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Neue Paro-Klassifikation im Praxisalltag

Neuerungen für die PAR-Therapie

Neue Paro-Klassifikation im Praxisalltag

Was ist neu in der neuen Paro-Klassifikation und was bedeutet das für meine Arbeit in der Prophylaxe?

Copyright © Initiative ProDente e. V.

Im Juni wurde auf der EuroPerio9 in Amsterdam eine neue Paro-Klassifikation vorgestellt. Sie ist das Ergebnis eines Workshops von weltweiten Experten der Parodontologie, Implantologie und Prophylaxe, die sich im vergangenen Jahr in Chicago mit diesem Thema beschäftigten. Fast 20 Jahre sind seit der letzten Klassifikation vergangen; in dieser Zeit hat die Forschung viele Fortschritte gemacht. Es war also definitiv Zeit für ein Update. DH Syvlia Fresmann erklärt, was das für die tägliche Arbeit bedeutet.

Nachdem ein grundsätzlicher Konsensus erzielt war, dauerte es noch einige Monate, bis eine Einigung über alle Einzelheiten für die Veröffentlichung erzielt war. Heraus kamen zahlreiche Neuerungen: So wurde etwa erstmals die parodontale Gesundheit genauer definiert und die Einteilung in chronische und aggressive Parodontitis durch ein „Staging“ und „Grading“ ersetzt – so wie es etwa in der Tumorbeurteilung der Onkologie üblich ist. Außerdem gibt es eine neue Klassifikation für periimplantäre Gesundheit, periimplantäre Mukositis und Periimplantitis.

Doch welche Auswirkungen hat die neue Paro-Klassifikation eigentlich für den Praxisalltag? Zunächst einmal noch keine. Denn selbst die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) hat vorsichtig von einem „Übergang“ gesprochen, bis die neue Regelung den Weg komplett in die Zahnarztpraxen findet.

Neue Paro-Klassifikation wirkt komplizierter als sie ist

Trotzdem sollte man sich mit diesem Thema schon einmal beschäftigen, insbesondere die Prophylaxeabteilungen der Zahnarztpraxen. Das rät auch Sylvia Fresmann, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Dentalhygienikerinnen (DGDH). „Auf den ersten Blick scheint die neue Klassifikation kompliziert, aber sicher werden uns bald Auswertetools zur Verfügung stehen, die auf der Grundlage der klinischen und röntgenologischen Befunde eine computergestützte Einstufung per ,Mausklick‘ möglich machen.“ Was für Fresmann durch die neue Klassifikation deutlich wird, ist zudem, dass diese die parodontale Gesundheit und die gingivalen Erkrankungen thematisiert, also ganz klar auf die Früherkennung setzt.

Überrascht war die Dentalhygienikerin von den Ergebnissen der Expertengremien nicht. „Aber gefreut hat mich, dass zum ersten Mal die parodontale Gesundheit beschrieben wurde. Wir reden immer viel von Krankheit, übersehen vielleicht manchmal, dass wir mit unserer konsequenten PAR-Therapie einschließlich der UPT häufig erfolgreich sind – stabile Situationen ohne Blutung bei reduziertem Parodont sind keine Seltenheit.“

Parodontale Gesundheit

Laut WHO (1948) ist Gesundheit ein Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur eine Abwesenheit von Krankheit und Gebrechlichkeit. Parodontale Gesundheit ist also demnach definiert als Fehlen einer klinisch nachweisbaren Entzündung – so kommt dem BOP (Blutung auf Sondierung) eine besondere Bedeutung zu. Allerdings ist bei Patienten, die rauchen, dieser Index verfälscht. Für Fresmann zeigt sich darin dann auch die Komplexität der Einstufung – wichtiger denn je sei die umfassende und regelmäßige parodontale Befunderhebung inklusive Indizes, wie etwa dem Gingiva-Index.

Periimplatitis erstmals berücksichtigt

Die größten Unterschiede zur alten Klassifikation sind für die Expertin, dass jetzt die periimplantären Erkrankungen berücksichtigt werden und die bisherige Unterscheidung zwischen aggressiver und chronischer Parodontitis durch einen neuen Ansatz mit vier Stadien des Stagings und drei Graden des Gradings ersetzt wurde.

Unterstützung für die Prophylaxebehandlung

Generell findet Fresmann den Ansatz der neuen Klassifikation sehr positiv und sieht, dass dieser die Kolleginnen in den Praxen bei der Frage unterstützen kann: Wie oft braucht mein Patient die Behandlung und sollte eine Prophylaxebehandlung, also supragingivales oder gingivales Biofilmmanagement, durchgeführt werden – oder hat mein Patient eine PAR-Therapie abgeschlossen und wird im Rahmen der unterstützenden PAR-Therapie betreut? „Parameter für unsere Betreuung, egal, ob eine Gingivitis oder eine Parodontitis vorliegt, sind die Befunde, und die Indizes sind der Schlüssel“, betont Fresmann.

Eine gute Befunderhebung helfe die Einstufung in die neue Klassifikation vorzunehmen und die Langzeittherapie besser zu planen – letztlich auch den Patienten besser zu motivieren. Ein weiteres Thema seien die Implantatpatienten, die ebenfalls eine regelmäßige Betreuung brauchen – denn Implantate brauchen Pflege, und zwar auch durch die Prophylaxemitarbeiterinnen in der Praxis. „Mit der Aufnahme der periimplantären Erkrankungen verbessern sich Klarheit und Strukturen bei der Betreuung von Implantatpatienten.

Mehr Zeit für Befunderhebung nötig

“Die Bedeutung der parodontalen Befunderhebung wird durch die neue Paro-Klassifikation also deutlich aufgewertet. Fresmann sieht in diesem Punkt in einigen Praxen noch „Luft nach oben“. In vielen Praxen werde bereits nach einem durchgängigen Präventionskonzept gearbeitet, nicht zuletzt engagieren sich gut ausgebildete ZMP, ZMF und natürlich auch DH jeden Tag für die Patienten.

„Jedoch leidet die parodontale Befunderhebung bzw. auch die Indexerhebung häufig unter einem Zeitproblem.“ Oft seien es die Rahmenbedingungen, die es schwierig machen, allein und ohne Assistenz eine Fülle von Befunden und Indizes zu erheben. „Ich erlebe das bei meinen Praxistrainings sehr oft. Das ist sehr schade, denn die parodontale Befunderhebung hat auch eine kommunikative und motivierende Funktion für den Patienten. Beim Abgleich bzw. Vergleich der Befunde können dem Patienten sehr direkt die Erfolge unserer regelmäßigen Zusammenarbeit im Rahmen des Recalls verdeutlicht werden.“ Dafür müssten aber laut Fresmann Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es ermöglichten, in einer adäquaten Zeit die Parameter zu dokumentieren.

Helfen könne dabei eine spezielle Software, die eine Eingabe zum Beispiel per iPad, Smartphone oder Fußschalter ermögliche. Dann entfalle das langwierige „Aufschreiben“ oder die Eingabe in den PC durch eine zusätzliche Assistenz. Das Rollen mit dem Stuhl quer durch das Zimmer werde der Vergangenheit angehören. Im Sinne der bereits angesprochenen transparenten Patientenkommunikation könne man außerdem bei Bedarf schnell auf Vergleichsbefunde oder andere Grafiken zurückgreifen.Generell freut sich Fresmann auf die Arbeit mit der neuen Paro-Klassifikation. „Ich glaube, sie wird helfen, eine individuellere Diagnose zu stellen, und wird dadurch auch der Therapie und vor allem der Verlaufskontrolle zugutekommen.“



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