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So könnt Ihr ein besseres Team werden

Interview mit Coachin Antonia Montesinos

So könnt Ihr ein besseres Team werden

Mithilfe eines Selbst-Coachings können die Mitglieder eines Teams ein besseres Verständnis füreinander aufbauen.

Copyright © Böll

Jeder hat mal einen schlechten Tag. Gerade jetzt – in dieser komischen Zeit – gibt es viele Ängste und Sorgen, die uns mal mehr und mal weniger belasten. Doch wie verhinderst Du, dass sich diese Umstände negativ auf Deine Arbeitsmotivation auswirken? Und wie könnt Ihr generell im Praxisteam einen besseren Zusammenhalt schaffen? Die Expertin Antonia Montesinos verrät Euch, wie Ihr mithilfe von Selbst-Coaching zu einem besseren Team besser werdet.

Frau Montesinos, mit welchen Herausforderungen haben Praxisangestellte heute am meisten zu kämpfen?

Antonia Montesinos: Das ist sehr unterschiedlich. Zurzeit dreht sich vieles um Corona, Schwierigkeiten bei der Kinderbetreuung, fehlende Absprache, mangelnde Kommunikation mit der Praxisleitung oder beim Schichtwechsel oder einfach wirtschaftliche Sorgen, die im Zuge der Kurzarbeitergeldregel entstanden sind. Vor Corona waren es häufig Themen wie fehlende Wertschätzung, mangelnder Respekt und zu wenig Zeit für den internen Austausch.

Welche Folgen kann es haben, wenn ich mich nicht damit auseinandersetze?

Antonia Montesinos: Eine Auseinandersetzung findet immer statt, auch wenn die/der Betroffene entschieden hat, nicht zu kommunizieren oder zu handeln. Das ist die erste Entscheidung. Eine Entscheidung, die mitunter schwerwiegende Folgen für die eigene Person, aber auch für das Team haben kann. Am Beispiel „zu wenig Zeit für den internen Austausch“ wird deutlich, welche massiven Folgen es haben kann, wenn keine regelmäßige Team- bzw. Crew-Besprechung stattfindet. Fehlt die Zeit für den internen Austausch, für eine transparente und offene Kommunikation, so entstehen aufgrund von Nichtwissen mehr Fehler. Fehler, die Geld und Zeit kosten oder Fehler, die sich wiederholen und so den Pegel des Unmuts steigen lassen. Fehler, die mit etwas mehr Zeit für Erläuterungen hätten verhindert werden können. Wird der internen Kommunikation zu wenig Zeit eingeräumt, entstehen auch mehr Missverständnisse. Missverständnisse, die auf der menschlichen Ebene dazu führen können, dass der Eindruck entsteht, die Mitarbeiterin sei nicht wichtig oder der Chef bzw. die Chefin sei an der Meinung der Mitarbeiterin nicht interessiert. Die Folge, die Mitarbeiterin fühlt sich nicht wertgeschätzt, zieht sich zurück, bringt sich nicht mehr so ein wie früher, macht Dienst nach Vorschrift und wenn die Anzeichen nicht erkannt werden, kann sich die gefühlte Ausgrenzung bis hin zur inneren Kündigung potenzieren.

Was ist das Grundprinzip Ihres Coachings?

Antonia Montesinos: Das Grundprinzip meines Coachings ist Hilfe zur Selbsthilfe. Beim Coaching geht es im Allgemeinen darum, den anderen zu begleiten. Denn nur die einzelne Person bzw. das Team weiß, zu welchen Schritten sie bereit sind. Gute Beratungsansätze scheitern häufig daran, dass der Rhythmus des Klienten bzw. Teams nicht berücksichtigt werden. Schritte vorzugeben, die der Einzelnen bzw. das Team noch nicht breit ist zu gehen, wird daher stets scheitern. Daher ist mir die Abgrenzung meiner Dienstleistungen sehr wichtig, um zu verstehen, worum es bei einer Beratung, einem Training oder Coaching geht. Die Begriffe Beratung, Training und Coaching stehen zwar eng beieinander, sind vom Wesen jedoch sehr unterschiedlich.

Bei der Beratung geht es darum, eine konkrete Lösung für ein Problem anzubieten. Beim Training geht es darum, eine Fertigkeit bzw. Kompetenz zu üben, und zwar so lange, bis der gewünschte Effekt bzw. die gewünschte Qualität erreicht ist. Beim Coaching schließlich geht es darum, sich selbst zu helfen. Und selbst zu erkennen, welcher Schritt, welche Maßnahme die nächste wäre, um an das individuelle oder gemeinsame Ziel zu gelangen. Als Coach mache ich auf gewisse Aspekte aufmerksam oder kann Handlungsoptionen aufzeigen. Den nächsten Schritt, die nächste Maßnahme entwickelt jedoch der Klient bzw. das Team. Denn nur der Klient bzw. das Team weiß, welche Maßnahme zu welcher Zeit für sie die richtige ist. Daher verstehe ich mich als Begleiterin an der Seitenlinie, die das große Ganze im Auge hat, darauf hinweist und die Entscheidung des Klienten/Teams vermerkt. Sodass der Klient bzw. das Team am Ende des Coachings einen Leitfaden für seine nächsten Schritte hat.

Wie funktioniert Selbst-Coaching – so ganz grundlegend?

Antonia Montesinos: Alles beginnt mit dem Bedürfnis bzw. der Bereitschaft etwas ändern zu wollen und der Erkenntnis, dass ich andere Menschen nicht ändern kann, mich selbst bzw. meine Einstellung zu bestimmten Vorgängen bzw. Menschen jedoch schon. Selbst-Coaching erfordert auch Mut. Mut auf sich selbst und den eigenen Beitrag, an Vorkommnissen bzw. Situationen zu schauen. Die Belohnung für den Einsatz ist persönliches Wachstum und im besten Fall die Lösung eines Problems bzw. die Klarheit für die nächsten Handlungsschritte. Ein Coaching ist stets ergebnisoffen, da der Klient den Weg selbst wählt, den er/sie gehen möchte. Es kommt durchaus vor, dass das zu Beginn erörterte Ziel, während des Coachings vom Klienten neu definiert wird.

Wie weit und auf welche Weise kann sich Selbst-Coaching auf das gesamte Praxisteam auswirken?

Antonia Montesinos: Jede Veränderung, sei sie so noch so klein, wirkt sich auf das „System Team“ aus. Stellen Sie sich folgende Situation vor: Im Team herrscht eine angespannte Stimmung. Immer wieder kommt es zu Missverständnissen, weil eine Kollegin den vorhandenen Workflow nicht einhält und Arbeitsroutinen plötzlich anders macht. Dies wirkt sich auf das Team aus und die Kolleginnen beschweren sich bei der Praxisleitung, beginnen die Kollegin zurechtzuweisen oder gar zu meiden. Wenn nur ein Teammitglied eine Selbst-Coaching-Erfahrung gemacht hat, die mit dem Gedanken einhergeht, dass eigene Mindset auf wohlwollend zu programmieren, kann dies neue Wege eröffnen. Denn die Kollegin geht nicht zur Praxisleitung, um sich zu beschweren, sondern geht davon aus, dass die Kollegin einen guten Grund hat den Workflow zu verändern. Um die Handlungsweise zu verstehen, spricht sie die Kollegin direkt an. Dies kann dazu führen, dass eine vielleicht vorhandene „Betriebsblindheit“ aufgedeckt wird, von der das gesamte Team profitiert. Darüber hinaus fördert dieses Mindset das Miteinander, in dem es auf Interpretationen und Bewertungen verzichtet. Es wird Raum für eine offene und transparente unvoreingenommene Kommunikation geschaffen.

An wen richtet sich Ihr kürzlich veröffentlichtes Buch „ICH DAS TEAM“?

Antonia Montesinos: Mein Buch “ICH DAS TEAM” ist allen Teams, die im Gesundheitswesen arbeiten, gewidmet und richtet sich insbesondere an Teams, die in einer zahnmedizinischen oder kieferorthopädischen Praxis arbeiten. Es ist sowohl für die ZFA, die PM oder auch Praxisinhaber gedacht. Denn je mehr Teammitglieder die Grundidee verinnerlichen, desto mehr wird das gesamte Team und letztlich die Praxis davon profitieren, auch wirtschaftlich.

Was nehmen die Leser aus Ihrem Buch mit?

Antonia Montesinos: Die Leser lernen einige Aspekte von sich kennen, die sie bisher vielleicht nicht kannten, wie beispielsweise den inneren Antreiber. Wenn ich mich beispielsweise darüber ärgere, warum die Kollegin so langsam ist, dann kann dies an meinem inneren Antreiber „mach schnell“ liegen. Zu verstehen, dass unbewusste Glaubenssätze in einem wirken, die den Arbeitsalltag belasten können, hilft dabei sich selbst und die Arbeitsweise der anderen Teammitglieder besser zu verstehen. Darüber hinaus gibt es eine Anleitung zum professionellen Feedback-Prozess und was es bedeutet, Verantwortung zu tragen bzw. Verantwortung abzulehnen und viele wertvolle Übungen. Denn so wie das innere System aufgestellt ist, so wirkt es nach außen und alles, was im Außen wirkt, hat wiederum Einfluss auf das innere System des Einzelnen.

Jedes Team wird mit dem Buch in die Lage versetzt, ein Selbst-Coaching durchzuführen. Voraussetzung ist, dass jedes Teammitglied bereit ist, das Buch durchzuarbeiten. Dazu erhält jedes Teammitglied ein Exemplar und dann arbeitet sich das Team im Wochentakt oder auch vierzehntägig von Kapitel zu Kapitel vor. Nach jedem Kapitel werden die Ergebnisse bzw. Erkenntnisse in der Teamsitzung gemeinsam besprochen. Dadurch erhalten die Teams z. B. Einblick in die Ziele sowie der Wertelandschaft des Einzelnen. Das Team kann über Verantwortlichkeiten im Allgemeinen diskutieren und prüfen, ob Zuständigkeiten bzw. Verantwortlichkeiten klar definiert wurden. Und jeder kann sich zur Thematik der Selbstverantwortung und den damit verbundenen Erwartungen äußern. Allein diese Beispiele bringen das Team in einen engeren Kontakt zueinander. Eine Nähe, die der Arbeitsebene zugutekommt, den Workflow stabilisiert, das Engagement stärkt und die Loyalität fördert.

Haben Sie zum Abschluss für unsere Leser noch einen einfachen Tipp für mehr Zufriedenheit im Alltag?

Antonia Montesinos: Mehr Zufriedenheit kann jedes Team dadurch erlangen, die persönlichen sowie auch die Teambedürfnisse zu kommunizieren. Wenn diese offen ausgesprochen werden, kann jeder Rücksicht nehmen bzw. dazu beitragen, dass es dem anderen gut geht. Denn wenn es dem anderen gut geht, wird es mir auch bessergehen. Tut jeden Tag etwas füreinander und wertschätzt auch die kleinen Gesten und Taten.

Infos zum Buch

Antonia Montesinos Ich das Team“Ich das Team: Was du tun kannst, damit das Projekt Team gelingt. Wertvolle Übungen zum Selbstcoaching”, ISBN-13: 979-8621786625

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