„Moderne, teamorientierte Implantologie muss Spaß machen – und das klappt nur, wenn auch die Helferinnen sich regelmäßig weiterbilden“, so leitete Dr. Detlef Hildebrand seinen Vortrag über die OP-Assistenz in der modernen implantologischen Praxis ein. Wer sich auf OP-Assistenz spezialisiere, verbinde die Qualifikationen einer erfahrenen ZFA mit denen einer OP-Schwester, fasste Hildebrand zusammen.
Der Job stelle vor allem hohe Anforderungen an die sterile Arbeitsweise, erklärte Hildebrand. Für ihn als Zahnarzt sei es während einer Operation ein Segen, mit zwei sterilen Assistentinnen am Stuhl zu arbeiten – so könne er sich ganz auf seine chirurgischen Aufgaben konzentrieren, das sei viel entspannter. „Wichtig ist es auch, Teamwork zu leben und umzusetzen – und das muss allen Kollegen Spaß machen. Wenn der Patient schläft, singen wir auch manchmal gemeinsam“, verriet der Implantologe, der seine Praxis am Berliner Westhafen betreibt.
„Im Team gemeinsam weiterbilden“
Um eine gute OP-Assistentin zu werden, müsse sich die ZFA auch implantologisches Wissen aneignen und z. B. die Unterschiede zwischen den verschiedenen Implantat-Herstellern kennen, forderte Hildebrand. Bei der Vorbereitung einer OP sei es wichtig, dass auch die Assistentin alle verwendeten Materialien und Instrumente kenne – nur so könne sie sehen, ob alles am richtigen Platz liege und ihren Chef wenn nötig korrigieren. Am besten sei es, wenn Zahnarzt und Assistentin diese Abläufe gemeinsam lernen, erklärte der Zahnarzt. Er empfehle daher spezielle Team-Kurse; die Warteliste für diese Kurse sei aber lang.
Neugierig auf Implantologie sein
Dabei ermutigte Hildebrand die Zahnmedizinischen Fachangestellten im Publikum auch dazu, neugierig zu sein und sich in die Materie einzuarbeiten: „Je mehr Sie wissen, umso interessanter wird das Thema Implantologie für Sie. Am Ende kann das Team Entscheidungen gemeinsam treffen.“ An seine Zahnarztkollegen appellierte Hildebrand, in das Team und die Zufriedenheit der ZFA zu investieren. „Wenn der Chef sich den dritten Porsche in die Garage stellt und das Team unzufrieden ist, ist das ein Fehler im System“, brachte es der Implantologe auf den Punkt. In einem funktionierenden Team könne eine ZFA die Entscheidungen ihres Chefs durchaus in Frage stellen und eine andere Vorgehensweise vorschlagen – dafür müsse sie sich aber gut auskennen.
Hygiene im OP ist das A und O
Eine, die sich auskennt, ist die ZFA Tina Vetters – in Hildebrands Berliner Praxis ist sie die Technische Sterilisationsassistentin und Hygienebeauftragte. Ihre Aufgabe ist es, die Hygienestandards in der Praxis zu überwachen – dazu bietet sie auch Inhouse-Schulungen in anderen Praxen an. „In älteren Praxen sind die Hygienestandards oft nicht auf dem aktuellen Stand und es werden veraltete Methoden angewandt“, verriet sie: „Zum Beispiel hängen Vorhänge aus Baumwoll-Lamellen an den Fenstern, es werden nicht die richtigen Abdeckmaterialien verwendet und das Team nutzt keine Einmal-Kittel.“ Aufgabe der Hygienebeauftragten sei es, auf solche Probleme hinzuweisen: „Eigentlich sollte es in jeder Praxis eine Hygienebeauftragte geben, die für diese Themen zuständig ist.“
„Die RKI-Richtlinien sind unsere Bibel“
Was es genau in der Praxis zu beachten gibt, steht in den Richtlinien „Anforderung an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“, die die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO), das Robert-Koch-Institut (RKI) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) herausgegeben haben. Wichtig sei, dass das ambulante Operieren für die Patienten nicht mit einem höheren Infektionsrisiko verbunden sein dürfe, als operative Eingriffe während einer stationären Behandlung im Krankenhaus: „Es gelten die gleichen Hygieneanforderungen!“, betonte Vetters. Dazu müsse das Praxisteam präventive Maßnahmen ergreifen – allerdings bedeute das nicht, dass jede Praxis einen Reinluft-OP brauche.
„Eine wesentliche Infektionsgefahr in der Zahnarztpraxis geht vom Personal aus“, erklärte Vetters – immerhin ein Drittel aller Keime werde von den Mitarbeitern eingeschleppt. Ein potentielles Infektionsrisiko bestehe durch:
- direkten Kontakt mit Blut, Speichel oder anderen infektiösen Sekreten
- kontaminierte Instrumente und Materialien
- kontaminierte Hände
- Aerosole kontamininierten Wassers aus den Behandlungseinheiten und aus dem Mund des Patienten
Zur Prävention von Infektionen bei chirurgischen Behandlungen empfehle das RKI eine Vielzahl von Maßnahmen:
- Chirurgische Händedesinfektion
- Persönliche Schutzausrüstung (PSA): Mund- und Nasenschutz, Schutzbrille und OP-Haube, sterile Schutzkleidung (Schutzkittel), sterile Handschuhe
- Mundschleimhautdesinfektion des Patienten
- Sterile Abdeckung des Patienten
- Validierbare Verfahren bei der Instrumentenaufbereitung
OP-Vorbereitung Schritt für Schritt
Im Detail erklärte Vetters dem Publikum, wie zwei Assistentinnen den OP steril vorbereiten können. Idealerweise bestehe das OP-Team aus dem Behandler, einer sterilen Assistenz und einem nicht-sterilen Springer. „In dieser Konstellation muss jeder genau wissen, was er anfassen darf und was nicht“, mahnte die Hygienebeauftragte. Für die Assistentinnen gelte grundsätzlich: Schutzausrüstung tragen, keine künstlichen Fingernägel, geeignete Arbeitskleidung (Kasack und geschlossene Schuhe – Polos und Blusen sind nicht so gut geeignet). Der Behandlungsraum dürfe für eine OP nicht zu voll gestellt sein: „Keine Pflanzen, kein Teppich, keine Baumwollvorhänge“, erklärte Vetters.
Bei großen implantologischen Eingriffen sei sterile Schutzkleidung wichtig – hier riet sie den ZFA, gemeinsam mit einer Kollegin das gegenseitige Anziehen der sterilen OP-Kittel zu üben. „Viele Ärzte wehren sich gegen den OP-Kittel, weil es so aufwändig ist“, verriet Vetters. Sterile Schutzkleidung müsse langärmlich sein, um den Kontakt mit infektiösen Körperflüssigkeiten zu vermeiden – das sei auch in den RKI-Richtlinien so festgelegt.
Ein wichtiger Arbeitsschritt sei die Vorbereitung der sterilen Materialien: Hier sei es Aufgabe der Assistenz, die Abdecktücher, Nähte und Knochenersatzmaterialien zu überprüfen und das Sterilgut (Instrumentensets, Bohrerkassette und Bohrerkabel) vorzubereiten.
Vetters ging kurz auf das Material Baumwolle ein, das in vielen Praxen noch für Abdeckungen und OP-Kleidung verwendet werde: Diese Produkte seien nicht mehr zeitgemäß, erklärte sie. Baumwolle weise nicht die nötigen Eigenschaften auf, um den Anforderungen an einen sterilen OP gerecht zu werden und dürfe daher nicht mit dem CE-Zeichen versehen und für Barriereprodukte verwendet werden. Besser seien Einweg-OP-Textilien aus thermobondiertem Vliesstoff aus Polypropylenfasern.
Erfolgreiche Implantologie lebt durch Teamwork
Am Ende ihres Vortrags stellte auch Vetters – wie ihr Chef – die Bedeutung einer guten Zusammenarbeit im Team in den Fokus. Dafür seien regelmäßige Meetings mit dem ganzen Team, aber auch Mitarbeitergespräche wichtig, in denen z. B. auch offen gelobt und kritisiert werden müsse. Außerdem sei eine klare Aufgabenverteilung im Team wichtig, weil sie allen Beteiligten Sicherheit gebe. Aus ihrer Perspektive riet Vetters ihren Kolleginnen ebenfalls, sich auch mit den fachlichen Hintergründen der Implantologie zu beschäftigen: „Wer sich auskennt, kann viel vorausschauender assistieren. Außerdem macht es mehr Spaß, wenn der Behandler seine OP-Assistentin in die Operation involviert“.
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