Fast jeder Zweite leidet deutschlandweit an einer Parodontitis. Doch bisher fehlte bei der Behandlung der Volkskrankheit eine dringend notwendige Aktualisierung der Therapie an neue wissenschaftliche Standards. Jetzt hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) einen Beschluss gefasst, der das ändert.
Vorausgegangen waren diesem Beschluss laut Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung (KZBV) jahrelange fachliche Beratungen und intensive Verhandlungen. Als Grundlage diente ein 2013 gestellter Antrag auf Aktualisierung der systematischen Parodontitisbehandlung von Seiten der Patientenvertretung. In Zukunft können Parodontitis-Patienten in vertragszahnärztlichen Praxen nach dem aktuellen wissenschaftlichen Stand zahnmedizinischer Erkenntnisse behandelt werden.
Versorgungspolitischer Meilenstein
„Diese Entscheidung ist ein versorgungspolitischer Meilenstein auf dem Weg zu einer weiteren Verbesserung der Mundgesundheit, für den sich die Zahnärzteschaft viele Jahre lang gegen große Widerstände der Kassen eingesetzt hat. Mit den bislang im Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung verankerten Leistungen war eine nachhaltige Versorgung der Patienten nicht mehr möglich“, so Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandvorsitzender der KZBV.
Denn die entsprechende Behandlungsrichtlinie sei nicht nur veraltet, sondern entbehre auch jeglichen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Es fehlte insbesondere an einer strukturierten Nachsorge, um den Behandlungserfolg nachhaltig zu sichern.
Behandlung der Parodontitis mit eigener Richtlinie
Die systematische Behandlung von Parodontitis bekommt durch diesen Beschluss eine eigene Richtlinie, die sich an der aktuellen wissenschaftlichen Klassifikation der Fachgesellschaften orientiert. Die Behandlung erfolgt anhand eines umfassenden, am individuellen Bedarf ausgerichteten Maßnahmenprogramms. Dazu zählt künftig auch eine patientenindividuelle Mundhygieneunterweisung sowie ein parodontologisches Aufklärungs- und Therapiegespräch. Denn diese sollen das Verständnis und die Compliance beim Patienten erhöhen. Das soll laut KZBV zu einer besseren Mundhygienefähigkeit und Gesundheitskompetenz der Patienten beitragen.
Einen bedeutenden Stellenwert hat in der neuen Behandlungsstrecke die unterstützende Parodontitistherapie (UPT). Versicherte können, ausgerichtet am individuellen Bedarf, künftig zwei Jahre nach Abschluss der aktiven Behandlungsphase eine strukturierte Nachsorge in Anspruch nehmen, um den Behandlungserfolg zu sichern. Eine Verlängerung um sechs Monate ist ebenso möglich. Wie oft eine UPT durchgeführt wird, orientiert sich bedarfsgerecht am individuellen Patientenrisiko. Damit schließt sich eine entscheidende Lücke in der bisherigen parodontologischen Versorgung in Deutschland.
Beschluss soll ab 1. Juli gelten
Wenn das Bundesministerium für Gesundheit keine Einwände vorbringt, tritt der Beschluss am 1. Juli 2021 in Kraft. Verhandlungen zwischen KZBV und GKV-Spitzenverband im Bewertungsausschuss müssen bis dahin abgeschlossen sein. Die neuen Leistungen der systematischen Behandlung von Parodontitis (PAR-Richtlinie) stehen dann Patienten ab dem 1. Juli 2021 in vertragszahnärztlichen Praxen zur Verfügung.
Quelle: KZBV
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