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Hydroxylapatit

Neue Alternative zum Fluorid

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme der Hydroxylapatit-Kristallite in humanem Zahnschmelz (Dr. H.-O. Fabritius, Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH) © Dr. Wolff

Bisher gelten Fluoride – insbesondere Amin- oder Zinnfluorid – als wichtigster Inhaltsstoff für die Kariesprophylaxe in Zahnpflegeprodukten. Doch auf der IDS 2017 wurde eine neue klinische Studie vorgestellt, in der eine hydroxylapatithaltige Zahnpasta getestet wurde. Das Ergebnis: Hydroxylapatit soll genauso wirksam sein wie eine fluoridhaltige Zahnpasta.

Die neue klinische Studie von Prof. Dr. Schlagenhauf zeigt, dass eine hydroxylapatithaltige Zahnpasta in der Kariesprophylaxe mindestens genauso wirksam ist wie eine fluoridhaltige Zahnpasta. Dr. Joachim Enax, Senior Scientist Oral Care bei Dr. Kurt Wolff, erklärt im Interview, was es mit dem Wirkstoff auf sich hat, wie er hergestellt wird und welche Qualitäten ihn besonders interessant machen als Alternative zum Fluorid.

Herr Dr. Enax, können Sie erklären, was Hydroxylapatit genau für ein Wirkstoff ist?
Dr. Joachim Enax: Hydroxylapatit, Ca5(PO4)3(OH), bildet in unserem Körper die Mineralphase von Zähnen und Knochen. Insbesondere unser Zahnschmelz besteht mit einem Anteil von ca. 97 Prozent fast ausschließlich aus Hydroxylapatit (Abbildung 1). Deshalb ist es sinnvoll, Hydroxylapatit als biomimetischen Wirkstoff in der Zahnpflege einzusetzen. Zahnschmelz ist übrigens die härteste Substanz im menschlichen Körper, was auf seine besondere Mikrostruktur und den hohen Mineralgehalt zurückzuführen ist. Trotz dieser besonderen Eigenschaften ist der Zahnschmelz säurelöslich (Karies, Säure-Erosion).

Woher kommt Hydroxylapatit, wie wird der Wirkstoff gewonnen und wie ist man darauf gekommen, dass er sich für den Einsatz in der Kariesprävention eignen würde?
Enax: Vorbild für den biomimetischen Wirkstoff Hydroxylapatit in der Zahnpflege ist der natürliche Zahnschmelz. Durch ultrastrukturelle und chemische Analysen wurde unser Zahnschmelz sehr detailliert untersucht, sodass die Anforderungen an biomimetische Wirkstoffe bekannt sind. Hydroxylapatit kann mit definierten Eigenschaften über chemische Synthesen aus Calcium- und Phosphationen kristallisiert werden. In den letzten Jahren wurde vermehrt an Ansätzen gearbeitet, die sich die Natur zum Vorbild nehmen (z.B. Lotuseffekt, Klettverschluss). So auch in der Zahnpflege, wo Hydroxylapatit aufgrund der Ähnlichkeit mit dem natürlichen Zahnschmelz ein besonders vielversprechender Wirkstoff ist.

Für welche Patienten könnte eine hydroxylapatithaltige Zahnpasta eine Alternative in der Kariesprophylaxe darstellen? Wieso helfen hydroxylapatithaltige Zahnpflegeprodukte auch bei Mundtrockenheit den Patienten?
Enax: Grundsätzlich können alle Verbraucher hydroxylapatithaltige Zahnpasten für die Kariesprophylaxe verwenden, insbesondere auch Personen, die von einem Speichelmangel betroffen sind. Speichelmangel ist weit verbreitet; fast jeder Zweite kann betroffen sein. Auslöser sind häufig Medikamente, aber auch weitere Faktoren wie z.B. Stress und bestimmte Krankheiten.1 Konventionelle Zahnpflegepräparate benötigen für die optimale Wirksamkeit Calcium- und Phosphationen aus dem Speichel. Da bieten hydroxylapatithaltige Zahnpflegeprodukte Vorteile, weil der Wirkstoff bereits vorliegt und nicht durch Remineralisationsvorgänge aus dem Speichel gebildet werden muss.2 Die Parodontitisprophylaxe ist eine weitere Einsatzmöglichkeit von hydroxylapatithaltiger Zahnpasta.

Wie kann der Wirkstoff da helfen?
Enax: Zahnfleischerkrankungen beruhen primär auf bakteriellen Biofilmen. Studien unter Mundhöhlenbedingungen (sog. In-situ-Studien) zeigen, dass Hydroxylapatit-Partikel die bakterielle Besiedlung des Zahnschmelzes signifikant minimieren, ohne in das ökologische Gleichgewicht in der Mundhöhle einzugreifen.3 Dadurch kann Zahn- und Zahnfleischproblemen vorgebeugt werden.

Gibt es für den Erfolg des biomimetischen Wirkprinzips wissenschaftliche Belege?
Enax: Ja, in der wissenschaftlichen Literatur gibt es eine wachsende Zahl an Studien, die die Wirksamkeit von hydroxylapatithaltigen Produkten im Bereich Zahnpflege und Prophylaxe zeigen. Beispielsweise wurde in einer klinischen Studie an den Universitätskliniken Münster und Würzburg gezeigt, dass eine Zahnpasta mit Hydroxylapatit im Bereich Plaqueentfernung und Verbesserung der Parodontalgesundheit genauso effektiv ist wie eine Zahnpasta mit Aminfluorid und Zinnfluorid.4 Zusätzlich wurde gezeigt, dass schmerzempfindlichen Zähnen vorgebeugt werden kann.5 Eine allgemeine Übersicht über den Einsatz von Hydroxylapatit in der Zahnpflege bietet das Fachbuch „Toothpastes“.6

Quellen:

1 Gerodontology 14, 33–47, 1997; Ther. Clin. Risk Manag. 11, 45–51, 2015

2 Clin. Dent. 22, 139–143, 2011

3 Arch. Oral Biol. 80, 18–26, 2017; Clin. Oral Investig. 17, 805–814, 2013

4 PloS one 11, e0160142, 2016

5 J. Clin. Periodontol. 37, 510–517, 2010

6 Monogr. Oral Sci. 23, 15–26, 2013



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