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Verschiedene Methoden der Biofilmentfernung

Maschinell gegen den Biofilm

proDente

Seitdem der Biofilm in aller Munde und das bestimmende Thema der zahnärztlichen Prophylaxe ist, beschäftigen sich Experten mit dessen Entfernung. Eine Möglichkeit bieten die verschiedenen maschinellen Methoden der Biofilmentfernung.

Früher sprach man von dentaler Plaque. Eine klinisch makroskopische Ansammlung von Mikroorganismen auf der Zahnoberfläche. Der Begriff Biofilm, der heutzutage in aller Munde ist, sogar als das Modewort schlechthin in der Dentalwelt bezeichnet wird, bezeichnet hingegen die Ansammlung interagierender Mikroorganismen, die in einer Matrix extrazellulärer polymerer Substanzen eingebettet sind und an der (Zahn-)Oberfläche haften. Bekannt ist der Biofilm auch im Alltag, etwa auf der Blumenvase, Wasserschläuchen oder Aquarien. Daher kennt man auch die Schwierigkeit, ihn zu entfernen.

Ultraschall, Schall- und Luft-Pulver-Wasserstrahl

„In der Zahnarztpraxis stehen heute mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, den Biofilm zahnsubstanz- und gewebeschonend zu entfernen. Lässt man die manuelle Biofilmentfernung außer Betracht, kommen dafür maschinelle Verfahren mit Ultraschall, Schall- und Luft-Pulver-Wasserstrahl (LPW) zum Einsatz“, erklärt Dentalhygienikerin (DH) Vesna Braun, Praxisberaterin und Prophylaxe-Coach.
Viele Prophylaxemitarbeiterinnen bevorzugen eine Kombination aus manueller und maschineller Biofilmentfernung. Denn beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile. Maschinelle Verfahren punkten vor allem mit geringem Zeit- und Muskelaufwand. Bei richtiger Anwendung reduzieren diese Methoden durch die kontinuierliche Spülung die Blutungsneigung. Im Gegensatz zu manuellen Techniken können Oberflächen oft mit geringerem Substanzverlust und Restbiofilm bearbeitet werden.

„Gerade der Furkationsbereich ist ohne maschinelle Instrumente und die entsprechenden Slimline-Ansätze kaum zufriedenstellend zu bearbeiten“, betont Prophylaxeexpertin Braun. Die Kehrseite der Medaille ist die Keimbelastung durch die Aerosole. Die Arbeitsspitzen müssen zudem immer wieder auf ihre Abnutzung kontrolliert und bei Bedarf ausgetauscht werden. Schon ein um einen Millimeter verkürztes Arbeitsende verändert das Schwingungsverhältnis und damit das Ergebnis.

Unterschiede bei drei maschinellen Methoden

Wie unterscheiden sich die drei maschinellen Methoden in der Biofilmentfernung? Da bei den schallaktivierten Geräten die Bewegungsausrichtung kreisförmig ist, muss bei der Bearbeitung „nur“ auf einen flachen Arbeitswinkel geachtet werden. Schallgeräte sind von der Intensität eher „sanft“ und einfach zu erlernen. Sie sind für „jüngere“ Ablagerungen (Recallpatienten) sehr gut geeignet und für den Behandler mit dem relativ einfachen Handling der perfekte Einstieg in die maschinelle Bearbeitung, erklärt Braun.

Bei den ultraschallaktivierten Geräten unterscheidet man zwischen piezoelektrischen und magnetostriktiven. Beide Methoden sollten möglichst drucklos angewendet werden, ansonsten droht massive Hartsubstanzschädigung.

Luft-Pulver-Wasserstrahlgeräte können aus heutiger Sicht – mit Einschränkungen – für die supra- wie auch für die subgingivale Biofilmbearbeitung genutzt werden. Natriumhydrogen-, Calciumkarbonat-, Aluminiumhydroxyd- und Calcium-Natrium-Phospho-Silikat-haltige Pulver können problemlos auf Schmelzoberflächen eingesetzt werden. Der Wasserstrahl zeigt dann nach koronal. Anders bei der subgingivalen Dentinoberflächenbearbeitung, dort ist der Arbeitswinkel der Düse laut DH Braun optimalerweise ca. 30 bis 60 Grad zur Zahnachse und möglichst nah am Tascheneingang.

Verschiedene Pulverarten und ihre Wirkungen

Bicarbonatpulver arbeiten zum Teil mit einer Pulverkorngröße von ca. 250 µm. Die hinterlassenen rauen Oberflächen müssen mit feinen Polierpasten nachbearbeitet werden. „Für die Bearbeitung der Dentinoberflächen, stehen uns heute Pulver, wie die Aminosäure Glycin oder Erythritol zur Verfügung. Sie sind mit einer Korngröße von <63 µm sehr fein.“ Auch unschöne Verfärbungen lassen sich mit den genannten Pulverarten entfernen, allerdings liegen der große Vorteil und die Hauptindikation in der Erhaltungsphase (UPT) bei der Biofilmzerstörung in subgingivalen Bereichen.

Verschiedene Geräteanbieter bieten spezielle subgingivale Aufsätze an, die den Zugang in den Sulkus ermöglichen. Sie erleichtern die Biofilmbearbeitung in parodontalen Taschen bis fünf Millimeter enorm. „Die Behandlung ist schmerzfrei, ohne Vibrationsgeräusche, effektiv in der Biofilmbearbeitung und schonend zur Zahnoberfläche. Eine weitere effiziente Therapieoption bei der Periimplantitisbehandlung“, sagt Braun.

Entscheidend für die Auswahl der Methode sind für Braun eine ausreichende Erfahrung, regelmäßige Übung und die dafür benötigte Zeit. Die Dentalhygienikerin empfiehlt unter Beachtung der Kontraindikationen aus heutiger Sicht bei der unterstützenden Parodontaltherapie (UPT) die maschinelle Scalingtechnik in Kombination mit dem LPW-Gerät. „Bei engmaschigen Recallpatienten geht es primär um die Entfernung des Biofilms, nicht von minera‧lisierten Ablagerungen.“ In der Initialthe‧rapie empfiehlt sie eher den Einsatz von Schall- oder Ultraschallgeräten in Kombination mit der Handinstrumentation.

Risiko: Aerosole

Als Kontraindikation bezeichnet Braun die oft fehlende Qualifikation und Einweisung in die Anwendung der maschinellen Geräte zur Biofilmentfernung. „Manche Kolleginnen sind sich schon unsicher darüber, ob sie ein Schall- oder Ultraschallgerät in der Praxis besitzen. Oder welches Pulver wann und wie beim LPW eingesetzt werden darf.“ Ein nicht zu unterschätzendes Risiko sei die Entstehung von infektiösem Aerosol/Sprühnebel bei der Verwendung der Geräte. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Absaugtechnik optimal abgestimmt ist und besondere Schutzmaßnahmen für Patient (Augen- und Gesichtsschutz) und Behandler (Augen-, Nasen-, Mundschutz, Handschuhe, Patient spült vor Behandlung mit antiseptischer Lösung) getroffen werden.

„Für kontraindiziert halte ich den Einsatz der Geräte bei Patienten mit Asthma, Infektionen, Patienten mit älteren Herzschrittmachern, Organtransplantaten oder wenn die Compliance eingeschränkt ist – beispielsweise bei behinderten Menschen.“ Ob im Einzelfall eine antibiotische Abschirmung erforderlich ist, entscheidet der Arzt/die Ärztin.

Braun weist zudem darauf hin, dass Patienten mit freiliegenden Dentinoberflächen oder sensiblen Zahnflächen, eine höhere Empfindlichkeit während und/oder nach der maschinellen Oberflächenbearbeitung zeigen können. „Meist legt sich diese Sensibilität nach wenigen Tagen.“

Für Braun sollte die Kostenfrage nicht die wichtigste Rolle bei der Entscheidung für oder gegen die Geräte zur maschinellen Biofilmentfernung spielen. „Denn nur mit professionellem Equipment, einem schlüssigen Konzept und stetigen Fortbildungen kann ich die Vorteile der Systeme nutzen und deren Nachteile kompensieren und sichere mir damit den langfristigen Prophylaxe- und Praxiserfolg.“

Ultraschallscaler

Bei den Ultraschallscalern gibt es die magnetostriktive (ellipsenförmige Schwingung) und die piezoelektrische Variante (lineare Schwingung), die beide mit einer hochfrequenten Wechselspannung arbeiten. Unterschiede zeigen sich bei Frequenz und Amplitude, die bei der Anwendung berücksichtigt werden müssen. Das Abtragungsmuster ist abhängig von Angulation und Anpressdruck.

Schallscaler

Die Spitze der Schallscaler wird durch Druckluft angetrieben: Diese versetzt einen Hohlzylinder im Instrumenteninneren in Rotation und es entsteht eine hochfrequente, kreisförmige Schwingung. Auch dabei ist der Anstellwinkel entscheidend: Je steiler er ist, desto höher ist auch der Substanzabtrag.

Luft-Pulver-Wasserstrahl-Geräte

Luft-Pulver-Wasserstrahl-Geräte arbeiten ebenfalls mit Druckluft. In der Pulverkammer wird das entsprechende Reinigungspulver durcheinander gewirbelt. In getrennten Kanälen laufen Wasser und Pulver bis an die Arbeitsspitze und vermengen sich erst am Ausgangsort der Düse. Dies verhindert das Verklumpen des Pulvers. Indikationsorientiert müssen Pulverart und Korngröße gewählt werden, um Nebenwirkungen zu vermeiden.



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