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Jede Dritte bricht vorzeitig ab

Azubis: Hohe Abbrecherquote

Trotz guter Jobaussichten brechen viele ihre Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten ab. Was sind die Gründe dafür? Und was können Praxen dagegen tun? team hat Dr. Andreas Friedrich, Zahnarzt und Vorstand der Landeszahnärztekammer Hessen (LZKH), und die ehemalige Auszubildende Ipek Tastan gefragt.

Die Zahl spricht für sich: Jede Dritte, die eine Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten beginnt, bricht sie vorzeitig ab. Als team diese Zahl, die die Bundeszahnärztekammer veröffentlicht hat, auf Facebook postete, gab es viele Reaktionen. In den Kommentaren ist von „schlechter Bezahlung“, „unbezahlten Überstunden“ und „geringer Wertschätzung“ die Rede. „Die überwiegende Zahl der Ausbildungsabbrüche findet in der Probezeit statt. Dies ist ein starkes Indiz dafür, dass die Gründe für den Abbruch aufseiten der Praxis zu suchen sind“, sagt Friedrich. Die hohe Lernbelastung während der Ausbildung sei nicht das Problem.

ZFA-Ausbildung unter Top 5

Die ZFA-Ausbildung zählt laut Statistischem Bundesamt nach wie vor zu den Top 5 der begehrtesten Ausbildungsberufe bei jungen Frauen. Auch für Ipek Tastan, die 2015 ihre Ausbildung in der Kölner Zahnarztpraxis richmodent beendet hat, ist es ihr Wunschberuf. An einen Abbruch hat sie nie ernsthaft gedacht. „Man darf nicht bei der kleinsten Kleinigkeit aufgeben. Mit Willen und Ehrgeiz schafft man die Ausbildung.“ Dass sie dabei auch „ins kalte Wasser gesprungen“ ist, zum Beispiel als sie bei einer großen Behandlung assistieren musste, empfindet sie als gut. Ob man die Ausbildung abbricht oder nicht, habe viel mit der eigenen Einstellung zu tun. „Natürlich muss man als Auszubildende auch mal Fehler machen dürfen und Rücksicht erwarten. Aber es gibt keinen Welpenschutz.“

Schulabgängerinnen können heute zwischen vielen interessanten Ausbildungen und neuen Berufsbildern wählen. Ein Bachelor-Studium stellt zudem für immer mehr eine Alternative dar. Selbst wenn die Ausbildung zur ZFA noch zu den Favoriten gehört, ergreifen weniger junge Frauen diesen Beruf als früher: Im vergangenen Jahr haben in Deutschland rund 11 200 ihre Ausbildung in einer Zahnarztpraxis begonnen. Im Jahr 2000 waren es noch 3000 mehr – ein Fachkräftemangel, den die Zahnarztpraxen bereits jetzt zu spüren bekommen.

In Hessen sieht die Situation für Praxen mit Nachwuchssorgen besser aus: Hier gab es in den vergangenen 15 Jahren im Schnitt nur 14 Prozent Ausbildungsabbrüche, also nicht einmal die Hälfte des Bundesdurchschnitts. Auch andernorts sind die Kammern optimistisch: Westfalen-Lippe meldet in diesem Jahr leicht gestiegene Ausbildungszahlen.

Sichere Jobaussichten

Eine Motivation weiterzumachen, sind die sicheren Jobaussichten. Mit der abgeschlossenen Ausbildung in der Tasche, stehen die Chancen, einen Arbeitsplatz zu finden, sehr gut; in Deutschland gibt es nur wenige arbeitslose ZFA. Als Zahnmedizinische Fachangestellte findet man überall Arbeit – auch auf dem Land und in Kleinstädten. Außerdem lassen sich Job und Familie meist gut vereinbaren.
Die guten Aussichten allein dürften nicht genügen, um den Beruf attraktiver zu gestalten. Eine bessere Bezahlung könnte ein Anreiz sein. Als Azubi verdient man bei einem Tarifgehalt 753 Euro, nach Abschluss der Ausbildung ohne Tarif zwischen 1400 und 1700 Euro. Der Tarifvertrag sieht ab April ein Monatsgehalt von 1794 Euro vor – allerdings gilt er nur in Hessen, Hamburg, Saarland und Westfalen-Lippe.

Friedrich glaubt nicht, dass die hohe Abbruchquote auf die Unzufriedenheit mit dem Gehalt während der Ausbildung zurückzuführen ist. „Es ist schon vor Antritt der Ausbildung bekannt, dass man während der Lehrzeit eine Vergütung im eher überschaubaren Bereich erhält, was ja bei anderen Berufen mit dualer Ausbildung ebenfalls der Fall ist.“

Azubis an- und ernst nehmen

Für ihn spielt ein anderer Aspekt eine wichtige Rolle: Die Auszubildende muss von Anfang an spüren, dass sie voll ins Praxisteam integriert wird. „Wer sich angenommen und ernstgenommen fühlt, wird Probleme ansprechen, bevor es zum Entschluss kommt, die Ausbildung abzubrechen.“ In der Praxis kann das so aussehen: Während ihrer Ausbildung stand Tastan eine erfahrene Kollegin zur Seite, die Ansprechpartnerin für alle Auszubildenden war und bei Problemen mit dem Lernstoff weiterhalf. „Es motiviert total, wenn man weiß, es gibt jemanden, der sich für dich interessiert und dir hilft!“

Zum Gelingen der Ausbildung können Zahnarzt und das Praxisteam also viel beitragen. Azubis müssen das Gefühl haben, täglich dazuzulernen und nach und nach Verantwortung übertragen zu bekommen. „Wenn sie zudem die im Rahmen der Ausbildung verlangten Aufgaben, wie etwa die Pflege des Berichtsheftes, in der Arbeitszeit erledigen dürfen, dann ist die Zufriedenheit und Identifizierung mit dem Arbeitgeber gegeben und Gedanken an einen Abbruch der Ausbildung kommen erst gar nicht auf“, ist Friedrich überzeugt.

Wichtig sei auch, der Auszubildenden die Bedeutung ihrer Arbeit für die Patienten und die Gesellschaft vor Augen zu führen. „Dazu beitragen können, dass Krankheit geheilt und Menschen geholfen wird, vermittelt Sinn. Eine Ausbildung, die den Weg zu einer derart sinnstiftenden Tätigkeit ebnet, bricht man nicht leichtfertig ab.“

Mehr Infos rund um die ZFA-Ausbildung gibt es online unter anderem auf den Internetseiten www.lzkh.de, www.blzk.de, www.zahnaerzte-wl.de und www.bzaek.de.



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