of 4–6 years old children during dental treatment: A randomized clinical trial study, 2014.
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