Die ergänzende Aufnahme von Nährstoffen gerät immer stärker in den Fokus der Wissenschaft. Auch auf Parodontitis sollen bestimmte Präparate einen positiven Nutzen haben. DH Heike Wilken verrät, welche Supplements hier aktuell in der Diskussion stehen.
Welchen Nutzen haben Präbiotika? Wie werden sie eingesetzt?
Heike Wilken: Während Probiotika als Bakterien mit gesundheitsfördernder Wirkung definiert werden, sind Präbiotika die Nährstoffe für Probiotika. Daher ist es möglich, mit einer präbiotischen Nahrung gesundheitsfördernde Bakterien im Körper zu fördern bzw. zu unterstützen. Die Hauptvertreter von Präbiotika sind Inulin, Fruktooligosaccharide, Galaktooligosaccharide und Lactlulose. Diese ansonsten unverdauliche Stoffe können von speziellen Darmbakterien verstoffwechselt werden, was wiederum positive allgemeingesundheitliche Effekte mit sich bringt. So zeigen Studien, dass Präbiotika z. B. das Cholesterin und den LDL-Spiegel senken können. Reich an Inulin sind bestimmte Gemüsesorten, wie Chicorée, Knoblauch, Artischocke, Spargeln und Zwiebel. Zusammenfassend bilden Präbiotika einen sehr interessanten Ansatz in der zahnärztlichen präventiven Therapie, der jedoch durch weitere klinische Studien belegt werden muss.
Welche Rolle spielt das Vitamin D bei Parodontitis-Patienten? Kann man den Vitamin-D-Spiegel messen?
Heike Wilken: Vitamin D ist vor allem als das Sonnenvitamin bekannt, da wir es in der Haut mithilfe von Sonnenlicht aus Cholesterin bilden können. Doch, gerade weil wir es selbst bilden können, handelt es sich bei Vitamin D gar um ein Vitamin, sondern vielmehr ein Hormon. Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren immer mehr Gemeinsamkeiten mit den Steroidhormonen, wie Östrogen, Gestagen, Testosteron oder Cortisol, festgestellt. Das Besondere an den Steroidhormonen ist, dass sie aus einem von Cholesterin abgeleiteten Steroid-Grundgerüst aufgebaut sind. Das verdeutlicht die wichtige Rolle des Cholesterins. Weiter ist das Vitamin D für seine Wirkung auf unsere Knochengesundheit und damit für seine präventive Wirkung gegen Osteoporose bekannt. Vitamin D steuert hier die aktive Aufnahme von Kalzium und Phosphat im Darm und damit den Kalzium-Spiegel im Blut. Dieser wird über einen
Regulationsmechanismus sensibel eingestellt. Vitamin D ist für Kalzium- und Phosphatverwertung sowie für die Knochengesundheit unabdingbar. Vitamin D ist der Schlüssel, der Kalzium das Tor zum Knochen öffnet. Also, ist genügend Vitamin D vorhanden, kann der Knochen nach einer Parodontitis-Therapie wieder gut mit Mineralien, Kalzium und Phosphat, die mit Hilfe des Vitamin Ds aus dem Darm zur Verfügung stehen, gesättigt werden. Helfen wir unserem Körper sich selbst zu helfen – mit einem guten Biofilmmanagement und zusätzlichen Baustoffen. Eins der wichtigsten Steuerelemente ist dabei
das Vitamin D. Wichtig ist hierbei das vor einer Parodontitis-Therapie der Vitamin-D-Wert bestimmt werden sollte. Jeder Patient sollte seinen Vitamin-D-Wert kennen. Dieser sollte mindestens einmal im Jahr kontrolliert und die Einnahme angepasst werden. Der Vitamin-D-Gehalt kann im Blutserum überprüft werden. Der 25-OH-D-Spiegel ist das Barometer für die Vitamin- D-Gesundheit. Das Wissen über die Bedeutung von Vitamin D für die Prävention und Therapie wird ständig größer. Gemessen werden muss immer nur der 25-OH-D-Wert, die Speicherform des Vitamin D3, nicht das aktive Vitamin
D3 der 1,25-(OH)2-D-Wert. Dies ist zwar das hormonaktive Vitamin D aber die Messung führt häufig zu Fehldiagnosen. Ziel sollte ein Pendelbereich 80 bis 100 ng/ml Blut sein. Die Vitamin-D-Einnahme sollte jeden Tag erfolgen. Eine wöchentliche oder gar monatliche extrem hohe Dosis sollte vermieden werden.
Parodontitis ist eine Entzündungskrankheit – können wir das Immunsystem mit Q-Enzym 10 unterstützen?
Heike Wilken: Ja, auf jeden Fall! Coenzym Q10 wird aus Aminosäuren Tyrosin und Phenylanin gebildet. Coenzym Q 10 ist eine lipidlösliche Substanz, die eine entscheidende Rolle bei der Synthese von Adenosintriphosphat (ATP) spielt, bei der sie an Redoxreaktionen zum Elektronentransport in den Mitochondrien beteiligt ist. Bei Patienten mit Parodontitis wird häufig ein Coenzym-Q-10-Mangel nachgewiesen.
Welche Wirkung haben nitrathaltige Lebensmittel? Gibt es auch Gefahren bei hoher Zufuhr?
Heike Wilken: Wie schon bei den Präbiotika erwähnt, hat der Nitratstoffwechsel weiteren Einfluss auf die Entzündung und die Bakterien. Mit der Nahrung aufgenommenes Nitrat wird im Dünndarm aufgenommen und zum großen Teil über die Nieren wieder ausgeschieden, aber auch zum Teil von Speicheldrüsen konzentriert wieder in den Speichel abgegeben. Durch Bakterien, die sich auf dem hinteren Drittel der Zunge befinden, wird das Nitrat zu Nitrit umgewandelt und dann verschluckt. Beim Kontakt mit Magensäure wird dann das Nitrit zu Stickstoffmonoxid umgewandelt und wieder aufgenommen. Stickstoffmonoxid zeigt eine gesundheitlich positive Wirkung, wie Senkung des Blutdrucks, Erhalt der Gefäßgesundheit, Verhinderung von Thrombosen und auch eine Senkung von Entzündungen. Als Richtwert hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit eine tägliche Verzehrmenge von 260 mg Nitrat bei einem Körpergewicht von 70 kg empfohlen.
Gibt es Supplemente (Mineralstoffe, Vitamine), die zur Vorbeugung oder auch begleitend sinnvoll sind?
Heike Wilken: Mikronährstoffe (Vitamine, Mineralien, Spurenelemente) sind die Grundlage für eine gesunde Funktion von Stoffwechsel und Immunsystem. Die Mehreinnahme von Mikronährstoffen ist mit einem geringeren Vorkommen von Parodontitis assoziiert. Dies gilt vor allem für Vitamin-C-haltiges Obst und Gemüse, wie Grapefruits, Orangen, Erdbeeren oder Kiwis. Vitamin D wird kaum mit der Ernährung aufgenommen und kann durch Sonnenlicht auf der Haut gebildet oder durch Vitamin-D-Präparate zugeführt werden. Vegetarier und Veganer sollten Vitamin B12 supplementieren, da ein Vitamin-B12-Mangel auch mit Parodontitis assoziiert ist. Nüsse und Samen enthalten eine Menge an Mineralien sowie an antientzündlichen Fetten. Im Hinblick auf Parodontitis ist auch auf die ausreichende Versorgung mit Magnesium zu achten. Klinische Studien zeigen einen entzündungsreduzierenden Effekt auf das Parodont durch mikronährstoffhaltige Kost, zum Beispiel durch Blaubeeren, Beerenpräparate, Grapefruits oder Kurkuma.
Spielt es eine Rolle, ob Omega-3-Fettsäuren aus Fisch oder aus Algen gewonnen werden?
Heike Wilken: Omega-3-Fettsäuren sind lebensnotwendig. Sie spielen eine wichtige Rolle für die Produktion von Hormonen, die Vermeidung von Entzündungen und Bildung körpereigener Abwehrzellen. Außerdem unterstützen sie die Herz- sowie Gefäßgesundheit und sind wichtig für die Sehkraft. Eine zu geringe Aufnahme dieser Fettsäuren kann daher zu körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen führen. Spricht man von Omega-3, so umfasst dies die drei folgenden Fettsäuren: Alpha-Linolensäure (ALA), Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA). ALA zählt zu den essenziellen Fettsäuren und muss daher mit der Nahrung aufgenommen werden. Aus dieser Fettsäure können die langkettigen Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA hergestellt werden, allerdings liegt die Umwandlungsrate lediglich bei 5–10 %. Daher ist auch eine Aufnahme von DHA sowie EPA über die Nahrung enorm wichtig. ALA findet sich in verschiedenen pflanzlichen Ölen wie Raps-, Walnuss- und Leinöl. DHA und EPA kommen hauptsächlich in fettreichen Kaltwasserfischen bzw. Algen vor. Allerdings hat der Umweg über den Fisch einige entscheidende Nachteile. Was viele nicht wissen: Auch bei Fischen kann der Omega-3-Gehalt je nach Fischart, Aqua-Kultur oder Wildfang enorm schwanken. Lediglich die fettreichen Kaltwasserfische wie beispielsweise Lachs oder Thunfisch besitzen einen hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren. Das Problem dabei ist die Überfischung der Meere sowie die dadurch entstehende Zerstörung der marinen Lebensräume. Im Gegensatz dazu wird die Alge in einer kontrollierten Umgebung (meist in geschlossenen Systemen) gezüchtet und ist daher frei von sämtlichen Umwelteinflüssen wie beispielsweise Schwermetallen und Mikroplastik. Die Algen werden ressourcenschonend abgeerntet und im Anschluss daran das Algen-Öl gewonnen. Aus gesundheitlicher Sicht sind Algen zur Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren ein optimaler Ersatz. Dadurch werden die Fischbestände in den Ozeanen geschont; dies dient auch dem Wohlergehen vieler Unterwassertiere.
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