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Social Monitoring und Datenschutz

Bewerbung: Was darf Dein neuer Chef?

Bei der Bewerbung geht es darum, sich gegenseitig kennen zu lernen. Aber wo darf Dein künftiger Chef überall nach Infos über Dich suchen?

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Wer sich um einen neuen Job bewirbt, will sich dabei natürlich möglichst im besten Licht darstellen. Anschreiben, Zeugnisse, Lebenslauf, Foto – Du hast alles getan, um Dich als eine qualifizierte, motivierte und sympathische neue Praxismitarbeiterin in Szene zu setzen, die jeder gern im Team haben möchte. Aber darf der mögliche neue Chef sich auch auf anderen Wegen über Dich informieren – zum Beispiel bei Deinem alten Arbeitgeber oder auf Facebook? Und kann Dich das die Chance auf den neuen Job kosten?

Für Arbeitgeber ist eine Neueinstellung natürlich auch ein Risiko: Ist die Bewerberin wirklich so gut, wie es das Arbeitszeugnis vermuten lässt? War sie vielleicht in der Vergangenheit oft krank? Und warum hat sie die frühere Stelle verlassen? Viele dieser Fragen lassen sich im Bewerbungsverfahren nicht eindeutig klären – unter anderem auch, weil Arbeitgeber verpflichtet sind, Arbeitszeugnisse grundsätzlich positiv und wohlwollend zu formulieren. Da liegt es natürlich nahe, jemanden zu fragen, der es wissen muss: den alten Chef. Die Telefonnummer steht ja vielleicht sogar auf dem Arbeitszeugnis oder ist anhand des Lebenslaufs schnell ermittelt. Aber darf der neue Chef das überhaupt?

Dein Recht auf informationelle Selbstbestimmung bei der Bewerbung

Grundsätzlich ist der Anruf beim ehemaligen Arbeitgeber in einem Fall immer zulässig: Wenn Du es erlaubt hast – am besten schriftlich. Wenn Du in Deiner Bewerbung Deinen früheren Chef als Referenz angibst, ist davon auszugehen, dass Du mit einer Nachfrage einverstanden bist. Im Idealfall lobt der Ex-Chef Dich dann in den höchsten Tönen und Deine Chancen auf den neuen Job stehen nach dem Telefonat noch besser. Aber auch hier darf der neue Chef nur nach Informationen fragen, an denen er ein sachlich berechtigtes Interesse hat – genau wie im Vorstellungsgespräch. Fragen nach Qualifikation, Leistung und Verhalten sind also okay, die Auskünfte müssen aber wie im Zeugnis wohlwollend und sachlich richtig sein. Fragen zum Beispiel nach Deiner Gesundheit oder Deinem Privatleben sind aber tabu.

Ohne Deine Einwilligung darf der potentielle neue Chef aber nicht zum Hörer greifen – und auch Deine Personalakte darf auf keinen Fall weitergegeben werden. Das verbietet Dein Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das bedeutet, dass Du grundsätzlich selbst bestimmen darfst, wer Deine personenbezogenen Daten einsehen darf und wie diese Daten verwendet werden. Dieses Recht ist in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verankert.

Und wenn der neue Chef trotzdem nachfragt?

Die Rechtslage ist relativ eindeutig. Aber natürlich kann das alles auch anders laufen: Der neue Chef kann auch einfach in Deiner alten Praxis anrufen, ohne dass Du davon weißt. Vielleicht kennen sich die beiden Zahnärzte sogar und plaudern formlos über Dich. Im schlimmsten Fall erzählt Dein früherer Chef dann etwas Negatives über Dich und Du bekommst eine Absage für die neue Stelle. Und jetzt?

Hoffnungen auf den neuen Job musst Du Dir jetzt nicht mehr machen. Das ist ärgerlich – aber: Vor Gericht hättest Du gute Chancen. Wenn Du nachweisen kannst, dass die Infos Deines Ex-Chefs zu der Absage geführt haben, kannst Du ein Anrecht auf Schadenersatz haben. Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat in einem vergleichbaren Fall schon 1983 den alten Arbeitgeber dazu verurteilt, seinem Ex-Mitarbeiter ein halbes Jahresgehalt zu zahlen (2 Sa 144/83). Natürlich ist der Erfolg eines Prozesses auch immer vom Richter abhängig, aber die Gerichte stellen sich häufig auf die Seite des Persönlichkeitsschutzes der Arbeitnehmer.

Social Monitoring: Stöbern in den sozialen Netzwerken

Der alte Chef ist natürlich nicht die einzige Quelle, wenn sich ein potentieller Arbeitgeber über Dich informieren will: Viele Infos geben wir ja auch ganz freiwillig preis – bei Facebook, Instagram, Twitter und Co. Eine Bewerberrecherche in den sozialen Netzwerken heißt “Social Monitoring”. Einer Bitkom-Studie zufolge prüfen mehr als 60 Prozent aller Personaler die Social-Media-Profile von Bewerbern – allerdings wurden nur Personalverantwortliche in Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern befragt. Laut dieser Studie hat jeder vierte Personalverantwortliche schon Bewerber aufgrund eines Social-Media-Profils ausgeschlossen. Aber ist das auch erlaubt?

Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber allgemein zugängliche Daten einholen, sofern keine Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dem entgegenstehen. Allgemein zugänglich sind zum Beispiel Informationen, die man über Suchmaschinen finden kann und Daten, die man in sozialen Netzwerken öffentlich abrufen kann. Nicht frei zugänglich wären dagegen Infos, die nur Deine Freunde auf Facebook und Co. sehen dürfen. Und was hat es mit den Persönlichkeitsrechten auf sich? Auf Facebook und auf verschiedenen Online-Foren tauschen sich Menschen ja häufig auch über sehr private Themen aus. Dabei dienen die sozialen Netzwerke häufig als Rückzugsorte, in denen Menschen sich frei äußern, ohne mit beruflichen Konsequenzen zu rechnen. Und darauf hast Du auch ein Recht.

Social Media: Beruflich oder privat?

Beim Background-Check eines Bewerbers sollte der künftige Chef daher darauf achten, um was für ein soziales Netzwerk sich handelt: Xing oder LinkedIn dienen vor allem dem beruflichen Austausch – hier wird kaum etwas Privates geteilt. Damit können sie als Quelle für Infos über einen Bewerber herangezogen werden. Du kannst sogar in Deiner Bewerbung auf Dein Profil verlinken – damit gibst Du dem potentiellen Arbeitgeber die Erlaubnis, sich auch Deinen Xing- oder LinkedIn-Auftritt als Ergänzung zu Deinen Bewerbungsunterlagen anzusehen. Anders sieht es bei Facebook oder Instagram aus: Hier geht es meistens eher um private Themen – damit scheiden sie als Recherchequelle eigentlich aus, wenn der Chef die Persönlichkeitsrechte des Bewerbers nicht verletzen will.

Wenn eine unerwartete Absage auf Deine Bewerbung kommt, ist es natürlich schwer nachweisbar, dass der Chef vorher auf Deinem Facebook-Profil gestöbert und die peinlichen Partyfotos entdeckt hat. Aber wenn Du es beweisen kannst, kannst Du grundsätzlich auch in diesem Fall vor Gericht gehen. Bei Verstößen gegen den Datenschutz drohen einem Unternehmen zum Teil empfindliche Bußgelder, und auch hier ist eventuell ein Schadenersatz für Dich drin.

Aber natürlich willst Du eigentlich kein langwieriges Gerichtsverfahren, sondern den Job – deshalb hast Du Dich ja beworben. Wenn Du Deine Chancen mit Hilfe von Social Media verbessern willst, solltest Du Deine Profile checken: Welche Infos sind öffentlich zugänglich? Wichtig ist, dass Dein Profil nicht im Widerspruch zu Deinen Bewerbungsunterlagen steht. Schau Dir Deine Profile also am besten mal genau an und überlege Dir, was für ein Bild Dein künftiger Chef dort von Dir bekommt. Grundsätzlich sind private Infos nicht verboten – aber die schon erwähnten peinlichen Partyfotos solltest Du vielleicht wirklich lieber nur mit Deinen Freunden teilen.



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