Ab dem 01. Juli sieht die Welt in deutschen Zahnarztpraxen für Patienten mit parodontalen Problemen ganz anders aus. Ab diesem Zeitpunkt gilt die Bewertung der neuen Leistungen bei der systematischen Behandlung von Parodontitis und anderer Parodontalerkrankungen. Jetzt sind auch die konkrete Nummern der PAR-Richtlinie im BEMA sowie die dazu gehörigen Bewertungszahlen bekannt.
Auf einer Pressekonferenz der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) wurden die konkreten Bewertungszahlen durch den KZBV-Vorsitzenden Dr. Wolfgang Eßer und den Stellvertretenden Vorsitzenden Martin Hendges vorgestellt. Eßer zeigte sich sehr optimistisch und betonte, dass Zahnärzte durch die PAR-Richtlinie endlich in den Praxen die notwendigen Instrumente an die Hand bekommen würden, um den jahrelangen Stillstand in der Parodontitistherapie zu beenden. Nach langen, intensiven und oft harten Verhandlungen im Gemeinsamen Bundesausschuss seien mit der Richtlinie zur systematischen Behandlung von Parodontitis und anderer Parodontalerkrankungen Lücken in der Versorgung endlich geschlossen. „Mit der Honorierung der Leistungen haben wir ein großes versorgungstechnisches Problem aus der Welt geschaffen.“
Wichtig sei auch, dass die Parodontitis künftig mit umfassenden, am individuellen Bedarf der Patienten ausgerichteten Maßnahmen bekämpft werden könne. Patienten erhalten im Zusammenhang mit der eigentlichen antiinfektiösen Therapie künftig eine individuelle Mundhygieneunterweisung, die in einem eigenen Therapieschritt um ein parodontologisches Aufklärungs- und Therapiegespräch ergänzt wird. Eßer: „Die ,sprechende Zahnmedizin‘ in der Parodontitistherapie findet damit erstmals Eingang in die GKV-Versorgung.“
Auch die Früherkennung erhalte laut Eßer durch die neue PAR-Richtlinie eine Stärkung. Der Parodontale Screening Index wurde als echtes Screeninginstrument ausgestaltet und an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst.
PAR-Richtlinie: Die genauen BEMA-Nummern und Bewertungen
Doch wie sieht eigentlich die laut KZBV „betriebswirtschaftliche Honorierung“ der Leistungen in der neuen PAR-Richtlinie aus? Und welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Hier lohnt sich ein Blick in die Beschlussvorlage. Die BEMA-Nr. UPT beispielsweise setzt sich aus Mundhygienekontrolle (Bewertungszahl 18), Mundhygieneunterweisung (soweit erforderlich; Bewertungszahl 24), supragingivale und gingivale Reinigung aller Zähne von anhaftenden Biofilmen und Belägen (Bewertungszahl 3, je Zahn), Messung von Sondierungsbluten und Sondierungstiefen (Bewertungszahl 15), Subgingivale Instrumentierung bei Sondierungstiefen von 4 mm oder mehr (Bewertungszahl 5, je einwurzeligem Zahn und 12 je mehrwurzeligem Zahn) sowie der Untersuchung des Parodontalzustands inklusive Sondierungstiefen, Sondierungsblutung, Zahnlockerung etc. zusammen. Nach einer ersten Überschlagsrechnung liegt der Durchschnittsbetrag der UPT bei etwas mehr als 200 Euro und damit über einer durchschnittlichen PZR nach GOZ 1040 mit 2,3-fachem Faktor.
Doch wer erbringt die Leistungen der neuen PAR-Richtlinie zukünftig? Laut KZBV-Vorstand würden zahnärztliche Leistungen von Zahnärzten erbracht. Darüber hinaus gelte der Delegationsrahmen der Bundeszahnärztekammer (BZÄK). Klar ist aber auch, dass die KZBV mit einem stetigen Wachstum der PAR-Behandlungen in der Praxen rechnet, die nur an dafür qualifizierte Praxismitarbeiterinnen delegiert werden können.
Auch wenn die PAR-Richtlinie ab dem 01. Juli gilt, werden die Praxen zumindest bei der Abrechnung der Leistungen noch Kompromisse eingehen müssen. Erste Abrechnungen über Praxisverwaltungssysteme (PVS) seien wohl erst zwei bis drei Monate später möglich. Bereits jetzt werde an den Formularen in den PVS gearbeitet, als Einstiegslösung werden Formulare eventuell per Hand ausgefüllt werden.
Deshalb sind sich VDDS und KZBV darüber einig, dass im Rahmen der nun vorliegenden Beschlüsse des Bewertungsausschusses und der in dem Zusammenhang neu aufgelegten Formulare eine Implementierung softwaretechnisch nur in Schritten erfolgen kann. Dazu steht der VDDS in engem Austausch mit der KZBV, um alle Detailregelungen zu erörtern, mit dem Ziel, eine stufenweise Umsetzung der Neuregelungen in den PVS-Systemen zu ermöglichen. Davon unberührt bleibt das Inkrafttreten der neuen Behandlungsrichtlinie zur systematischen Behandlung von Parodontitis und anderen Parodontalerkrankungen zum 1.7.2021 und dem damit verbundenen Leistungsanspruch gesetzlich Versicherter.
Olschanski
22 Mai
Sehr geehrte Damen und Herren!
als männlicher Mitarbeiter im zahnärztlichen Assistenzberuf fühle ich mich seit Jahren geschlechtsspezifisch diskriminiert. Am Beispiel dieses Artikels möchte ich auf uns Männer als Zahnmedizinische Fachangestellte, Zahnmedizinische Prophylaxeassistenten oder Dentalhygienikern aufmerksam machen, die auch qualifizierte Mitarbeiter sind! Ich möchte Sie bitten, Praxispersonal entweder geschlechtsneutral zu bezeichnen oder alle Geschlechteroptionen aufzuführen …
“Sprache ist wichtig, um Menschen nicht zu diskriminieren. Vor allem ist aber wichtig, dass wir in unserem Handeln niemanden diskriminieren.” – Annik Rubens, 2020 ²
… und nicht nur die weibliche Form für unsere Berufsgruppe zu verwenden. Ansonsten wird es ein Klischee bleiben, dass dieser Beruf NUR von Frauen ausgeübt wird.
Ich hoffe auf Ihr Verständnis und denke es wird eine kleine Anregung für alle (Verlage, Blogs, Vereine und Gesellschaften) sein, die mit den Zahnmedizinischen Berufen eng in Verbindung sind.
Mit freundlich Grüßen
Yaroslav Olschanski
Dentalhygieniker & Präventionsmanager B. Sc.
² Annik Rubens, Die Gender-Debatte in Deutschland – SG #215, 29. September 2020, Aktuelles & Politik, SG Podcast-Episode
https://slowgerman.com/2020/09/29/die-genderdebatte-in-deutschland-sg-215/
Bianca Freitag
27 Mai
Sehr geehrter Herr Olschanski,
vielen Dank für Ihre Anmerkungen zu diesem Thema. Wir sind gerade dabei, eine verlagsweite Lösung zu erarbeiten und diese bald umzusetzen.
Liebe Grüße